Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos
Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos
In schroff em Gegensatz zu dem harmlosen Tölpel, den er in der Fabel des Volkes abgab, wurde der Wolf im Mittelalter von den Mächtigen als schreckenerregender Wüterich, ja sogar als Werwolf dargestellt. Halb Mensch, halb Tier und vom Teufel besessen, trieb er sein Unwesen in mondheller Nacht, trank das noch warme Blut, verschlang die Eingeweide seiner unschuldigen Opfer in Orgien satanischer Grausamkeit – so wurde es den Untertanen berichtet und von diesen sicher auch geglaubt und weiter ausgeschmückt. Die Lykanthropie, wie die vermeintliche Fähigkeit genannt wird, sich in einen reißenden Wolf zu verwandeln, war freilich nicht nur eine Erscheinung jener Zeit. Schon in der Antike hatte man in Geheimbünden und kriegerischen Bruderschaft en Wolfsgötter verehrt. Es waren vor allem ehrgeizige junge Männer, die, als Wölfe verkleidet, nicht einmal vor Menschenopfern zurückschreckten, ja sogar Kannibalismus trieben. Um in den Bund der Werwölfe aufgenommen zu werden, mußte der Kandidat an einem Ritual teilnehmen, bei dem menschliche Eingeweide zusammen mit den Innereien von Tieren gegessen wurden. Danach mußte er ein Jahr lang wie ein Wolf unsichtbar in den Bergen leben und durft e sich nur von Raub und Totschlag ernähren. Auch bei den alten Germanen kannte man ähnliche Praktiken, bei denen junge Männer sich in blutrünstige Raubtiere verwandelt haben sollen. Man nannte sie Berserker, »Krieger in Bärengestalt«, oder Ulfh ednar, was soviel wie »Wolfshirten« heißt. Nachkommen der einstigen Germa- 542
nen, die sich diesem Erbe besonders verpfl ichtet fühlten, fanden sich nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland zu einer militärischen Untergrundorganisation namens Werwolf zusammen. Sie ging 1933 in der SA auf und wurde zum Vorreiter der gleichnamigen nationalsozialistischen Freischärlerbewegung, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs dem tief in die Heimat eingedrungenen »Feind« spürbare Verluste beibringen sollte. In einer fl ammenden Rede vor dem Volkssturm versuchte Hitler die alten Werwölfe ein letztes Mal zu mobilisieren – ohne Erfolg, wie wir wissen. Mehr Erfolg haben dafür heute noch die vielen Gruselgeschichten von Dracula, Werwölfen und anderen Monstern in Filmen und Comics. Niemals zuvor oder danach hat die Lykanthropie jedoch solche absurden Ausmaße erreicht und so viel Leid über die Menschen gebracht wie im ausgehenden Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit, die wir ausgerechnet Renaissance nennen, womit die Wiedergeburt der antiken Rationalität gemeint ist. In blutigen Orgien des Wahnsinns und der Hexerei sollen unter dem Einfl uß von Drogen und Beschwörungsriten vor allem Kinder und Frauen Opfer von Werwölfen geworden sein, Männern, die sich wie Wölfe fühlten und auff ührten. Nach einigen Berichten kam es zeitweilig zu einem regelrechten Massenwahn der Bestialität. Daher nahm sich die Inquisition der Sache an. Der im Jahr 1489 erschienene »Hexenhammer« galt als Anleitung, Hexen und Werwölfe zu erkennen. »Wie etwa«, so wurde darin gefragt, »stellen es die Hexen an, Menschen in Tiere zu verwan- 543
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In schroff em Gegensatz zu dem harmlosen Tölpel, den er<br />
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von den Mächtigen als schreckenerregender Wüterich,<br />
ja sogar als Werwolf dargestellt. Halb Mensch, halb Tier<br />
<strong>und</strong> vom Teufel besessen, trieb er sein Unwesen in mondheller<br />
Nacht, trank das noch warme Blut, verschlang die<br />
Eingeweide seiner unschuldigen Opfer in Orgien satanischer<br />
Grausamkeit – so wurde es den Untertanen berichtet<br />
<strong>und</strong> von diesen sicher auch geglaubt <strong>und</strong> weiter ausgeschmückt.<br />
Die Lykanthropie, wie die vermeintliche Fähigkeit genannt<br />
wird, sich in einen reißenden <strong>Wolf</strong> zu verwandeln, war freilich<br />
nicht nur eine Erscheinung jener Zeit. Schon in der<br />
Antike hatte man in Geheimbünden <strong>und</strong> kriegerischen Bruderschaft<br />
en <strong>Wolf</strong>sgötter verehrt. Es waren vor allem ehrgeizige<br />
junge Männer, die, als Wölfe verkleidet, nicht einmal<br />
vor Menschenopfern zurückschreckten, ja sogar Kannibalismus<br />
trieben. Um in den B<strong>und</strong> der Werwölfe aufgenommen<br />
zu werden, mußte der Kandidat an einem Ritual teilnehmen,<br />
bei dem menschliche Eingeweide zusammen mit den<br />
Innereien von Tieren gegessen wurden. Danach mußte er<br />
ein Jahr lang wie ein <strong>Wolf</strong> unsichtbar in den Bergen leben<br />
<strong>und</strong> durft e sich nur von Raub <strong>und</strong> Totschlag ernähren.<br />
Auch bei den alten Germanen kannte man ähnliche Praktiken,<br />
bei denen junge Männer sich in blutrünstige Raubtiere<br />
verwandelt haben sollen. Man nannte sie Berserker,<br />
»Krieger in Bärengestalt«, oder Ulfh ednar, was soviel wie<br />
»<strong>Wolf</strong>shirten« heißt. Nachkommen der einstigen Germa-<br />
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