Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos
Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos
insgesamt vier radiomarkierten Weibchen, die in der Beobachtungsszeit sechs Würfe zur Welt hätten bringen können, wurde nur ein Wurf geboren. Die Ursachen hierfür liegen aber sicherlich weder an einer hohen Populationsdichte noch an großen Rudeln, sondern es dürft e umgekehrt sein : Die nicht-gebärenden Weibchen fanden keinen Wolfsrüden. Es scheint somit, daß die Reproduktionsrate beziehungsweise der prozentuale Anteil gebärender Weibchen bei den Wölfen mit abhängig ist von der Populationsdichte : Bei hoher Dichte ist sie gering, mit schwindender Dichte nimmt sie zu und bei sehr geringer Dichte dann wieder drastisch ab. Aus dem prozentualen Anteil von Welpen in einer Population läßt sich demnach der Einfl uß des Menschen auf die Wölfe abschätzen. Doug Pimlott stellte dazu Berechnungen an und kam zu dem Schluß, daß 15 bis 30 Prozent Welpen in einer Population anzeigen, daß hier kein oder nur ein geringer Jagddruck herrscht, während 50 Prozent oder mehr Welpen ein Anzeichen erheblicher Wolfsverfolgung sind. Erst eine sehr intensive Verfolgung – wie bis vor kurzem in den Abruzzen, wo die Wölfe am Rande der Ausrottung standen – führt wiederum zu einem geringeren Anteil von Welpen, weil jetzt eine kritische Dichte erreicht wird, bei der die wenigen am Leben gebliebenen geschlechtsreifen Wölfe häufi g keinen Partner fi nden. In diesem Zusammenhang hat Dave Mech noch eine interessante Beobachtung gemacht : In einer Population hoher Dichte im Norden Minnesotas waren von 77 Wel- 370
pen 52 (66 Prozent) männlichen Geschlechts. In zwei weiteren Wolfsgebieten in Minnesota mit intensiver Wolfsbejagung (und, als Folge davon, geringer Dichte) waren hingegen unter fünfzehn gefangenen Wölfen nur vier Rüden (27 Prozent). Die Daten sind wohl zuwenig umfangreich, um den Zufall auszuschließen ; sie deuten aber auf die Möglichkeit hin, daß in saturierten Populationen ein Übergewicht an männlichen Wölfen schon mitbedingt ist durch ein ungleiches Geschlechtsverhältnis bei der Geburt. Das könnte zur Regulation der Population beitragen. Welche Faktoren sind es nun, die in Populationen oberhalb der kritischen Dichte bestimmen, ob ein Weibchen gedeckt wird, Welpen bekommt und diese auch erfolgreich aufziehen kann ? Nach meinen Erfahrungen mit dem Rudel im Bayerischen Wald scheinen vier Faktoren eine Paarung der Weibchen in der Ranzzeit zu verhindern oder zu er - schweren : 1. Eine Wurfgeschwister-Inzestbarriere : Von 1970 bis 1972 kam es zu keiner Kopulation zwischen Mädchen und einem ihrer drei Brüder. Auch St. Oswald, der Bruder des neuen Alpha-Weibchens Finsterau, interessierte sich nicht für seine läufi ge Schwester. Während der Ranzzeit im Februar 1974 war er sogar der einzige unter den vier geschlechtsreifen Rüden des Rudels, der nicht versuchte, Finsterau zu dekken. Aus einigen zoologischen Gärten sind mir indessen Geschwisterpaarungen bekannt, so daß die wenigen Beobachtungen in unserem Rudel sicher keine allgemeingültige 371
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insgesamt vier radiomarkierten Weibchen, die in der Beobachtungsszeit<br />
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Es scheint somit, daß die Reproduktionsrate beziehungsweise<br />
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<strong>und</strong> bei sehr geringer Dichte dann wieder drastisch ab.<br />
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läßt sich demnach der Einfl uß des Menschen auf die<br />
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in den Abruzzen, wo die Wölfe am Rande der Ausrottung<br />
standen – führt wiederum zu einem geringeren Anteil<br />
von Welpen, weil jetzt eine kritische Dichte erreicht wird,<br />
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