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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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EINLEITENDES VORWORT:<br />

Vorwort<br />

Die vorliegende Arbeit ist das Ergebnis meiner langjährigen Beschäftigung mit dem Phänomen der menschlichen<br />

Pflege, dem ich mich aus höchst unterschiedlichen Perspektiven genähert habe. Das Ziel der Arbeit besteht<br />

darin, meine Ende der 1980er Jahre begonnene Arbeit an einer handlungstheoretischen Reformulierung <strong>des</strong> Pflege-<br />

und Lebensmodells von Nancy Roper, Winifried Logan und Alison Tierney (im folgenden RLT-Modell)<br />

fortzusetzen und zu einem Abschluss zu bringen. Eine erste, noch sehr vorläufige Idee hierzu habe ich in meinem<br />

2001 veröffentlichten Artikel ‚Chirurgie und Pflege – Grundzüge einer Theorie <strong>des</strong> pflegerischen Handelns’<br />

(Mischo-Kelling 2001a) vorgelegt. Den Anstoß, mich mit dem RTL-Modell, <strong>des</strong>sen Grundlage Nancy Roper<br />

(1976) mit ihrer empirischen Untersuchung1 (1970-74) legte, zu befassen, erhielt ich im Rahmen meiner Tätigkeit<br />

als wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem Krankenhaus in der Zeit von 1986 bis 1990. Meine Aufgabe<br />

bestand in der Entwicklung und Umsetzung eines ‚ganzheitlichen’ Pflegekonzepts2 . Diese Arbeit und die dabei<br />

gesammelten Erfahrungen lenkten meine Aufmerksamkeit auch auf die Konzepte <strong>des</strong> Selbst, <strong>des</strong> Selbstkonzepts<br />

und <strong>des</strong> Körperbilds, in denen ich wichtige Konzepte zum Verständnis <strong>des</strong> Handelns einer professionellen Pflegekraft,<br />

ebenso wie zum Verständnis <strong>des</strong> Handelns <strong>des</strong> zu pflegenden Menschen selbst erkannte (s. Mischo-<br />

Kelling 1989, 1994, 2001a, b).<br />

Die Wahl <strong>des</strong> RLT-Modells als Grundlage der Vermittlung <strong>des</strong> Pflegeprozesses lag für mich damals, d.h. 1987,<br />

aus mehreren Gründen nahe:<br />

1. Es war das erste vollständig ins Deutsche übersetzte Pflegemodell und konnte insofern von allen Pflegekräften<br />

gelesen werden.<br />

2. Das Modell ist verständlich, gut darstellbar, und die einzelnen Konzepte3 sind relativ konkret und anschaulich.<br />

Der Transfer der Konzepte in die Pflegepraxis schien auf den ersten Blick unproblematisch.<br />

3. Andere Pflege<strong>theorie</strong>n waren Mitte der 80er Jahre nur in äußerst komprimierten Zusammenfassungen<br />

(als Manuskripte für Seminare, Mitschriften, Fachzeitschriftenartikel) oder in der Originalsprache erhältlich.<br />

Der Zugang zu den Originaltexten war für viele Pflegekräfte aufgrund der sprachlichen Barriere<br />

nicht möglich und auch für diejenigen, die der englischen Sprache mächtig waren, äußerst beschwerlich.<br />

4. Eine Übersetzung anderer Pflege<strong>theorie</strong>n war nicht in Sicht, da das Interesse der Verlage an der Übersetzung<br />

von Pflege<strong>theorie</strong>n gering war. (Dies hat sich inzwischen geändert.)<br />

Die Erfahrungen, die ich bei der Vermittlung und Umsetzung <strong>des</strong> Pflegeprozesses auf der Basis dieses Modell<br />

machte, zeigten mir, dass sich das theoretische Wissen etwa in Form <strong>des</strong> RLT-Modells oder <strong>des</strong> Pflegeprozesses<br />

nicht ohne weiteres in die Praxis umsetzen ließ4 . Obwohl mir bewusst war, dass durch die mir gestellte Aufgabe<br />

die bisherige Arbeitsbasis der Pflegekräfte in Frage gestellt wurde, konnte ich deren Reaktionen aufgrund der<br />

1 Der erste europäische Studiengang in der Pflege wurde 1960 an der <strong>Universität</strong> Edinburgh, Schottland, eingerichtet (s.<br />

Roper et al. 2000: 2f). Roper veröffentlichte die Ergebnisse ihrer ‚Master-Arbeit‘ an der <strong>Universität</strong> Edinburgh 1976 unter<br />

dem Titel ‚Clinical Experience in Nurse Education’. Laut Alison Tierney (2006: 102f) wurde der Fachbereich Pflegestudien<br />

schon 1956 an der <strong>Universität</strong> von Edinburgh eingerichtet.<br />

2 Die Krankenhäuser als primäre Ausbildungsstätten für die Berufe in der Krankenpflege sollten sich spätestens nach Inkrafttreten<br />

<strong>des</strong> Krankenpflegegesetzes (KrPFlG) am 4. Juni 1985 und der Verabschiedung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung<br />

(KrPflAprV, Harsdorf/Raps 1986) am 16. Oktober 1985 verpflichtet fühlen, die Einführung <strong>des</strong> Pflegeprozesses auf den<br />

Stationen sicherzustellen. Insofern kann das Projekt auch als wichtige Maßnahme der Krankenhausleitung und <strong>des</strong> Krankenhausträgers<br />

verstanden werden, den veränderten Anforderungen an die Krankenpflegeausbildung Rechnung zu tragen.<br />

3 Die deutsche Entsprechung <strong>des</strong> englischen Wortes ‚concept‘ wird im PONS (2003: 164) mit 1. Vorstellung, Idee und 2. mit<br />

Entwurf, Konzept, Plan angegeben. Auf die Problematik der Übersetzung dieses Wortes hat Claudia Bischoff-Wanner (2002:<br />

25) hingewiesen, wonach der englische Begriff ‚concept‘ nicht dem deutschen Begriff ‚Konzept‘ entspricht, auch wenn das<br />

Wort sowohl ‚Begriff‘ als auch ‚Konzept‘ heißen kann. Sie verweist auf die Kontextabhängigkeit der Verwendung von Begriffen.<br />

Mit Blick auf das RLT-Modell ist es sinnvoll von einem Konzept zu sprechen.<br />

4 Ich stellte immer wieder fest, dass das Tempo der Lernprozesse bei den Pflegekräften wie auch bei den MitarbeiterInnen<br />

der anderen Gesundheitsberufe sich nicht an zuvor fixierten Zeitgrenzen orientierte, auch weil diese Prozesse nicht auf kognitive<br />

Lernprozesse reduziert werden konnten. Weiter beobachtete ich, dass das vermittelte Wissen, das um die Elemente der<br />

Selbst- und Körpererfahrung ergänzt wurde, nicht unmittelbares Handlungswissen produzierte, das im Berufsalltag sofort <strong>zur</strong><br />

Anwendung kommen konnte.<br />

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