Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos

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09.12.2012 Aufrufe

Luigi Boitani aus Rom. Er war gerade von einem mehrjährigen Aufenthalt in den USA zurückgekehrt, wo er sich hauptsächlich mit ökologischen Fragen beschäft igt hatte. Auch er sagte zu und kam für ein paar Tage in den Bayerischen Wald, wo wir das Projekt besprachen. Ich merkte sehr bald, daß Luigi der richtige Mann war ; wir wurden Freunde, und unsere Zusammenarbeit in den nächsten Jahren funktionierte bestens, was sicherlich zum Erfolg des Projekts beigetragen hat. Bestand und Verbreitung der Wölfe in Italien Die Lebensbedingungen der Wölfe in den Abruzzen dürften in vieler Hinsicht typisch sein für die Lebensbedingungen von Wölfen, die in von Menschen besiedelten und landwirtschaft lich genutzten Gebieten leben : Bedingungen, die, wie wir sehen werden, stark abweichen von jenen, die wir in Nordamerika kennengelernt haben. Luigi und ich waren uns einig darin, daß der Versuch einer direkten Zählung der Wölfe im Feld völlig aussichtslos sei. Dafür war das zu untersuchende Gebiet viel zu groß. In den Alpen waren die Wölfe schon Ende des 19. Jahrhunderts ausgerottet worden. Wo in dem langgestreckten, von südlich der Poebene bis an die Südspitze Kalabriens reichenden Gebirgszug der Apenninen noch Wölfe vorkamen, war unbekannt. Falls wir nur die höher gelegenen Bergzonen berücksichtigten, würde dies immer noch ein Gebiet 446

von etwa 70 000 Quadratkilometern bedeuten. Wir kamen daher überein, daß Luigi, zunächst allein alle möglichen Wolfsgebiete bereisen sollte, um sich hier durch Befragen der einheimischen Bevölkerung einen Eindruck über Verbreitung und Anzahl der Population zu verschaff en. Im Winter wollten wir dann gemeinsam eines der Gebiete aufsuchen, in denen es Wölfe gab, um hier durch eine direkte Zählung im Feld die Zuverlässigkeit der indirekt gewonnenen Daten zu überprüfen. Luigi ging an die Arbeit. Er stellte bald fest, daß die meisten Angaben der Befragten überhaupt nicht zu verwerten waren. Allzu viele Vorurteile und eine lebhaft e Phantasie veranlaßten wohl einen Großteil seiner Interviewpartner zu maßlosen Übertreibungen. Schließlich konzentrierte er seine Befragung auf Leute, die selber direkt Kontakt mit Wölfen hatten, wie Forstleute, Straßenarbeiter, Jäger und Schäfer ; doch auch hier hörte er viel Widersprüchliches. Diese Form der indirekten Untersuchung konnte also nur sehr unsichere Daten liefern. – Als sicher erschien aber, daß der Wolf seit einigen Jahren weder im nördlichen noch im südlichsten Teil der Apenninen vorkam und auch auf Sizilien ausgerottet war. Im übrigen Gebiet schien seine Verbreitung auf etwa zehn insel - artige Vorkommen in den höher gelegenen Teilen der Apenninen beschränkt zu sein (Abb. oben). Nach Luigis Meinung konnte wegen der dichten Besiedlung sowie der vielen Straßen, Autobahnen und Eisenbahnlinien in den tieferen Lagen keine Verbindung zwischen den Wölfen in den verschiedenen Gebieten bestehen. 447

von etwa 70 000 Quadratkilometern bedeuten. Wir kamen<br />

daher überein, daß Luigi, zunächst allein alle möglichen<br />

<strong>Wolf</strong>sgebiete bereisen sollte, um sich hier durch Befragen<br />

der einheimischen Bevölkerung einen Eindruck über Verbreitung<br />

<strong>und</strong> Anzahl der Population zu verschaff en. Im<br />

Winter wollten wir dann gemeinsam eines der Gebiete aufsuchen,<br />

in denen es Wölfe gab, um hier durch eine direkte<br />

Zählung im Feld die Zuverlässigkeit der indirekt gewonnenen<br />

Daten zu überprüfen.<br />

Luigi ging an die Arbeit. Er stellte bald fest, daß die meisten<br />

Angaben der Befragten überhaupt nicht zu verwerten waren.<br />

Allzu viele Vorurteile <strong>und</strong> eine lebhaft e Phantasie veranlaßten<br />

wohl einen Großteil seiner Interviewpartner zu maßlosen<br />

Übertreibungen. Schließlich konzentrierte er seine Befragung<br />

auf Leute, die selber direkt Kontakt mit Wölfen hatten,<br />

wie Forstleute, Straßenarbeiter, Jäger <strong>und</strong> Schäfer ; doch auch<br />

hier hörte er viel Widersprüchliches. Diese Form der indirekten<br />

Untersuchung konnte also nur sehr unsichere Daten<br />

liefern. – Als sicher erschien aber, daß der <strong>Wolf</strong> seit einigen<br />

Jahren weder im nördlichen noch im südlichsten Teil der<br />

Apenninen vorkam <strong>und</strong> auch auf Sizilien ausgerottet war. Im<br />

übrigen Gebiet schien seine Verbreitung auf etwa zehn insel -<br />

artige Vorkommen in den höher gelegenen Teilen der Apenninen<br />

beschränkt zu sein (Abb. oben). Nach Luigis Meinung<br />

konnte wegen der dichten Besiedlung sowie der vielen<br />

Straßen, Autobahnen <strong>und</strong> Eisenbahnlinien in den tieferen<br />

Lagen keine Verbindung zwischen den Wölfen in den<br />

verschiedenen Gebieten bestehen.<br />

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