Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos

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09.12.2012 Aufrufe

Das läufi ge Weibchen ist allein und fi ndet keinen Partner. Womöglich spielt auch der Ernährungszustand eine Rolle ; bei erheblicher Unterernährung könnte die Läufi gkeit aussetzen. Wichtiger in diesem Zusammenhang dürft en aber die Nichtbefruchtung und der Abgang bereits befruchteter Embryonen sein. Anhand weiterer Daten aus Alaska wissen wir, daß bei Wölfi nnen nicht alle reifen Eizellen befruchtet werden und daß Embryonen im Mutterleib absterben können. Die genauen Ursachen dafür kennen wir nicht, aber es ist anzunehmen, daß Futtermangel, Verletzungen und Streß eine Rolle spielen. So bekamen weder Finsterau noch Tatra im Frühjahr 1976 Welpen, obwohl sie beide mehrmals gehangen hatten. Dafür waren fraglos die ständigen Kämpfe und Verfolgungen verantwortlich. Welpensterblichkeit Viel größer als die embryonale Todesrate ist die Sterblichkeit der bereits geborenen Welpen, vor allem in den ersten Lebenswochen, sodann im Laufe des Herbstes und des er - sten Winters. – Schon bei der Geburt sterben einige Welpen ; wie groß die Sterblichkeit hier ist, wissen wir jedoch nicht, da die Welpen ja in einer Höhle geboren werden, zu der wir meistens keinen Zugang haben. Außerdem werden totgeborene oder später gestorbene Welpen in der Regel von der Mutter aufgefressen, wie wir in Kiel beobachten konnten. 374

Nicht immer ging die werdende Mutter zur Geburt in den Stall. Einmal, als ich im Institut Sonntagsdienst hatte, gebar ein Puwo-I-Weibchen seine Welpen im Freien. Es hatte einige Grad unter Null, und die kleinen Welpen lagen völlig hilfl os auf dem hartgefrorenen Sand. Als ich sie aufh ob, um sie in den Stall zu tragen, glaubte ich, einer sei bereits tot, da er ganz kalt und steif war. Da Sonntag war, trug ich ihn ins Institut und legte ihn in einen Kühlschrank für den Präparator. Nachmittags kam ich zufällig an dem Raum wieder vorbei, und – kaum zu glauben : Aus dem Kühlschrank drangen Winseltöne. Es war wirklich ein Phänomen. Der Welpe war im Kühlschrank wieder aufgetaut und krabbelte umher. So trug ich ihn wieder hinunter zu seiner Mutter, die ihn bald an ihren Zitzen die erste Milch trinken ließ. Er überlebte und lieferte so einen wohl kaum zu übertreff enden Beweis für die Lebensfähigkeit neugeborener Wolfs- und Hundewelpen. Länger dauernde Kälte und andauernden Hunger kann natürlich kein Wolfswelpe überstehen. Welpen sind in den ersten Wochen ausschließlich von der Mutter abhängig, und falls diese allzulange selber auf Jagd gehen muß und dann möglicherweise auch nichts fi ndet, sterben sicherlich viele. Hierzu liegen aus freier Wildbahn nur grobe Schätzungen vor. Pimlott zum Beispiel rechnet mit einer Welpensterblichkeit von bis zu 75 Prozent im Verlauf des Sommers und des Herbstes. Dave Mech stellte fest, daß das Gewicht der Welpen im Herbst sehr wichtig ist für ihre Chancen, den ersten Winter zu überleben. Bei den Fangaktionen im 375

Nicht immer ging die werdende Mutter zur Geburt in<br />

den Stall. Einmal, als ich im Institut Sonntagsdienst hatte,<br />

gebar ein Puwo-I-Weibchen seine Welpen im Freien. Es hatte<br />

einige Grad unter Null, <strong>und</strong> die kleinen Welpen lagen völlig<br />

hilfl os auf dem hartgefrorenen Sand. Als ich sie aufh ob,<br />

um sie in den Stall zu tragen, glaubte ich, einer sei bereits<br />

tot, da er ganz kalt <strong>und</strong> steif war. Da Sonntag war, trug ich<br />

ihn ins Institut <strong>und</strong> legte ihn in einen Kühlschrank für den<br />

Präparator. Nachmittags kam ich zufällig an dem Raum<br />

wieder vorbei, <strong>und</strong> – kaum zu glauben : Aus dem Kühlschrank<br />

drangen Winseltöne. Es war wirklich ein Phänomen.<br />

<strong>Der</strong> Welpe war im Kühlschrank wieder aufgetaut <strong>und</strong><br />

krabbelte umher. So trug ich ihn wieder hinunter zu seiner<br />

Mutter, die ihn bald an ihren Zitzen die erste Milch trinken<br />

ließ. Er überlebte <strong>und</strong> lieferte so einen wohl kaum zu<br />

übertreff enden Beweis für die Lebensfähigkeit neugeborener<br />

<strong>Wolf</strong>s- <strong>und</strong> H<strong>und</strong>ewelpen.<br />

Länger dauernde Kälte <strong>und</strong> andauernden Hunger kann<br />

natürlich kein <strong>Wolf</strong>swelpe überstehen. Welpen sind in den<br />

ersten Wochen ausschließlich von der Mutter abhängig,<br />

<strong>und</strong> falls diese allzulange selber auf Jagd gehen muß <strong>und</strong><br />

dann möglicherweise auch nichts fi ndet, sterben sicherlich<br />

viele. Hierzu liegen aus freier Wildbahn nur grobe Schätzungen<br />

vor. Pimlott zum Beispiel rechnet mit einer Welpensterblichkeit<br />

von bis zu 75 Prozent im Verlauf des Sommers<br />

<strong>und</strong> des Herbstes. Dave Mech stellte fest, daß das Gewicht<br />

der Welpen im Herbst sehr wichtig ist für ihre Chancen,<br />

den ersten Winter zu überleben. Bei den Fangaktionen im<br />

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