Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos

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09.12.2012 Aufrufe

Mit dem Übergang zu den naturausbeutenden Gesellschaft en – Hand in Hand mit der Erfi ndung und der Entwicklung weitreichender Schußwaff en – änderten sich die Einstellung und der Einfl uß der Jäger. War bei den Naturvölkern die Nahrungsbeschaff ung für den Familienkreis Motivation der Jagd, so traten in der arbeitsteiligen Gesellschaft andere Gründe in den Vordergrund. Für den Bauern waren jetzt Wolf, Bär, Luchs und die wilden Huft iere Schädlinge, die seine Haustiere fraßen beziehungsweise mit ihnen um Weidefl ächen konkurrierten, und für die privilegierten Schichten wurde die Jagd zum Sport. So kam es zu einer Überausbeutung der Wildtierbestände bis hin zur lokalen oder weltweiten Ausrottung. Auerochs und Wildpferd verschwanden ganz, und Bison, Wisent, Steinbock, Rothirsch, Elch sowie die großen Beutegreifer Wolf, Bär und Luchs wurden bis auf wenige Individuen in abgelegenen oder speziell geschützten Gebieten reduziert. In manchen Teilen der Welt ist dieser Ausrottungsprozeß noch nicht abgeschlossen. In Nord- und Zentraleuropa wie auch in Nordamerika setzte indes Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts eine gegenläufi ge Bewegung ein. Die freilebenden Tierbestände wurden zu sportlichen Zwecken »gehegt«. Die konkurrierenden Beutegreifer, das angebliche »Schadwild«, wurden weiter intensiv verfolgt, während für das »Nutzwild« strikte Abschußrichtlinien und vielerorts auch Winterfütterungen, ja sogar medizinische Betreuung eingeführt wurden. Eine schnelle Wiederausbreitung und eine beträchtliche 438

Zunahme der Huft ierpopulationen waren die Folge. Heute gibt es in Deutschland vermutlich mehr Rehe, in Schweden mehr Elche, in den USA mehr Weißwedelhirsche als je zuvor, und dies trotz erheblicher Einengung und einer auch qualitativen Verschlechterung des Lebensraumes. Die Folgen sind schwerwiegende Schäden an der Vegetation und eine zunehmende Instabilität des Ökosystems Wald. Das hat für die Forstwirtschaft eine bedeutende ökonomische Seite, für viele Bewohner der Alpen, wo dem Wald auch eine wichtige Funktion beim Schutz vor Lawinen und Überschwemmungen zukommt, sogar eine existentielle Seite. Aufgrund der nicht »testhetzenden« Jagdweise des menschlichen Jägers fällt zusätzlich zu der Nichtregulation auch der selektive Einfl uß des natürlichen Beutegreifers weitgehend weg. Durch Winterfütterung und medikamentöse Behandlung gehen weitere wesentliche Selektionsfaktoren, wie der winterliche Nahrungsengpaß und die Krankheiten, verloren. Trophäenkult und artifi zielle Abschußrichtlinien sowie sogenannte Blutauff rischungen – Tiere aus fremden Gegenden werden zur erhofft en Verbesserung der Trophäen in heimischen Revieren ausgesetzt – sorgen sogar für eine künstliche, den ursprünglichen natürlichen Selektionsbedingungen teilweise entgegengesetzte Auslese. 439

Zunahme der Huft ierpopulationen waren die Folge. Heute<br />

gibt es in Deutschland vermutlich mehr Rehe, in Schweden<br />

mehr Elche, in den USA mehr Weißwedelhirsche als je zuvor,<br />

<strong>und</strong> dies trotz erheblicher Einengung <strong>und</strong> einer auch qualitativen<br />

Verschlechterung des Lebensraumes. Die Folgen<br />

sind schwerwiegende Schäden an der Vegetation <strong>und</strong> eine<br />

zunehmende Instabilität des Ökosystems Wald. Das hat für<br />

die Forstwirtschaft eine bedeutende ökonomische Seite, für<br />

viele Bewohner der Alpen, wo dem Wald auch eine wichtige<br />

Funktion beim Schutz vor Lawinen <strong>und</strong> Überschwemmungen<br />

zukommt, sogar eine existentielle Seite.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der nicht »testhetzenden« Jagdweise des menschlichen<br />

Jägers fällt zusätzlich zu der Nichtregulation auch<br />

der selektive Einfl uß des natürlichen Beutegreifers weitgehend<br />

weg. Durch Winterfütterung <strong>und</strong> medikamentöse<br />

Behandlung gehen weitere wesentliche Selektionsfaktoren,<br />

wie der winterliche Nahrungsengpaß <strong>und</strong> die Krankheiten,<br />

verloren. Trophäenkult <strong>und</strong> artifi zielle Abschußrichtlinien<br />

sowie sogenannte Blutauff rischungen – Tiere aus fremden<br />

Gegenden werden zur erhofft en Verbesserung der Trophäen<br />

in heimischen Revieren ausgesetzt – sorgen sogar für eine<br />

künstliche, den ursprünglichen natürlichen Selektionsbedingungen<br />

teilweise entgegengesetzte Auslese.<br />

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