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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 3<br />

3.1.3 ZUR PSYCHOLOGIE DES SELBSTKONZEPTS UND IHRES EINFLUSSES AUF DIE PFLEGEWIS-<br />

SENSCHAFT<br />

Nach Sigrun-Heide Filipp (1985: 347) beginnt die systematische Erforschung <strong>des</strong> Selbst auch im Bereich der<br />

Psychologie mit der Arbeit von James (1890). So gehe die konzeptionelle Unterscheidung eines Selbst als erkennen<strong>des</strong><br />

Subjekt (englisch ‚I’) und eines Selbst als Objekt der Erkenntnis (englisch ‚me’) auf ihn <strong>zur</strong>ück. Insbesondere<br />

mit dem letzteren Aspekt beschäftige sich die Psychologie seit langer Zeit. Erst in jüngster Zeit habe<br />

das Selbst als erkennen<strong>des</strong> Subjekt erneutes Interesse gefunden. Von den verschiedenen Zugängen zum Selbst<br />

hebt Filipp denjenigen hervor, der davon ausgeht,<br />

„dass es sich beim Selbstkonzept um nichts anderes handelt als um die nach bestimmten kognitionspsychologischen<br />

Gesetzmäßigkeiten aufgebauten Wissensbestände über die eigene Person. Selbstkonzepte werden<br />

als das Produkt der Verarbeitung selbstbezogener Informationen aufgefasst und als eine innerhalb der Wissensstruktur<br />

jeder Person besonders geschützte Domäne betrachtet. Als selbstbezogenes Wissen stellen sie<br />

aber zugleich auch das Format dar, demgemäß nachfolgende selbstbezogene Informationen verarbeitet werden,<br />

und so steuern sie auch den Prozess der Konzeptbildung über die eigene Person. Mit der Betonung dieser<br />

dualen Perspektive, d.h. einer produkt- und einer prozessorientierten Betrachtung von Selbstkonzepten,<br />

ist die frühere Differenzierung <strong>des</strong> ‚self-as-object’ und <strong>des</strong> ‚self-as-subject’ (‚me/I’) in anderem begrifflichen<br />

Gewand wieder in die Forschung <strong>zur</strong>ückgekehrt“. (Filipp 1985: 348)<br />

Für die angestrebte handlungstheoretische Reformulierung <strong>des</strong> RLT-Modells ist interessant, dass das Selbst hier<br />

als das Produkt der Verarbeitung von zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügbaren selbstbezogenen Informationen<br />

verstanden wird, aus denen sich das selbstbezogene Wissen speist, und als Produkt der Prinzipien, nach denen<br />

die Verarbeitung selbstbezogener Informationen jeweils erfolgt (s. Filipp 1985: 349). Filipp hebt eine der<br />

oben erwähnten Dimensionen <strong>des</strong> Selbstkonzepts hervor und nennt als Quellen selbstbezogenen Wissens in erster<br />

Linie die soziale Umwelt, sei es über verbale Zuschreibungen oder über interaktive Verhaltensweisen. Weiter<br />

betont sie, dass die soziale Umwelt den referentiellen Rahmen absteckt, innerhalb <strong>des</strong>sen Prozesse <strong>des</strong> Sich-<br />

Vergleichens oder Verglichen-Werdens ablaufen, und dass davon in hohem Maße bestimmt wird, was Menschen<br />

über sich in Erfahrung bringen. Der Stand der Forschung <strong>zur</strong> Verarbeitung selbstbezogener Informationen lege<br />

nahe, dass Informationen über die eigene Person ‚heiß’ sind und dass deren Verarbeitung durch affektivmotivationale<br />

Vorgänge gesteuert wird. Kontrovers hingegen werde die Frage der verhaltensregulativen Bedeutung<br />

von Selbstkonzepten diskutiert. Nach Filipp (1985: 351)<br />

„[stellen] Selbstkonzepte eine unverzichtbare Wissensbasis für den Akteur dar, auf die er potenziell in allen<br />

Phasen <strong>des</strong> Handlungsprozesses <strong>zur</strong>ückgreifen kann. Wenn Handlungsalternativen gewichtet, Handlungsziele<br />

formuliert und Handlungsergebnisse bewertet werden, sollte der reflexive Rückbezug vom Akt zum Akteur<br />

allgegenwärtig sein“.<br />

Oder in anderen Worten, Selbstkonzepte haben als reflexive Orientierungspunkte eine handlungsregulierende<br />

Bedeutung.<br />

Die neueren Entwicklungen in der Psychologie referiert Hans Dieter Mummendey (2006) in seinem Buch ‚Psychologie<br />

<strong>des</strong> ‚Selbst’. Er stellt gleich zu Anfang fest, dass der Begriff <strong>des</strong> ‚Selbst’ in der Psychologie inflationär<br />

gebraucht wird und für alles und vieles zu stehen scheint. Bei der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem,<br />

was leichtfertig als ‚Selbst’ bezeichnet wird, gehe es darum, sich einen Begriff von der eigenen Person zu machen,<br />

mithin um Prozesse der Selbstkonzeptualisierung. Hierbei geht es im weitesten Sinn um Antworten auf die<br />

Fragen, wer und was ich bin, glaube ich zu sein oder möchte ich sein. Zur Beschreibung dieser Prozesse eignet<br />

sich der Begriff <strong>des</strong> Selbstkonzepts besser als der Begriff <strong>des</strong> Selbst. Für Mummendey (2006: 38) ist das Selbstkonzept<br />

einer Person<br />

„die Gesamtheit (die Summe, das Ganze, der Inbegriff usw.) der Einstellungen <strong>zur</strong> eigenen Person“.<br />

Die Vorteile, die die Auffassung, Selbstkonzepte als Einstellungen zu betrachten, mit sich bringe, sind ihm zufolge<br />

etwa, dass das Selbstkonzept so an den bewährten psychologischen Einstellungsbegriff anknüpft oder dass<br />

es die systematische Anwendung und Übertragung einer Reihe von Messinstrumenten <strong>zur</strong> Beschreibung und<br />

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