Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos

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09.12.2012 Aufrufe

Im Gehege lebten sie weitgehend voneinander isoliert, ohne jeweils selber Welpen zu produzieren. In freier Wildbahn können sie sich aber entfernen, womöglich auch einen Partner und ein nichtbesetztes Gebiet fi nden und hier selber Junge aufziehen. Wahrscheinlich ist dies der übliche Anfang eines Rudels. Für die meisten Rudelabgänge stehen die Chancen aber schlecht. Genaue Daten dazu aus Gebieten mit unterschiedlichen Beutetieren fehlen uns allerdings noch. Trotzdem können wir davon ausgehen, daß es neuformierte Paare oder kleine Gruppen in Gebieten mit hoher Wolfsdichte und etablierten territorialen Rudeln schwer haben, ein eigenes Territorium zu fi nden und zu behaupten, das groß genug ist, die Aufzucht von Welpen zu gewährleisten. In Gebieten mit großen Beutetieren haben es kleine Rudel außerdem schwer, genügend und vor allem regelmäßig Beute zu erlegen, wodurch ihre Chancen, Welpen erfolgreich aufzuziehen, ebenfalls schlecht stehen, wie Beobachtungen auf Isle Royale gezeigt haben. Eine erhöhte Lebenserwartung beim Verbleib im territorial etablierten Rudel erklärt aber nicht, warum sich neben den Eltern so viele weitere Rudelmitglieder scheinbar altruistisch an der Aufzucht der Welpen beteiligen. Damit kommen wir zu den modernen evolutionstheoretischen Vorstellungen von Sippenselektion (»kin selection«) sowie zu der von Hamilton und anderen eingeführten und sich wohl allmählich durchsetzenden Th eorie der »inclusive fi tness«, was Wickler und Seibt mit »Gesamteignung« übersetzen. Danach ist es für den Reprodukti- 302

onserfolg eines Tieres sinnvoll, sich an der Aufzucht verwandter Jungen zu beteiligen, wenn es selber nicht eigene aufziehen kann. Denn diese Jungen haben mit ihm zum Teil Gene gemeinsam : Falls keine Inzucht stattfi ndet, sind bei Vollgeschwistern, Kindern und Eltern 50 Prozent, bei Onkeln und Neff en 25 Prozent und bei Cousinen 12,5 Prozent der Gene im Durchschnitt völlig gleich oder »identisch«, wie häufi g gesagt wird. Die Gesamteignung eines Tieres ist demnach sein individueller Beitrag zur Fortpfl anzung seiner Gene zuzüglich des Beitrags, den es zur Fortpfl anzung der gleichen Gene durch verwandte Tiere leistet. Je verwandter also zwei Tiere sind, das heißt, je größer der Prozentsatz völlig gleichen Genmaterials ist, um so mehr »lohnt es sich« demnach für eins von beiden, die eigene womöglich erfolglose Reproduktion zurückzustellen zugunsten der erfolgreichen Aufzucht der Jungen des anderen. Die Wahrscheinlichkeit, daß die gleichen Gene, die es selbst besitzt, in die nächste Generation übergeführt werden, wird dadurch größer. Um eventuelle Mißverständnisse zu vermeiden : Wir dürfen uns keinesfalls vorstellen, daß die Tiere – oder auch der Mensch, für den das Konzept der Gesamteignung, falls es richtig ist, natürlich ebenfalls gelten muß – etwa wissen oder auch nur ahnen, was den Fortpfl anzungserfolg ihrer Gene erhöht. Vielmehr hat sich ein solches für den Gesamterfolg der Gene richtiges Verhalten durch die natürliche Selektion entwickelt, indem die Träger weniger »eigennütziger« Gene – und somit auch diese Gene selbst – relativ immer 303

onserfolg eines Tieres sinnvoll, sich an der Aufzucht verwandter<br />

Jungen zu beteiligen, wenn es selber nicht eigene<br />

aufziehen kann. Denn diese Jungen haben mit ihm zum<br />

Teil Gene gemeinsam : Falls keine Inzucht stattfi ndet, sind<br />

bei Vollgeschwistern, Kindern <strong>und</strong> Eltern 50 Prozent, bei<br />

Onkeln <strong>und</strong> Neff en 25 Prozent <strong>und</strong> bei Cousinen 12,5 Prozent<br />

der Gene im Durchschnitt völlig gleich oder »identisch«,<br />

wie häufi g gesagt wird. Die Gesamteignung eines<br />

Tieres ist demnach sein individueller Beitrag zur Fortpfl anzung<br />

seiner Gene zuzüglich des Beitrags, den es zur Fortpfl<br />

anzung der gleichen Gene durch verwandte Tiere leistet.<br />

Je verwandter also zwei Tiere sind, das heißt, je größer<br />

der Prozentsatz völlig gleichen Genmaterials ist, um<br />

so mehr »lohnt es sich« demnach für eins von beiden, die<br />

eigene womöglich erfolglose Reproduktion zurückzustellen<br />

zugunsten der erfolgreichen Aufzucht der Jungen des<br />

anderen. Die Wahrscheinlichkeit, daß die gleichen Gene,<br />

die es selbst besitzt, in die nächste Generation übergeführt<br />

werden, wird dadurch größer.<br />

Um eventuelle Mißverständnisse zu vermeiden : Wir dürfen<br />

uns keinesfalls vorstellen, daß die Tiere – oder auch der<br />

Mensch, für den das Konzept der Gesamteignung, falls es<br />

richtig ist, natürlich ebenfalls gelten muß – etwa wissen oder<br />

auch nur ahnen, was den Fortpfl anzungserfolg ihrer Gene<br />

erhöht. Vielmehr hat sich ein solches für den Gesamterfolg<br />

der Gene richtiges <strong>Verhalten</strong> durch die natürliche Selektion<br />

entwickelt, indem die Träger weniger »eigennütziger«<br />

Gene – <strong>und</strong> somit auch diese Gene selbst – relativ immer<br />

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