Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos

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09.12.2012 Aufrufe

Das negative Wolfsbild Die Konkurrenz zwischen Mensch und Wolf (Jagd auf gleiche Beute) ist alt. Schon aus der Zeit Karls des Großen, also des frühen Mittelalters, kennen wir die ersten systematischen Wolfsverfolgungen, die mit zunehmender Waldrodung – mehr und mehr Menschensiedlungen grenzten hart an den Wolfslebensraum – immer heft iger wurden. Aber damals kam es ganz sicher nicht zu regelrechten Feldzügen gegen die Rudel. Die (Beute-)Konkurrenz fördert zwar keine Freundschaft , hat sie off ensichtlich aber auch nicht immer verhindert. Das wird deutlich, wenn man noch ein paar hundert Generationen weiter zurückblickt. Vor fünfzehntausend Jahren wurde aus gezähmten Wölfen der beste aller Freunde des Menschen, der Hund. Zur kompromisslosen Abneigung geriet die Konkurrenz erst, als der Ex-Jäger und -Sammler sich Schaf und Ziege und bald auch Schwein, Rind und Pferd zulegte. Für Wölfe war diese lahme Beute ein willkommenes »Zubrot«. Doch die Menschen rüsteten sich mit Stöcken aus, um die Wölfe von ihren Herden fern zu halten, bauten Pferche, züchteten wehrhaft e Hunde, legten Feuer : Solange es genügend Wild im Wald gab, hielten sich die Wölfe alles in allem an diese Warnungen und mieden Mensch, Hund und Haustier. So blieb die Koexistenz der beiden Konkurrenten – wenn auch nicht mit Sympathie behaft et – viele tausend Jahre weiter bestehen. Die wirkliche Feindschaft begann spät, als der Mensch 30

(genauer gesagt : besondere Individuen der Gattung Mensch !) seinen Interessensbereich ausweitete und auch das Wild im Wald für sich allein in Anspruch nahm – und das mit aller Härte. Die Rede ist nicht von der Kochtopf- oder Bauern jagd, die es im kleinen Maßstab über die Jahrtausende gegeben hat. Wandel im Wald schafft e der Feudalismus, der nicht nur die Bauern, sondern auch die jagdbaren Tiere zu Leibeigenen oder »De-facto-Leibeigenen« machte. Ab dem Mittelalter war das so genannte Hochwild (Hirsch, Bär, Wildschwein, Wisent und Auerochse sowie Elch) nicht mehr Quelle der Ernährung für jedermann, sondern Zielscheibe sportlichen Vergnügens der hohen Herrschaft . Wölfe gehörten zu denen, die sich nicht an hochherrschaft liche Jagdordnungen im Wald hielten ; Grund genug, um sie hart zu verfolgen. Und da die Herren, wenn sie mit reichlich erbeuteter Eiweißmasse an darbenden Landeskindern vorbei zurück in ihre Gemächer zogen, immer ein wenig Legitimationsnotstand hatten, kam der Wolf wie gerufen. Sie, die Jäger von Gottes Gnaden, waren es, welche die Landeskinder vor dem bösen Wolf – der sich ja immer mal dann und wann das Schaf eines armen Tagelöhners holte – großherzig und kühn beschützten. Dabei hatten wir lange angenommen, dass vor allem die Armut der mittelalterlichen Bauern, ihre Angst vor dem Vernichter ihrer Lebensgrundlage, der Nutztiere, alleinige oder vorherrschende Ursachen für unser heutiges Negativ- Wolfsbild waren. Erste Zweifel für die ausschließliche Gültigkeit dieser Th ese 31

(genauer gesagt : besondere Individuen der Gattung Mensch !)<br />

seinen Interessensbereich ausweitete <strong>und</strong> auch das Wild im<br />

Wald für sich allein in Anspruch nahm – <strong>und</strong> das mit aller<br />

Härte. Die Rede ist nicht von der Kochtopf- oder Bauern jagd,<br />

die es im kleinen Maßstab über die Jahrtausende gegeben<br />

hat. Wandel im Wald schafft e der Feudalismus, der nicht<br />

nur die Bauern, sondern auch die jagdbaren Tiere zu Leibeigenen<br />

oder »De-facto-Leibeigenen« machte.<br />

Ab dem Mittelalter war das so genannte Hochwild (Hirsch,<br />

Bär, Wildschwein, Wisent <strong>und</strong> Auerochse sowie Elch) nicht<br />

mehr Quelle der Ernährung für jedermann, sondern Zielscheibe<br />

sportlichen Vergnügens der hohen Herrschaft . Wölfe<br />

gehörten zu denen, die sich nicht an hochherrschaft liche<br />

Jagdordnungen im Wald hielten ; Gr<strong>und</strong> genug, um sie hart<br />

zu verfolgen. Und da die Herren, wenn sie mit reichlich<br />

erbeuteter Eiweißmasse an darbenden Landeskindern vorbei<br />

zurück in ihre Gemächer zogen, immer ein wenig Legitimationsnotstand<br />

hatten, kam der <strong>Wolf</strong> wie gerufen. Sie,<br />

die Jäger von Gottes Gnaden, waren es, welche die Landeskinder<br />

vor dem bösen <strong>Wolf</strong> – der sich ja immer mal dann<br />

<strong>und</strong> wann das Schaf eines armen Tagelöhners holte – großherzig<br />

<strong>und</strong> kühn beschützten.<br />

Dabei hatten wir lange angenommen, dass vor allem die<br />

Armut der mittelalterlichen Bauern, ihre Angst vor dem<br />

Vernichter ihrer Lebensgr<strong>und</strong>lage, der Nutztiere, alleinige<br />

oder vorherrschende Ursachen für unser heutiges Negativ-<br />

<strong>Wolf</strong>sbild waren.<br />

Erste Zweifel für die ausschließliche Gültigkeit dieser Th ese<br />

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