Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos

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09.12.2012 Aufrufe

angriff . Alexander zeigte fast nur noch Imponierverhalten, griff aber Wölfchen kaum noch direkt an. Am 1. Oktober 1970 kam es dann zu dem erwarteten Machtkampf. Ich habe den Kampf leider nicht selber gesehen, aber der Tierwärter, Herr Zobel, ein sehr guter Beobachter, berichtete, daß Wölfchen Alexander plötzlich von hinten sehr hart angriff , sich festbiß und kräft iges Beißschütteln zeigte. Näschen stieß hinzu und kämpft e, etwas am Rande, gegen Wölfchen mit. Der Kampf dauerte ungefähr fünfzehn Minuten und soll sehr hart geführt worden sein. Es gelang Herrn Zobel nicht, trotz Einsatzes eines kräftigen Wasserstrahls, vor dem die Wölfe sich sonst fürchten, sie zu trennen. Im Laufe des Kampfes wurde Alexander an mehreren Körperstellen schwer verletzt. Er zog sich in den Stall zurück, wo er sich noch mehrere Stunden lang verteidigen mußte. Dies ist der einzige Ernstkampf aus meiner Erfahrung, bei dem ein Einzeltier sich gegen zwei Gegner durchsetzen konnte. Vermutlich hatte Näschen nicht sehr aktiv in den Kampf eingegriff en. Auch in den folgenden Tagen versuchte Wölfchen, jetzt neuer Alpha-Rüde, den verletzten Alexander im Stall anzugreifen. Alexander blieb ständig dort und wurde erst zwanzig Tage später wieder im Zwinger gesehen. Das Verhältnis zwischen Wölfchen und Näschen war ebenfalls durch häufi ge aggressive Auseinandersetzungen gekennzeichnet. Wieder war es der Rangniedrige, also Näschen, der die aktivere Rolle spielte. Er ging laut knurrend 224

und zähnebleckend auf Wölfchen zu, der dann meistens nur in Imponierhaltung den Kopf wegdrehte und so die Angriff e Näschens abblockte. War Näschen jedoch einen Augenblick unaufmerksam, griff ihn Wölfchen intensiv von hinten an und biß, nach dem Aufschrei und den heft igen Reaktionen Näschens zu schließen, sehr kräft ig zu. Es schien, als sei es Wölfchen durch diese »hinterhältigen« Angriff e gelungen, seine Position zu festigen. Im späteren Herbst war dann das Verhältnis zwischen den drei Rüden weitgehend stabil. In dem Maße, wie die Angriff e Wölfchens schwächer wurden, reagierten die beiden Subdominanten Rüden darauf mit Demutsverhalten statt mit Flucht oder Protest. Bald spielten alle Rüden wieder miteinander. Zwischen Näschen und Alexander gab es interessanterweise keine Rangdiff erenz. Nach dem verlorenen Machtkampf war Alexander nicht zum allgemeinen Prügelknaben geworden, wie wir es sonst bei ehemaligen Alpha-Tieren beobachtet haben. Vielmehr zeigte sich Näschen sehr besorgt um den verletzten Alexander. Er leckte ihm die Wunden und lag häufi g neben ihm im Stall. Versuchte Wölfchen, Alexander dort anzugreifen, kam Näschen sofort hinzu und griff Wölfchen protestierend an. Das Verhältnis zwischen den beiden rangniedrigeren Rüden entsprach ganz dem Verhältnis der drei Brüder untereinander, als Großkopf noch Alpha-Rüde gewesen war : geringe Aggressivität, geringe Individualdistanz, viel Spiel und freundliches Verhalten. 225

<strong>und</strong> zähnebleckend auf Wölfchen zu, der dann meistens<br />

nur in Imponierhaltung den Kopf wegdrehte <strong>und</strong> so die<br />

Angriff e Näschens abblockte. War Näschen jedoch einen<br />

Augenblick unaufmerksam, griff ihn Wölfchen intensiv von<br />

hinten an <strong>und</strong> biß, nach dem Aufschrei <strong>und</strong> den heft igen<br />

Reaktionen Näschens zu schließen, sehr kräft ig zu.<br />

Es schien, als sei es Wölfchen durch diese »hinterhältigen«<br />

Angriff e gelungen, seine Position zu festigen. Im späteren<br />

Herbst war dann das Verhältnis zwischen den drei<br />

Rüden weitgehend stabil. In dem Maße, wie die Angriff e<br />

Wölfchens schwächer wurden, reagierten die beiden Subdominanten<br />

Rüden darauf mit Demutsverhalten statt mit<br />

Flucht oder Protest. Bald spielten alle Rüden wieder miteinander.<br />

Zwischen Näschen <strong>und</strong> Alexander gab es interessanterweise<br />

keine Rangdiff erenz. Nach dem verlorenen Machtkampf<br />

war Alexander nicht zum allgemeinen Prügelknaben<br />

geworden, wie wir es sonst bei ehemaligen Alpha-Tieren<br />

beobachtet haben. Vielmehr zeigte sich Näschen sehr<br />

besorgt um den verletzten Alexander. Er leckte ihm die<br />

W<strong>und</strong>en <strong>und</strong> lag häufi g neben ihm im Stall. Versuchte Wölfchen,<br />

Alexander dort anzugreifen, kam Näschen sofort hinzu<br />

<strong>und</strong> griff Wölfchen protestierend an. Das Verhältnis zwischen<br />

den beiden rangniedrigeren Rüden entsprach ganz<br />

dem Verhältnis der drei Brüder untereinander, als Großkopf<br />

noch Alpha-Rüde gewesen war : geringe Aggressivität,<br />

geringe Individualdistanz, viel Spiel <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>liches<br />

<strong>Verhalten</strong>.<br />

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