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Teil 1

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Die Kartoffel - eine ständige Herausforderung an den<br />

Pflanzenschutz<br />

Dieter Spaar<br />

Gern habe ich der Bitte entsprochen, zum heutigen Ehrenkolloquium anlässlich des Ausscheidens<br />

meines verehrten Kollegen Peter Schuhmann aus dem aktiven Berufsleben einen Beitrag<br />

zum Pflanzenschutz bei der Kartoffel beizusteuern.<br />

Bei keiner anderen Kultur ist die gesamte Technologie so mit den Erfordernissen ihrer Gesunderhaltung<br />

verbunden. Die Geschichte des Kartoffelbaus ist somit auch eine Geschichte der Entwicklung<br />

des Pflanzenschutzes. Seit Beginn und mit seiner Ausdehnung hat er mit immer neuen<br />

Herausforderungen einen entscheidenden Einfluss auf das Werden und die Entwicklung des Gesamtgebäudes<br />

der Phytomedizin und des praktischen Pflanzenschutzes ausgeübt.<br />

Ich möchte versuchen, ein Bild vom Werden der Wissenschaft der Kartoffelpathologie als Antwort<br />

auf die ständigen Herausforderungen der Praxis des Kartoffelbaus, von ihren Erfolgen und<br />

Rückschlägen, vermeintlichen Fortschritten und Irrwegen zu zeichnen. Dabei gebietet mir die<br />

zur Verfügung stehende Zeit, das zu betrachtende Feld im Wesentlichen auf die Kraut – und<br />

Knollenfäule sowie auf die Viruskrankheiten zu fokussieren.<br />

Mit einem Zitat aus dem Vorwort einer Schrift über Kartoffeln möchte ich meinen Exkurs beginnen:<br />

„Fast möchte es bei manchem wenigstens älteren Leser einer Entschuldigung bedürfen,<br />

ihm jetzt noch zuzumuten, etwas Neuerschienenes über Kartoffeln zu lesen. Ohne wichtige Veranlassung<br />

sollte man über diesen Gegenstand nichts wieder zur öffentlichen Verhandlung bringen“.<br />

Es ist kein Buch der Neuzeit, dem dieses Zitat entnommen wurde, sondern einer Schrift<br />

aus dem Jahre 1807, also vor 195 Jahren. Prof. Dr. HANS BRAUN, dem wir dieses Zitat verdanken,<br />

vermerkte dazu in seiner Rede zum Antritt des Rektorates der Rheinischen Friedrich-<br />

Wilhelms-Universität in Bonn im Jahre 1955, die dem Thema „Neues Wissen und alte Weisheit<br />

in der Phytomedizin“ gewidmet war: „Das war vor 150 Jahren. Seitdem sind Tausende von Arbeiten<br />

über Kartoffeln erschienen; ob sie alle durch wichtige Veranlassungen ausgelöst sind,<br />

muss bezweifelt werden“. Sicher nicht alle. Aber viele haben als Diplomarbeiten, Dissertationen<br />

und Habilschriften den Weg in akademische Laufbahnen geöffnet. Ohne Übertreibung kann man<br />

feststellen, dass so mancher der „Großen“ in Phytopathologie und Pflanzenschutz in Deutschland<br />

in den vergangenen hundertfünfzig Jahren einen großen <strong>Teil</strong> seiner Lebensleistung der Kartoffel<br />

gewidmet hat, beginnend bei ANTON DE BARY und JULIUS KÜHN, den Begründern der modernen<br />

Phytopathologie und des Pflanzenschutzes, über OTTO APPEL, ERICH KÖHLER und<br />

CARL STAPP bis zu HANS BRAUN, MAXIMILIAN KLINKOWSKI, ALFRED HEY, OTTO<br />

SCHLUMBERGER, ERNST REINMUTH, HANS WARTENBERG und vielen anderen. Ähnlich<br />

war es in anderen europäischen Ländern und in den USA. Dass so viel Arbeiten sich mit der<br />

Kartoffel beschäftigten, hatte natürlich mit der zunehmenden Rolle der Kartoffel als bedeutsamer<br />

wirtschaftlicher Faktor zunächst als Futtermittel, aber zunehmend auch als Grundnahrungsmittel<br />

für Millionen Menschen und als Rohstoff für die Brennerei und Stärkeproduktion zu tun. Mit<br />

ihrer Ausbreitung im 19. Jahrhundert begannen auch die großen Probleme ihrer Gesunderhaltung.<br />

Sicher sind in der Literatur auch bereits viele Hinweise auf verheerende Krankheitseinbrüche<br />

im beginnenden Kartoffelanbau des 18. Jahrhunderts zu finden - auch die Hungersnot des<br />

Jahres 1770 wird mit ihnen in Zusammenhang gebracht - aber die verheerenden Epidemien, welche<br />

die von dem Pilz Phytophthora infestans (Mont.) de Bary hervorgerufene Kraut- und Knollenfäule<br />

der Kartoffel verursacht, überzogen mit großen Menschenopfern, gerade unter den<br />

Ärmsten der Bevölkerung und begleitet von wirtschaftlicher Not, sicher erst in den vierziger<br />

Jahren des 18. Jahrhunderts unseren Kontinent von West nach Ost. Das geschah, nachdem der<br />

Erreger aus Übersee (USA oder Südamerika) nach Europa eingeschleppt wurde, und zwar in<br />

dem Maße, wie der Kartoffelanbau sich ausbreitete und die Kartoffel zum „Brot des kleinen<br />

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