Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos
Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos
den Gebirgszügen zu erkennen. Alle wichtigen Straßen einschließlich der Autobahnen verlaufen streckenweise durch Tunnel oder über Brücken. Auch versperren nirgends größere Siedlungsgebiete eine mögliche Passage, und das Tiefland zwischen den Gebirgen ist an keiner Stelle so ausgedehnt, daß ein Wolf nicht leicht in einer Nacht von einem Gebirge zum anderen überwechseln könnte. Unsere Annahme, die Wölfe hätten lediglich auf einigen wenigen Verbreitungsinseln überlebt, zwischen denen kein Wechsel und somit auch kein Genaustausch möglich sei, erwies sich von daher als kaum mehr haltbar. Zwar gibt es zweifelsohne für die Wölfe besonders geeignete, räumlich begrenzte Regionen, und zwar verstreut über die gesamten Apenninen. Doch zwischen diesen Wolfsregionen besteht überall die zumindest theoretische Möglichkeit eines Austausches über Verbreitungsbrücken. Das war das Ergebnis unserer Flugerkundung. Die weitere Entwicklung sollte uns auch in der Praxis recht geben. Ob infolge der gesetzlichen Schutzmaßnahmen, ob aufgrund eines langsamen Wandels in der Einstellung der Menschen zum Wolf, jedenfalls schien die Anzahl der Wölfe in den wesentlichen Verbreitungsgebieten Italiens Ende der siebziger Jahre leicht anzusteigen, namentlich in den Abruzzen. Von hier aus wanderten wohl einige Wölfe in nördlicher Richtung ab, denn zuerst kamen Meldungen aus Umbrien, dann immer häufi ger aus der Toskana. Schließlich wurde ein ganzes Wolfsrudel in den Ausläufern der Apenninen südlich Turins gesichtet und – kaum 512
zu glauben – im Sommer 1988 ein junger Wolf in den französischen Seealpen erschossen. Off ensichtlich siedeln sich Wölfe in Gebieten wieder an, aus denen sie längst verschwunden waren. Sollte dieser Trend anhalten, erscheint es nicht unmöglich, daß in absehbarer Zeit das Verbreitungsgebiet der Wölfe wieder die gesamten Apenninen und womöglich sogar Teile der Alpen umfassen wird. Allerdings sind die Widerstände gegen diese Ausbreitung der Wölfe beträchtlich, insbesondere bei Schäfern und Jägern. Während sie dort, wo stets Wölfe vorkamen, wie in den Abruzzen, geradezu abgeklärt wirken, reagieren sie in den neu von Wölfen besiedelten Regionen, als wollten Behörden und Naturschützer vereint sie ins Mittelalter zurückstoßen. Das Unverständnis könnte nicht größer sein – ein Phänomen, das uns im nächsten Kapitel noch beschäft igen wird. Die Wiedereinbürgerung Keine Tierart in Europa lebt heute noch unabhängig vom Menschen. Landwirtschaft und Landnutzung, ja unser Verhalten ganz allgemein sind zu alles bestimmenden ökologischen Faktoren für die Tierwelt geworden. Für kaum ein Tier gilt dies mehr als ausgerechnet für jenes, das wir in romantischer Verklärung als Symbol letzter Wildheit sehen : für den Wolf Doch er kennt keine Ästhetik, kennt keinen Abscheu davor, im Müll des Menschen zu wühlen. 513
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zu glauben – im Sommer 1988 ein junger <strong>Wolf</strong> in den französischen<br />
Seealpen erschossen. Off ensichtlich siedeln sich<br />
Wölfe in Gebieten wieder an, aus denen sie längst verschw<strong>und</strong>en<br />
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Sollte dieser Trend anhalten, erscheint es nicht unmöglich,<br />
daß in absehbarer Zeit das Verbreitungsgebiet der Wölfe<br />
wieder die gesamten Apenninen <strong>und</strong> womöglich sogar Teile<br />
der Alpen umfassen wird. Allerdings sind die Widerstände<br />
gegen diese Ausbreitung der Wölfe beträchtlich, insbesondere<br />
bei Schäfern <strong>und</strong> Jägern. Während sie dort, wo stets<br />
Wölfe vorkamen, wie in den Abruzzen, geradezu abgeklärt<br />
wirken, reagieren sie in den neu von Wölfen besiedelten<br />
Regionen, als wollten Behörden <strong>und</strong> Naturschützer vereint<br />
sie ins Mittelalter zurückstoßen. Das Unverständnis könnte<br />
nicht größer sein – ein Phänomen, das uns im nächsten<br />
Kapitel noch beschäft igen wird.<br />
Die Wiedereinbürgerung<br />
Keine Tierart in Europa lebt heute noch unabhängig vom<br />
Menschen. Landwirtschaft <strong>und</strong> Landnutzung, ja unser <strong>Verhalten</strong><br />
ganz allgemein sind zu alles bestimmenden ökologischen<br />
Faktoren für die Tierwelt geworden. Für kaum<br />
ein Tier gilt dies mehr als ausgerechnet für jenes, das wir<br />
in romantischer Verklärung als Symbol letzter Wildheit<br />
sehen : für den <strong>Wolf</strong> Doch er kennt keine Ästhetik, kennt<br />
keinen Abscheu davor, im Müll des Menschen zu wühlen.<br />
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