Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos

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09.12.2012 Aufrufe

wurde. Der Teller, der bei Berührung die beiden Eisenbügel zusammenschnappen läßt, ist nämlich nicht viel größer als ein Fünfmarkstück ; hätten wir die Fallen wahllos irgendwo im Gelände vergraben, dann hätten wir vermutlich Jahre warten können, bis ein Wolf darauf treten würde. Dave setzte daher die Fallen zuerst allesamt in unmittelbarer Nähe besonders schöner Futterstücke, zum Beispiel des Kadavers einer ganzen Kuh, der als Köder ausgelegt wurde. Diese Methode sollte sich allerdings bald als wirkungslos erweisen. Jeden Tag setzten wir neue Fallen, so daß wir allnächtlich zwischen zwanzig und dreißig Stück draußen hatten. Die Wölfe dachten aber nicht daran, in unsere Fallen zu treten. Fast jede Nacht fanden wir ihre Spuren an den Futterplätzen, wo sie alles Futter, an dem keine Fallen standen, weggefressen hatten, während sie die Köder unberührt ließen. Es war unfaßbar, wie sie merken konnten, wo eine Falle stand. Dave zweifelte sogar eine Zeitlang, ob wir es hier überhaupt mit Wölfen zu tun hatten, bis wir eines Morgens einen Wolf an der Futterstelle sahen. Irgend etwas machten wir falsch. Off ensichtlich waren diese europäischen Wölfe doch anders als die nordamerikanischen. Schon seit Jahrtausenden wurden sie in Europa verfolgt, und nur die Scheuesten und Vorsichtigsten unter ihnen waren am Leben geblieben und hatten sich vermehrt. Diese Selektion machte sich jetzt womöglich bemerkbar. Obwohl die Wölfe täglich mit menschlichen Gerüchen und Geräten konfrontiert waren, bemerkten sie die Fallen, und dies, obwohl ihnen hier seit 468

Jahren nicht mehr nachgestellt wurde. Dave wurde sichtlich unruhig und setzte seinen ganzen Ehrgeiz darein, die Wölfe mit immer neuen Tricks doch noch zu überlisten – umsonst. Dabei bestätigte uns Signor Ursitti, jetzt Wildhüter im Nationalpark, früher jedoch der berühmteste Wolfsjäger im Gebiet, daß Dave wirklich gute Arbeit leistete. Nur der ausbleibende Erfolg sprach dagegen. Menschliche Probleme Hinzu kamen andere Probleme. Anscheinend waren wir zwischen die Fronten einer schon lange bestehenden Fehde zwischen Nationalpark- und Forstverwaltung geraten. Aus dem Bayerischen Wald waren mir solche Auseinandersetzungen bekannt. Jahrelang habe ich dort beobachten können, auf welch autoritäre Weise die Forstverwaltung angestammte Nutzungsrechte am Wald gegen neue Ideen durchzusetzen versucht. Hier aber entbehrte der Kampf nicht der Komik. Nur für uns war es weniger lustig. Dave mußte Ende April in die USA zurück, und bis dahin brauchten wir einen Wolf. Es fi ng damit an, daß eine Gruppe gutbewaff neter Forstpolizisten in Uniform sich von uns die Fallen zeigen ließ. Wir dachten zuerst an nichts Bedrohliches, sondern glaubten, sie seien nur neugierig. So zeigten wir ihnen auch, wo ungefähr wir die Fallen ausgelegt hatten, wie wir es taten und so weiter. Am nächsten Morgen waren sie vor uns an den Fallen, was uns nicht gerade erfreute, 469

wurde. <strong>Der</strong> Teller, der bei Berührung die beiden Eisenbügel<br />

zusammenschnappen läßt, ist nämlich nicht viel größer<br />

als ein Fünfmarkstück ; hätten wir die Fallen wahllos<br />

irgendwo im Gelände vergraben, dann hätten wir vermutlich<br />

Jahre warten können, bis ein <strong>Wolf</strong> darauf treten würde.<br />

Dave setzte daher die Fallen zuerst allesamt in unmittelbarer<br />

Nähe besonders schöner Futterstücke, zum Beispiel<br />

des Kadavers einer ganzen Kuh, der als Köder ausgelegt<br />

wurde. Diese Methode sollte sich allerdings bald als wirkungslos<br />

erweisen.<br />

Jeden Tag setzten wir neue Fallen, so daß wir allnächtlich<br />

zwischen zwanzig <strong>und</strong> dreißig Stück draußen hatten. Die<br />

Wölfe dachten aber nicht daran, in unsere Fallen zu treten.<br />

Fast jede Nacht fanden wir ihre Spuren an den Futterplätzen,<br />

wo sie alles Futter, an dem keine Fallen standen, weggefressen<br />

hatten, während sie die Köder unberührt ließen.<br />

Es war unfaßbar, wie sie merken konnten, wo eine Falle<br />

stand. Dave zweifelte sogar eine Zeitlang, ob wir es hier<br />

überhaupt mit Wölfen zu tun hatten, bis wir eines Morgens<br />

einen <strong>Wolf</strong> an der Futterstelle sahen. Irgend etwas machten<br />

wir falsch. Off ensichtlich waren diese europäischen Wölfe<br />

doch anders als die nordamerikanischen. Schon seit Jahrtausenden<br />

wurden sie in Europa verfolgt, <strong>und</strong> nur die Scheuesten<br />

<strong>und</strong> Vorsichtigsten unter ihnen waren am Leben geblieben<br />

<strong>und</strong> hatten sich vermehrt. Diese Selektion machte sich<br />

jetzt womöglich bemerkbar. Obwohl die Wölfe täglich mit<br />

menschlichen Gerüchen <strong>und</strong> Geräten konfrontiert waren,<br />

bemerkten sie die Fallen, <strong>und</strong> dies, obwohl ihnen hier seit<br />

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