Der Wolf Verhalten, Ökologie und Mythos

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09.12.2012 Aufrufe

alpartner äußern oder in der Bewegungsfreiheit bei rein sozialen Begegnungen. Je größer die Diff erenz zwischen dem Freiheitsraum der Partner ist, desto größer ist der Rangunterschied. Wir werden später sehen, daß es nur ausnahmsweise, etwa in der Beziehung zwischen jungen Welpen und erwachsenen Wölfen, vollständige Dominanzbeziehungen gibt. In den allermeisten sonstigen Zweierbeziehungen ist der eigene Freiheitsraum stets durch den des anderen mehr oder weniger eingeschränkt. Selbstsicherheit, Hemmung und Angst im Umgang mit Artgenossen drücken sich bei vielen höher entwickelten Arten, so auch in besonderem Ausmaß bei Wölfen, in Körperhaltung und Bewegung aus. Am Ausdrucksverhalten der beteiligten Tiere läßt sich also ebenfalls ihre Rangbeziehung erkennen. Aus dem vorigen Kapitel wissen wir, daß der ranghöhere Wolf zum Beispiel Schwanz und Kopf höher trägt, der rangunterlegene dagegen die Beine einknickt und bei großer Unsicherheit den Schwanz zwischen die Beine klemmt. Das Gleichgewicht zwischen dem eigenen Freiheitsraum und dem des Partners ist nicht stabil, sondern häufi gen Verschiebungen unterworfen durch die Tendenz beider Partner, ihren Freiheitsraum zu erweitern. Dabei sind manche Gleichgewichtszustände stabiler als andere. Stabil sind vor allem die objektbezogenen Beziehungen, bei denen es den Partnern nur darum geht, den eigenen Freiheitsraum zu halten oder zu erweitern im Interesse des Zugangs zu einem bestimmten Objekt, nicht aber darum, den Freiheitsraum 188

des anderen zu verringern. Dies ist typisch für die Futterkonkurrenz. Ein Welpe ist daran interessiert, selbst zu fressen, nicht aber daran, den anderen vom Futter fernzuhalten, solange er nur selbst genug bekommt. Die Beziehungen im rein sozialen Bereich, die nicht unmittelbar durch einen Konfl ikt in Zusammenhang mit dem Zugang zu einem Objekt entstehen, sind hingegen anderer Art. Hier beobachten wir neben der Tendenz, den eigenen Freiheitsraum auszuweiten, auch den Versuch, den des Partners einzuschränken. Diese Beziehungen sind besonders labil. Off ensichtlich ist hier die Interessenlage anders, und in der Tat werden wir am Ende erkennen, daß es für manche Wölfe von Vorteil ist, andere zu unterdrücken. Wir werden weiter sehen, daß die Beziehungen zwischen zwei Wölfen auch abhängig sind von deren jeweiligen Beziehungen zu einem dritten Wolf. Die Rangordnung zwischen allen Wölfen eines Rudels ist also mehr als nur die Summe aller Zweier-Rangbeziehungen. Nach der Defi nition der Rangbeziehungen ist die Einschätzung der vermeintlichen Stärke des Gegners abhängig von der Situation. Scott und Fuller haben demnach nicht die soziale Rangordnung ihrer Welpengruppen untersucht, sondern die Futter-Rangordnung. Sicherlich bestehen Querverbindungen zwischen den unterschiedlichen Situations-Rangordnungen ; sie müssen aber nicht gleichartig sein, wie viele Beobachtungen an den Wölfen zeigten. Ein im sozialen Geschehen unterlegener Wolf kann ohne weiteres über längere Zeitspannen erfolgreich den Vortritt 189

des anderen zu verringern. Dies ist typisch für die Futterkonkurrenz.<br />

Ein Welpe ist daran interessiert, selbst zu fressen,<br />

nicht aber daran, den anderen vom Futter fernzuhalten,<br />

solange er nur selbst genug bekommt.<br />

Die Beziehungen im rein sozialen Bereich, die nicht unmittelbar<br />

durch einen Konfl ikt in Zusammenhang mit dem<br />

Zugang zu einem Objekt entstehen, sind hingegen anderer<br />

Art. Hier beobachten wir neben der Tendenz, den eigenen<br />

Freiheitsraum auszuweiten, auch den Versuch, den des<br />

Partners einzuschränken. Diese Beziehungen sind besonders<br />

labil. Off ensichtlich ist hier die Interessenlage anders,<br />

<strong>und</strong> in der Tat werden wir am Ende erkennen, daß es für<br />

manche Wölfe von Vorteil ist, andere zu unterdrücken. Wir<br />

werden weiter sehen, daß die Beziehungen zwischen zwei<br />

Wölfen auch abhängig sind von deren jeweiligen Beziehungen<br />

zu einem dritten <strong>Wolf</strong>. Die Rangordnung zwischen allen<br />

Wölfen eines Rudels ist also mehr als nur die Summe aller<br />

Zweier-Rangbeziehungen.<br />

Nach der Defi nition der Rangbeziehungen ist die Einschätzung<br />

der vermeintlichen Stärke des Gegners abhängig<br />

von der Situation. Scott <strong>und</strong> Fuller haben demnach<br />

nicht die soziale Rangordnung ihrer Welpengruppen untersucht,<br />

sondern die Futter-Rangordnung. Sicherlich bestehen<br />

Querverbindungen zwischen den unterschiedlichen<br />

Situations-Rangordnungen ; sie müssen aber nicht gleichartig<br />

sein, wie viele Beobachtungen an den Wölfen zeigten.<br />

Ein im sozialen Geschehen unterlegener <strong>Wolf</strong> kann ohne<br />

weiteres über längere Zeitspannen erfolgreich den Vortritt<br />

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