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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 3<br />

107; PP: 65). Das Kind entwickelt durch seine Erfahrungen mit der Umwelt und sein Sich-in-Beziehung-Setzen<br />

mit den Dingen und Menschen allmählich ein Gefühl für seinen eigenen Körper. Die es umgebenden Objekte<br />

werden von ihm zunächst im Sinne von gut oder böse bzw. angenehm oder unangenehm gefühlt. Hierbei unterstellt<br />

es nach Mead Akzeptanz und Ablehnung und schreibt diesen beiden Haltungen Freude und Missvergnügen<br />

zu. Weiter setzt es voraus, dass körperliche Zustände in seine Erfahrungen und damit in die Auseinandersetzung<br />

mit der umgebenden Umwelt und die Bedingungen seines Lebensprozesses involviert sind (s. PP: 92). Über diese<br />

zunächst gefühlsmäßige Wahrnehmung der Welt gelangt das Kind zu einer Vorstellung von sich selbst als<br />

Objekt, das wie andere Dinge über die Zeit andauert. (s. PP; MSS / GIG, PA).<br />

Im Rahmen der Auseinandersetzung mit den umgebenden Dingen wird das Kind mehr und mehr ein Teil der es<br />

umgebenden Objektwelt. Mit der Entwicklung <strong>des</strong> Gehirns kommt es <strong>zur</strong> Entwicklung der Distanzsinne und damit<br />

<strong>zur</strong> Herausbildung der Unterscheidungsfähigkeit und späteren Urteilsfähigkeit. Wenn die Distanzsinne <strong>des</strong><br />

heranwachsenden Kin<strong>des</strong> leistungsfähiger werden und sich verfeinern, können die Kontakterfahrungen, auf die<br />

es reagiert, verzögert werden, wodurch sich die Möglichkeiten <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> <strong>zur</strong> Anpassung und <strong>zur</strong> Auswahl entsprechender<br />

Verhaltensweisen erhöhen. Mit der Ausbildung der Distanzsinne und –erfahrungen gehen auch Erfahrungen<br />

von Trennung einher, nämlich zwischen dem Inhalt der Distanzerfahrung und der entsprechenden<br />

Reaktion. In dem Moment, wo sich das Kind selbst zum Gegenstand seiner Distanzerfahrungen macht, wird es<br />

seiner selbst bewusst, ein Vorgang, der aus der zunehmenden Beherrschung der menschlichen Kommunikation<br />

erwächst. Aus dem Erwachen verzögerter und wechselseitig in Konflikt stehender Handlungsmöglichkeiten entsteht<br />

nach und nach das Material für Vorstellungen. Die das Kind umgebende Welt, d.h. die in seinem Wahrnehmungsbereich<br />

befindlichen Objekte mit ihren unterschiedlichen Qualitäten treten damit in seinen Bewusstseinsbereich<br />

ein. Die Fähigkeit <strong>des</strong> Menschen, sich mit einem Objekt zu identifizieren, schafft die Voraussetzung<br />

für Selbstreflexivität. Diese wird im Laufe der menschlichen Entwicklung ausgebildet. Identifikation mit etwas<br />

liefert nach McCarthy (1984: 115) das Mittel, über das der Einzelne von einem Wissen über das Innere von Dingen<br />

zu einem Inneren <strong>des</strong> eigenen körperlichen Selbst gelangen kann, und zwar als Bewegung vom Objekt zum<br />

Subjekt, vom Anderen zu mir. Hierdurch wird die Identifikation <strong>des</strong> Selbst als körperbezogenes Ding mit einem<br />

Handlungszentrum bestätigt, und zwar über die Objekte, mit denen das Kind umgeben ist und die es nutzt (s.<br />

McCarthy 1984: 115). Diesen Objekten kommt bei der Darstellung <strong>des</strong> eigenen Selbst Anderen gegenüber ein<br />

affektiver Inhalt zu, weil sie eng mit seinem Selbstgefühl, z.B. mit dem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten,<br />

verbunden sind. Die Identifikation <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> mit den umgebenden physischen und personalen Objekten ist eine<br />

Voraussetzung für die Selbstdefinition und für das Erleben von Kontinuität. Das Kind ebenso wie der erwachsene<br />

Mensch vermittelt den Anderen einen Begriff von sich durch die von ihm benutzten körperlichen Gesten,<br />

sprachlichen Äußerungen und physischen Objekte. Das Selbst <strong>des</strong> Menschen erhält sein Gefühl für Stabilität und<br />

Konsistenz aus einer Umwelt, die gefüllt ist mit vertrauten Objekten. Für die Entwicklung <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> beinhaltet<br />

die Erfahrung <strong>des</strong> Vertrauten ein Gefühl der ‚me-ness’, was erklärt, dass das nicht Vertraute beunruhigend ist.<br />

Das Gefühl <strong>des</strong> Vertrauten ist aber die Vorbedingung für die Erfahrung <strong>des</strong> Ungewohnten, Neuen oder Fremden.<br />

Kinder können die Konfrontation mit etwas Neuem oder Fremdem als Störung ihres ‚Eingebettetseins’ erleben,<br />

was die sog. Trennungsangst erzeugen kann. Wird das Neue oder Fremde von Neugier und dem Wunsch begleitet,<br />

sich damit in Beziehung zu setzen, kann der Kontakt mit der physischen Umwelt ausgedehnt und vertieft<br />

werden und insofern auch das Gefühl der eigenen Handlungsfähigkeit (activity mastery) und der Identifikation<br />

mit der Objekt-Welt begründen (McCarthy 1984: 117).<br />

Für die Herausbildung eines Selbst, Selbstkonzepts und Körperbilds kommt den wahrnehmbaren Objekten eine<br />

zentrale Bedeutung zu, insofern sie bei der aktiven Aneignung der Welt durch das Kind eine wichtige Rolle spielen.<br />

Bei der aktiven Erfahrung der Welt fallen sie für das Kind in den Bereich <strong>des</strong> sich herausbildenden menschlichen<br />

Bewusstseins und bilden <strong>des</strong>sen Grundlage. In diesem Sinne müssen Distanzerfahrungen als Versprechen<br />

oder Drohung einer Kontakterfahrung verstanden werden. In diese Objekte kommt das Phänomen <strong>des</strong> Zukünfti-<br />

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