Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos
Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos
Zehntes Kapitel Zur Ökologie des Wolfes Eine Analyse tierischen Verhaltens ohne Kenntnis der Ökologie freilebender Populationen bleibt unvollständig. Umgekehrt sind Kenntnisse des Verhaltens der Wölfe unentbehrlich für die Untersuchung ihrer Ökologie. Das Grenzgebiet zwischen der Verhaltensforschung und der Ökologie wurde bisher »Etho-Ökologie« beziehungsweise »Öko-Ethologie« genannt, je nach dem Ausgangspunkt der Fragestellung. Wir haben uns bisher mit dem Verhalten der Wölfe anhand meiner Arbeiten mit den Gehegetieren beschäft igt. Die ökologischen Untersuchungen an freilebenden Wolfspopulationen wurden vor allem von amerikanischen Kollegen durchgeführt. Der interessierte und englischkundige Leser fi ndet eine Liste ihrer wichtigsten Veröff entlichungen im Anhang. Ich werde hier einige der amerikanischen Kollegen und ihre Arbeitsweise vorstellen und die wichtigsten Ergebnisse zusammenfassen. Forschungsstätten Wölfe in Nordminnesota Dave Mech traf ich zum erstenmal 1973 nach der Internationalen Ethologentagung in Washington, D.C. Er holte 394
mich vom Flughafen in Minneapolis ab, und noch am selben Tag fuhren wir zusammen mit seiner Frau und den vier Kindern in den Norden von Minnesota, seinem Untersuchungsgebiet. Schon auf der Fahrt redeten wir über die uns gemeinsam interessierenden Fragen : Wie optimiert ein Wolfsrudel seine Größe ? Welchen Einfl uß haben die räumliche Organisation und das entsprechende Verhalten auf die Regulation der Wolfspopulation ? Wie viele Freilandökologen war auch Dave zunächst skeptisch eingestellt gegenüber Ethologen, die, wie er meinte, aufgrund einiger Beobachtungen und Versuche an Gehegetieren »die Welt zu erklären suchen«. Bald aber wurde es eine sehr anregende Diskussion, da unsere Ergebnisse weitgehend übereinstimmten. Nicht die ranghöchsten Jungwölfe sind es, die das Rudel wegen ihrer Konkurrenz mit dem Alpha-Tier verlassen, wie oft behauptet wurde, sondern die rangniedrigeren Wölfe ; nicht »autoritär«, sondern eher »demokratisch« wird das Rudel geführt. Die Aggressivität des Alpha- Weibchens, Futterangebot und Bindung – diese und viele weitere Phänomene, die isoliert betrachtet so unwichtig zu sein scheinen, sind für das Verständnis der Populationsregulation von größter Bedeutung. Erst spät in der Nacht kamen wir auf der Versuchsstation an, wo Daves Mitarbeiter uns erwarteten. In dem schönen großen Holzhaus bekam ich ein Zimmer, während Dave und seine Familie in ein Zelt einzogen. Ich staunte. Familienmitglieder von Staatsbeamten (Dave ist bei der obersten Naturschutzbehörde angestellt) seien im Haus unerwünscht, wurde mir 395
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mich vom Flughafen in Minneapolis ab, <strong>und</strong> noch am selben<br />
Tag fuhren wir zusammen mit seiner Frau <strong>und</strong> den<br />
vier Kindern in den Norden von Minnesota, seinem Untersuchungsgebiet.<br />
Schon auf der Fahrt redeten wir über die<br />
uns gemeinsam interessierenden Fragen : Wie optimiert<br />
ein <strong>Wolf</strong>srudel seine Größe ? Welchen Einfl uß haben die<br />
räumliche Organisation <strong>und</strong> das entsprechende <strong>Verhalten</strong><br />
auf die Regulation der <strong>Wolf</strong>spopulation ? Wie viele Freilandökologen<br />
war auch Dave zunächst skeptisch eingestellt<br />
gegenüber Ethologen, die, wie er meinte, aufgr<strong>und</strong> einiger<br />
Beobachtungen <strong>und</strong> Versuche an Gehegetieren »die Welt<br />
zu erklären suchen«. Bald aber wurde es eine sehr anregende<br />
Diskussion, da unsere Ergebnisse weitgehend übereinstimmten.<br />
Nicht die ranghöchsten Jungwölfe sind es,<br />
die das Rudel wegen ihrer Konkurrenz mit dem Alpha-Tier<br />
verlassen, wie oft behauptet wurde, sondern die rangniedrigeren<br />
Wölfe ; nicht »autoritär«, sondern eher »demokratisch«<br />
wird das Rudel geführt. Die Aggressivität des Alpha-<br />
Weibchens, Futterangebot <strong>und</strong> Bindung – diese <strong>und</strong> viele<br />
weitere Phänomene, die isoliert betrachtet so unwichtig zu<br />
sein scheinen, sind für das Verständnis der Populationsregulation<br />
von größter Bedeutung. Erst spät in der Nacht<br />
kamen wir auf der Versuchsstation an, wo Daves Mitarbeiter<br />
uns erwarteten. In dem schönen großen Holzhaus<br />
bekam ich ein Zimmer, während Dave <strong>und</strong> seine Familie<br />
in ein Zelt einzogen. Ich staunte. Familienmitglieder von<br />
Staatsbeamten (Dave ist bei der obersten Naturschutzbehörde<br />
angestellt) seien im Haus unerwünscht, wurde mir<br />
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