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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 2<br />

Dabei unterschätzen die Autorinnen jedoch die Möglichkeiten, die den Pflegekräften <strong>zur</strong> Entwicklung <strong>des</strong> eigenständigen<br />

Bereichs der Pflege <strong>zur</strong> Verfügung stehen, ein bis heute in der Pflegeforschung stark vernachlässigter<br />

Aspekt von außerordentlicher gesellschaftlicher und politischer Relevanz, wie am Beispiel der Finanzierung von<br />

Pflegeleistungen aufgezeigt werden kann (s. auch Roper et al 1980, 1990, 1994: 461).<br />

2.3.1 ZUR ALLGEMEINEN REZEPTION UND KRITIK<br />

Webb (1986: 9) bezeichnet das RLT-Modell als reduktionistisch, da es den Menschen auf die zwölf AL reduziere,<br />

auch wenn der Mensch von Roper/Logan/Tierney als ein ganzheitliches Wesen im Sinne der Berücksichtigung<br />

bio-psycho-sozialer Aspekte gesehen werde. Die biologischen Aspekte <strong>des</strong> Lebens würden in der ersten<br />

Version <strong>des</strong> Pflegemodells (1980) jedoch stärker betont als die psychologischen und sozialen Aspekte, was einer<br />

ganzheitlichen Sicht eher widerspreche. In die gleiche Richtung weist die Kritik von Chapman (1986: 13), die in<br />

ihrer Analyse die Arbeiten von Roper et al. bis 1983 reflektiert. Binnie 47 (1987: 88) kommt zu dem Ergebnis,<br />

dass es sich bei den genannten zwölf AL, auch wenn sie psychologische und soziologische Komponenten beinhalten,<br />

im wesentlichen um ‚körperliche Aktivitäten <strong>des</strong> Lebens’ handele, wohingegen geistige Aktivitäten vernachlässigt<br />

würden. Diese Kritik ist schwer nachzuvollziehen, da z.B. die AL ‚Kommunizieren’ nicht nur eine<br />

körperliche Dimension hat, sondern ein wesentliches Medium ist, um den Menschen als gesellschaftliches Wesen<br />

auszuweisen. Darüber hinaus hat diese Aktivität eine spirituelle Dimension. Auch die anderen Aktivitäten<br />

haben neben der körperlichen eine geistige und psychische Dimension. Die Vielfalt der möglichen Handlungsmuster<br />

wird allerdings erst im Zusammenspiel der verschiedenen Konzepte sichtbar, ein Punkt, auf den Roper et<br />

al. in ihren Veröffentlichungen immer wieder hinweisen (s. z.B. Roper 1996b, 2000).<br />

Insgesamt erscheinen die fünf untereinander in Beziehung stehenden Konzepte <strong>des</strong> RLT-Modells einigen Autorinnen<br />

und Autoren als zu einfach, um die Komplexität pflegerischer Phänomene beschreiben zu können (s. hierzu<br />

Marriner-Tomey 2002, Roper et al. 2000, Bellmann 1996). Andere meinen, dass die Reichweite <strong>des</strong> Modells<br />

zu gering sei. Das Modell könne insofern eher in einem institutionellen Kontext und weniger in der ambulanten<br />

Pflege Anwendung finden (s. zusammenfassend für den britischen Kontext Page 1995).<br />

Wie unter Punkt 2.2.1 erwähnt, finden sich in der ersten Auflage der ‚Elements of Nursing’ von Roper et al.<br />

(1980) noch Aktivitäten wie präventive, zum Wohlbefinden beitragende und erkundende/erforschende Aktivitäten<br />

(s. auch Roper 1976a, b), die in den folgenden Überarbeitungen <strong>des</strong> Lebens- und Pflegemodells nicht mehr<br />

genannt werden. Ein Grund für diesen Verzicht bei der Beschreibung <strong>des</strong> menschlichen Handelns könnte darin<br />

liegen, dass die Beziehung zu den einzelnen AL nicht klar ist, oder aber darin, dass diese Aktivitäten von der<br />

Pflegekraft wahrgenommen werden, wenn sie sich bei der Pflege <strong>des</strong> Patienten auf <strong>des</strong>sen Ausübung der AL bezieht<br />

und ihn dabei unterstützt, einen möglichst hohen Grad an Unabhängigkeit zu erhalten. Dies kann dort der<br />

Fall sein, wo der Patient medizinische Hilfe nachfragt (s. z.B. Watkins 1987: 58). Das Weglassen dieser Aktivitäten<br />

ist in<strong>des</strong>sen nicht nachvollziehbar. Die hierunter fallenden Aktivitäten verweisen auf die für das Leben<br />

wichtige Kompetenz eines Menschen, für die eigene Pflege selbst aufzukommen.<br />

Weiter kommt im Pflegemodell die Erklärung zu kurz, in welcher Beziehung die von der Pflegekraft übernommenen<br />

Aktivitäten zu den einzelnen Konzepten <strong>des</strong> Pflegemodells stehen. Ebenso bleibt unklar, in welchem<br />

Verhältnis das auf die eigene Person bezogene pflegerische Handeln <strong>des</strong> Menschen/Patienten und das pflegerische<br />

Handeln der Pflegekraft zueinander stehen. Generell kann gesagt werden, dass das Verhältnis Pflegekraft-<br />

Patient, d.h. die Rollen, die beiden innerhalb der Beziehung zukommen, von Roper/Logan & Tierney in den verschiedenen<br />

Fassungen <strong>des</strong> Lebens- und Pflegemodells mehr oder weniger vernachlässigt werden. Der Fokus<br />

wird eher auf die vom Patienten eingenommene Rolle gelegt. Sie sprechen zwar immer wieder von den Aufga-<br />

47<br />

Sie greift auf die Arbeit von Roper (1976a) sowie auf die Arbeiten von Roper/Logan/Tierney aus den Jahren 1980 und<br />

1981 <strong>zur</strong>ück.<br />

54

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