Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos

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09.12.2012 Aufrufe

prägte Toleranz des Alpha-Rüden seinem halbwüchsigen Imitator gegenüber war indessen auff allend. Auch bei anderen Aktivitäten im Rudel zeichneten sich die ranghohen Jungwölfe aus. Kam ein fremder Hund an den Zaun, wurde er zuerst und intensiv von den Ranghöchsten angegriff en, meistens gefolgt von den »Klein-Alphas«, während die älteren, aber rangniedrigen Rudelmitglieder eher abwartend und manchmal, wenn allein, sogar freundlich reagierten. Gleiches war häufi g zu beobachten, wenn es galt, Neues zu entdecken. Als ich zum Beispiel ein neues Tor zwischen dem großen und dem kleinen Gehege aufmachte, waren binnen Minuten die beiden Alpha-Wölfe durchgelaufen, gefolgt von einem weiteren ranghohen Rüden und den damaligen beiden »Klein-Alphas«. Einige der rangniedrigen Rudelmitglieder und erst recht die aus dem Rudel ausgeschiedenen »Prügelknaben« passierten das Tor hingegen erst nach Wochen. Einigkeit, so scheint es, macht auch bei Wölfen stark. Der Sturz des »Super-Alphas« Einigkeit macht aber auch gefährlich : auf der Jagd, im Kampf gegen Rudelfremde, beim Ausbau der eigenen Position in der Rangordnung. Davon mußte auch ich Kenntnis nehmen. An einem Nachmittag im Spätherbst 1972 hatte ich gerade meine vier alten »Oberwölfe« an die Leine gelegt, um mit ihnen eine Wanderung durch die Hochlagen des 250

Nationalparks zu machen. Da riefen mich Freunde oben von der Tribüne. So zog ich die Wölfe ins Gehege zurück, was sie nicht gerade freundlich aufnahmen. Diese Wanderungen waren für sie immer ein großes Ereignis, und das sollte nun off enbar doch nicht stattfi nden. Von der Kette befreit, stürzte sich Wölfchen, der Alpha-Rüde, als erster auf mich, sekundiert von Mädchen, dem Alpha-Weibchen. Näschen und Alexander hingegen gingen sofort weg : Es war nicht ihr Streit ; nicht ihre Stellung in der Rangordnung stand zur Disposition, sondern meine und damit auch die der beiden Ranghöchsten, die zuvor nur noch mich als so etwas wie einen »Super-Alpha« über sich gehabt hatten und diesen Zustand off ensichtlich nicht mehr hinnehmen wollten. Vereint griff en die beiden Alphas an. Selten sind mir Wölfe so groß vorgekommen. Gerade noch konnte ich einen Stock ergreifen und die beiden wütenden Wölfe stockschwingend auf Abstand halten. Ich schrie aus Leibeskräft en, zugleich aus Angst wie auch um den beiden ebenfalls Angst einzujagen. Ihre Nacken- und Rückenhaare standen hoch, was mir zeigte, daß sie nicht ganz ohne Hemmung angriff en, sondern auch Respekt vor meinem Gebrüll und wohl noch mehr vor meinem groben Stock hatten. Trotzdem schien sich ihre Wut nur noch zu steigern. Inzwischen waren alle Rudelmitglieder um uns versammelt, doch griff keines mit an. Off enkundig war ich im Rudel doch nicht ganz unpopulär. Die Angriff e Wölfchens und Mädchens reichten mir allerdings auch. Immer wieder mußte ich sowohl nach vorne 251

Nationalparks zu machen. Da riefen mich Fre<strong>und</strong>e oben<br />

von der Tribüne. So zog ich die Wölfe ins Gehege zurück,<br />

was sie nicht gerade fre<strong>und</strong>lich aufnahmen. Diese Wanderungen<br />

waren für sie immer ein großes Ereignis, <strong>und</strong> das<br />

sollte nun off enbar doch nicht stattfi nden. Von der Kette<br />

befreit, stürzte sich Wölfchen, der Alpha-Rüde, als erster<br />

auf mich, sek<strong>und</strong>iert von Mädchen, dem Alpha-Weibchen.<br />

Näschen <strong>und</strong> Alexander hingegen gingen sofort weg : Es<br />

war nicht ihr Streit ; nicht ihre Stellung in der Rangordnung<br />

stand zur Disposition, sondern meine <strong>und</strong> damit auch<br />

die der beiden Ranghöchsten, die zuvor nur noch mich als<br />

so etwas wie einen »Super-Alpha« über sich gehabt hatten<br />

<strong>und</strong> diesen Zustand off ensichtlich nicht mehr hinnehmen<br />

wollten.<br />

Vereint griff en die beiden Alphas an. Selten sind mir Wölfe<br />

so groß vorgekommen. Gerade noch konnte ich einen Stock<br />

ergreifen <strong>und</strong> die beiden wütenden Wölfe stockschwingend<br />

auf Abstand halten. Ich schrie aus Leibeskräft en, zugleich<br />

aus Angst wie auch um den beiden ebenfalls Angst einzujagen.<br />

Ihre Nacken- <strong>und</strong> Rückenhaare standen hoch, was<br />

mir zeigte, daß sie nicht ganz ohne Hemmung angriff en,<br />

sondern auch Respekt vor meinem Gebrüll <strong>und</strong> wohl noch<br />

mehr vor meinem groben Stock hatten. Trotzdem schien<br />

sich ihre Wut nur noch zu steigern. Inzwischen waren alle<br />

Rudelmitglieder um uns versammelt, doch griff keines mit<br />

an. Off enk<strong>und</strong>ig war ich im Rudel doch nicht ganz unpopulär.<br />

Die Angriff e Wölfchens <strong>und</strong> Mädchens reichten mir<br />

allerdings auch. Immer wieder mußte ich sowohl nach vorne<br />

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