Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos

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koll festzuhalten. Der Zusammenschluß der Wölfe beim Aufstieg fi el aber bald auf. Daraufh in wurden auch die Neigungswinkel des Geländes für jede Beobachtung mitregistriert. Die gewonnenen Daten zeigen, daß meine Intuition richtig war – was aber eigentlich nicht so erstaunlich ist, denn auch Wölfe müssen sich beim längeren Steigen mehr anstrengen. Dabei machen sie – wie wir Menschen auch – keine überfl üssigen Abstecher, Zwischenspurts oder Spiele, sondern laufen gleichmäßig schnell, und dadurch auch enger geschlossen, den Berg hinauf. Weiter fi el mir auf, daß die Wölfe im Gelände einen einmal eingeschlagenen Weg oder eine Laufrichtung ungern verließen. Bei den Wanderungen lief ich lange Zeit einfach den Wölfen nach ; sie bestimmten sozusagen die Richtung. Das ging aber nicht immer gut. Entlang dem Hochkamm des Bayerischen Waldes verläuft die deutsch-tschechische Grenze, die auch damals nur durch eine Schneise im Wald markiert war. Es wäre für die Wölfe vielleicht, für mich aber bestimmt mit unerfreulichen Folgen verbunden gewesen, hätten wir sie überschritten. Unterhalb des Nationalparks sind auch besiedelte Gebiete, in die ich gleichfalls nicht mit den frei laufenden Wölfen hineinwollte. Also mußte ich mehrmals am Tag die Marschrichtung doch selber bestimmen und ändern, und jedesmal hatte ich dabei Schwierigkeiten, die Wölfe mitzuziehen. Meistens mußte ich einen oder zwei von ihnen an die Kette nehmen, um durch einfache Muskelkraft die neue Richtung für alle zu bestimmen. 332

Einfl uß der Gruppengröße Die Schwierigkeit, die Laufrichtung der Wölfe zu ändern, wirft die Frage nach der Führung im Rudel auf. Bevor wir dieses Problem angehen können, müssen wir jedoch nach dem Einfl uß der Gruppengröße auf das räumliche Verhalten des Einzelwolfes fragen. Im Bayerischen Wald wollte ich hierzu einige Versuche durchführen. Näschens Ausbruch durchkreuzte indes meine Pläne. Vorher hatte ich aber in Rickling schon einige Versuche gemacht, und von diesen möchte ich kurz berichten. Die Versuche fanden im Sommer 1968 statt, als Alexander und seine Geschwister anderthalb Jahre alt waren. Fast jeden Tag seit ihrer Welpenzeit war ich mit ihnen und Anfa unterwegs gewesen, wobei stets ich und die angeleint laufende Anfa die Laufrichtung bestimmt hatten. Wir waren sozusagen die Führungsgruppe gewesen, nach der sich die vier jungen Wölfe richteten. Mir ging es jetzt darum herauszufi nden, wie stark der Einfl uß der Führungsgruppe auf den Entscheidungsprozeß jedes einzelnen der Jungwöl fe war. Dazu wurden drei von ihnen ebenfalls angeleint, und nur einer, das zu testende Tier, konnte frei laufen. Bei jedem Versuch wechselten wir das Testtier. Der Versuch selbst war, wenigstens nach der Planung, einfach. Mit Hilfe von Dagmar und später mehreren, allen Wölfen bekannten Kollegen aus dem Institut bildeten wir zwei Gruppen, die sich nach einigen Minuten gemeinsamen Weges trennten und in einem Winkel von etwa neunzig Grad auseinanderstreb- 333

koll festzuhalten. <strong>Der</strong> Zusammenschluß der Wölfe beim<br />

Aufstieg fi el aber bald auf. Daraufh in wurden auch die Neigungswinkel<br />

des Geländes für jede Beobachtung mitregistriert.<br />

Die gewonnenen Daten zeigen, daß meine Intuition<br />

richtig war – was aber eigentlich nicht so erstaunlich<br />

ist, denn auch Wölfe müssen sich beim längeren Steigen<br />

mehr anstrengen. Dabei machen sie – wie wir Menschen<br />

auch – keine überfl üssigen Abstecher, Zwischenspurts oder<br />

Spiele, sondern laufen gleichmäßig schnell, <strong>und</strong> dadurch<br />

auch enger geschlossen, den Berg hinauf.<br />

Weiter fi el mir auf, daß die Wölfe im Gelände einen einmal<br />

eingeschlagenen Weg oder eine Laufrichtung ungern<br />

verließen. Bei den Wanderungen lief ich lange Zeit einfach<br />

den Wölfen nach ; sie bestimmten sozusagen die Richtung.<br />

Das ging aber nicht immer gut. Entlang dem Hochkamm<br />

des Bayerischen Waldes verläuft die deutsch-tschechische<br />

Grenze, die auch damals nur durch eine Schneise<br />

im Wald markiert war. Es wäre für die Wölfe vielleicht, für<br />

mich aber bestimmt mit unerfreulichen Folgen verb<strong>und</strong>en<br />

gewesen, hätten wir sie überschritten. Unterhalb des Nationalparks<br />

sind auch besiedelte Gebiete, in die ich gleichfalls<br />

nicht mit den frei laufenden Wölfen hineinwollte. Also<br />

mußte ich mehrmals am Tag die Marschrichtung doch selber<br />

bestimmen <strong>und</strong> ändern, <strong>und</strong> jedesmal hatte ich dabei<br />

Schwierigkeiten, die Wölfe mitzuziehen. Meistens mußte<br />

ich einen oder zwei von ihnen an die Kette nehmen, um<br />

durch einfache Muskelkraft die neue Richtung für alle zu<br />

bestimmen.<br />

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