09.12.2012 Aufrufe

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kapitel 3<br />

len wie verbalen Äußerungen, was nach Denzin (1992: 52f) erlaubt, wichtige Aspekte der frühkindlichen Kommunikation<br />

wie die ‚stillschweigenden’ gestischen Komponenten der zwischenmenschlichen Kommunikation in<br />

den Blick zu nehmen. Denzin (1992: 52) betrachtet die Sprache als<br />

„situated production“ which varies by the definitions given objects, selves, others, time-place, and the social<br />

relationship between speakers”.<br />

Sie besteht aus einem komplexen gestischen System, dass mittels symbolischer Interaktion geschaffen und aufrechterhalten<br />

wird. Das Neugeborene und das heranwachsende Kind nehmen die Gesten, Signale, Zeichen und<br />

Hinweise der es umgebenden Bezugspersonen auf und lernen nach und nach, diese auf sich zu beziehen, ihre<br />

Bedeutung zu verstehen und sie in den Interaktionen mit ihren Bezugspersonen auf intelligente Art und Weise zu<br />

nutzen. Anfangs beschränken sich die kommunikativen Ausdrucksmöglichkeiten <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> auf Gesten und einfachste<br />

Lautäußerungen wie das Plappern. Diese müssen zunehmend mit der Erwachsenensprache in Einklang<br />

gebracht werden, über Wortsätze und Gesten bis zum instrumentellen Wortgebrauch und schließlich zu komplizierteren<br />

Redeformen (s. Lin<strong>des</strong>mith et al. 1999: 195ff). Wiley (2003: 509) verweist auf die Rolle <strong>des</strong> inneren<br />

Dialogs, zu dem Babys schon fähig sind. Carreira da Silva (2008: 146ff) macht auf drei unterschiedliche<br />

Sprachmodi aufmerksam, die Mead im Rahmen seiner Vorlesungen ausgearbeitet hat. Es handelt sich um<br />

sprachliche Interaktionsformen, die sowohl als Phasen der sozialen Evolution wie als Phasen <strong>des</strong> Sprechaktes<br />

betrachtet werden können. Es geht hierbei um den imperativen Modus, den konjunktiven und optativen Modus<br />

und den indikativen Modus. Diese Modi bringen eine wichtige Funktion der Sprache zum Ausdruck. Die Sprache<br />

verweist auf das in einer sozialen Situation Geforderte, indem die Sprache eine ‚Identität in der Vielfalt’ ermöglicht<br />

(s. ISS: 160). So gesehen, stellen die drei Modi unterschiedliche Handlungsweisen innerhalb einer<br />

Handlung dar. Der imperative Modus beinhaltet eine Form der Anweisung, der konjunktive und optative Modus<br />

zeigt mögliche Handlungsalternativen auf, und im indikativen Modus finden sich Hinweise auf die Entscheidung<br />

(s. ISS: 160f). Diese Modi gestatten, dass der Mensch sich selbst und Anderen gegenüber alternative Handlungsverläufe<br />

zum Ausdruck bringen kann und dass er hierbei über ein gewisses Maß an Autonomie verfügt. Alle drei<br />

Sprachmodi sind in Bezug auf das pflegerische Handeln wichtig.<br />

Sprachliche Symbole in Form von Gesten, Worten etc. sind die Voraussetzung dafür, dass Menschen ihre Erfahrung<br />

kontrollieren. Ähnliches gilt für Images 35 . Erst das im Wesentlichen symbolische Denken versetzt uns in<br />

die Lage, unser Tun zu analysieren, zu rekonstruieren und unsere Erfahrungen auf individuelle Art und Weise<br />

anzupassen. Nur das symbolische Denken ermöglicht ein Selbstbewusstsein, das dem Einzelnen als Individuum<br />

<strong>zur</strong> Verfügung steht. Erfahrungen, die tief in unbewusste Gewohnheiten eingelagert sind, die also nie vom Objekt<br />

der Handlung getrennt worden sind, können nach Mead (2001a: 50)<br />

„nicht zum Individuum im vorübergehenden Moment seiner flüchtigen Existenz gehören“.<br />

Die Funktionsweise von Images besteht darin, dass sie das, was in unserer Vorstellung liegt, und damit die Richtung<br />

der Schritte vorgeben, mittels derer wir uns einem Objekt nähern. Damit wir zum Handeln veranlasst werden,<br />

müssen die in einem spezifischen Umfeld bzw. in einer konkreten Situation erfolgenden Handlungen für<br />

etwas stehen, was für uns von Bedeutung ist oder einen Wert hat. Es reicht nicht, dass ein Objekt als Anlass für<br />

ummittelbares Handeln dient, es muss auch als Mittel der Abstimmung und Anpassung verschiedener Impulse<br />

dienen. Die Beziehung zwischen der Umgebung und den gegenwärtigen Impulsen muss so sein, dass sie eine direkte<br />

Rekonstruktion und nicht nur eine einfache Vermittlung erfordert. Menschen sind in der Lage, eine andere<br />

35<br />

Da die Symbole, mittels derer wir denken, größtenteils als Wortsymbole verstanden werden, sind Ideen und Images ‚blutsverwandt’.<br />

Diese Beziehung ist die gleiche wie die zwischen dem gesprochenem oder geschriebenem Wort und <strong>des</strong>sen Sinn.<br />

Mead (PP: 97) hebt zwei Aspekte hervor, einmal den Sinn als inneren Aspekt eines Wortes oder Images, zum anderen die<br />

Haltungen bzw. organisierten Antworten beim Auswählen von Merkmalen eines Dings, wenn sie von der Situation, in der sie<br />

stattfinden, losgelöst werden. Vor allem aus unseren gewohnheitsmäßigen Antworten in Bezug auf vertraute Objekte bilden<br />

sich unsere Ideen von diesen Objekten. Mead hebt im Weiteren hervor, dass der Mensch <strong>zur</strong> gleichen Zeit zwei Perspektiven<br />

einnehmen kann. Dies ist aber nur ein weiterer Aspekt der Entwicklung und eng mit der sprachlichen Entwicklung verbunden.<br />

85

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!