Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos

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09.12.2012 Aufrufe

halten gegenüber den Welpen also im Spätsommer. Wie war es aber bei den Welpen ? Zuerst hielten sie untereinander eng zusammen. Auch von den älteren Tieren entfernten sie sich, wenn möglich, kaum. Es war nicht schwierig, mit allen Tieren bis spät in den Herbst hinein frei im Gelände zu laufen, da sich kaum ein Welpe weiter als hundert Meter entfernte. Erst im Alter von etwa zehn Monaten, also in ihrem ersten Winter, wurden sie schnell selbständiger. In freier Wildbahn ist es nicht anders. In den frühen Herbstmonaten verlassen die Welpen ihr Aufzuchtgebiet und folgen dem Rudel auf zunehmend längeren Wanderungen. Im ersten Winter gehen sie dann immer häufi ger eigene Wege, und einige wenige verlassen jetzt sogar für immer ihr Rudel. Die Beobachtungen zeigen, daß dem Prozeß der Loslösung sowohl der Älteren von den Welpen wie auch der Welpen voneinander und von den Älteren ein Reifungsprozeß zugrunde liegt. Dabei reift die Verselbständigung der Welpen etwas später als die Loslösung der Älteren von den Welpen. Dies ist sicherlich von Vorteil, weil die Welpen so in der kritischen Zeit ihrer ersten Wanderungen vorerst direkt beim Rudel bleiben. Erst mit zehn bis zwölf Monaten sind sie in der Lage, sich selbständig zu ernähren, wenn auch meistens immer noch mehr schlecht als recht. Im Rudel haben die Älteren inzwischen auch aufgehört, den Welpen Futter zuzutragen. Diese müssen es sich nun selbst erjagen oder sich von der gemeinsam erlegten Beute ihren Teil holen. 322

Im Zusammenhang mit der Verselbständigung der jungen Wölfe gibt es eine weitere recht interessante Beobachtung. Schon in Rickling fi el mir auf, daß sie allein eng bei uns blieben, aber zu zweit oder zu mehreren sich viel eher entfernten. Um die Stärke dieser Geschwisterbindung einmal zu te - s ten, machte ich später im Bayerischen Wald folgenden Versuch. Zusammen mit Alexander und Wölfchen nahm ich im Sommer zwei im selben Jahr geborene Welpen, Ho und Tschi, aus dem Gehege. Zwei Studentinnen, die Ho und Tschi aufgezogen hatten, kamen ebenfalls mit, desgleichen mein Hund Flow, an dem Ho und Tschi sehr hingen. Nachdem wir eine kurze Strecke zur Eingewöhnung gelaufen waren, ließen wir einen der beiden Welpen frei und trennten uns in zwei jeweils unterschiedlich starke Gruppen. Der Welpe rannte unruhig zwischen den Gruppen hin und her und versuchte möglichst lange mit uns allen Kontakt zu halten. Als es dann aber nicht mehr möglich war, entschied er sich schließlich in fast allen Versuchen für die Gruppe, bei der sich sein Bruder befand, auch wenn sie deutlich kleiner als die andere war. Diese enge Bindung der Welpen untereinander wird erst im Alter von zehn bis zwölf Monaten geringer. Bis zum Alter von einem halben Jahr ist sie aber immer noch erstaunlich hoch – höher sogar als die Bindung zu den anderen Rudelmitgliedern. Die Frage, warum dies so ist, fi ndet durch einen weiteren Versuch ihre Erklärung. Ich wollte wissen, ob die Älteren das Fehlen eines Welpen bemerkten, und 323

halten gegenüber den Welpen also im Spätsommer. Wie<br />

war es aber bei den Welpen ? Zuerst hielten sie untereinander<br />

eng zusammen. Auch von den älteren Tieren entfernten<br />

sie sich, wenn möglich, kaum. Es war nicht schwierig,<br />

mit allen Tieren bis spät in den Herbst hinein frei im<br />

Gelände zu laufen, da sich kaum ein Welpe weiter als h<strong>und</strong>ert<br />

Meter entfernte. Erst im Alter von etwa zehn Monaten,<br />

also in ihrem ersten Winter, wurden sie schnell selbständiger.<br />

In freier Wildbahn ist es nicht anders. In den frühen<br />

Herbstmonaten verlassen die Welpen ihr Aufzuchtgebiet<br />

<strong>und</strong> folgen dem Rudel auf zunehmend längeren Wanderungen.<br />

Im ersten Winter gehen sie dann immer häufi ger<br />

eigene Wege, <strong>und</strong> einige wenige verlassen jetzt sogar für<br />

immer ihr Rudel.<br />

Die Beobachtungen zeigen, daß dem Prozeß der Loslösung<br />

sowohl der Älteren von den Welpen wie auch der<br />

Welpen voneinander <strong>und</strong> von den Älteren ein Reifungsprozeß<br />

zugr<strong>und</strong>e liegt. Dabei reift die Verselbständigung<br />

der Welpen etwas später als die Loslösung der Älteren von<br />

den Welpen. Dies ist sicherlich von Vorteil, weil die Welpen<br />

so in der kritischen Zeit ihrer ersten Wanderungen<br />

vorerst direkt beim Rudel bleiben. Erst mit zehn bis zwölf<br />

Monaten sind sie in der Lage, sich selbständig zu ernähren,<br />

wenn auch meistens immer noch mehr schlecht als<br />

recht. Im Rudel haben die Älteren inzwischen auch aufgehört,<br />

den Welpen Futter zuzutragen. Diese müssen es sich<br />

nun selbst erjagen oder sich von der gemeinsam erlegten<br />

Beute ihren Teil holen.<br />

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