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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 2<br />

Während die Organisationsformen der Pflege nach Roper et al. die Mittel zu Schaffung der Bedingungen für eine<br />

individualisierte, auf den zu pflegenden Menschen bezogene Pflege bereitstellen, steht seit der Einführung <strong>des</strong><br />

Pflegeprozesses ein systematischer und strukturierter Ansatz für eine patientenbezogene Pflege <strong>zur</strong> Verfügung.<br />

Allerdings ist dieses Instrument, wenn es sinnvoll sein soll, auf einen konzeptuellen Bezugsrahmen, wie bspw.<br />

das RLT-Modell angewiesen. Roper et al (1996a: 15) heben die problematische Einführung und Umsetzung <strong>des</strong><br />

Pflegeprozesses in Großbritannien hervor. Der damals gewählte Top-down Ansatz und der mit Macht erzwungene<br />

Änderungsprozess haben in der Folge zu vielen Missverständnissen und Problemen geführt. Sie betonen, dass<br />

schneller hätte verstanden werden können, dass<br />

„es unmöglich sein würde, ein wahrhaft individualisiertes System der Pflege sofort (auf der Stelle) in ein<br />

Praxisfeld einzuführen, welches nach wie vor entsprechend einem im Kern „tätigkeitsorientierten anstelle<br />

eines patientenbezogenen Ansatzes funktioniert’“ (Roper et al 1996a:15).<br />

In Großbritannien zeigte sich erst in den folgenden Jahren, dass der Pflegeprozess vollumfänglich nur in Organisationsformen<br />

umsetzbar ist, in der die Zuweisung der Arbeit patientenbezogen erfolgt, wie etwa in der Primären<br />

Pflege ( s. zusammenfassend für die deutsche Situation Mischo-Kelling 2003, Mischo-Kelling/Schütz-Pazzini<br />

2007).<br />

Im Mittelpunkt <strong>des</strong> RLT-Modells stehen der einzelne Mensch und in einem erweiterten Sinn die Familie bzw.<br />

seine Bezugspersonen oder die Gemeinde bzw. die Allgemeinheit. Das Kriterium für Roper et al., die Pflege mit<br />

dem Prozess <strong>des</strong> Lebens in Beziehung zu setzen, ist der Wunsch, die Lebensgewohnheiten eines Menschen im<br />

Fall der Inanspruchnahme professioneller Pflege so wenig wie möglich zu unterbrechen (s. Roper 1980, 1985,<br />

1990, 1996a, 2000). Sie betrachten ihr Lebens- und Pflegemodell als einen konzeptuellen Bezugsrahmen, der in<br />

Verbindung mit dem Pflegeprozess und einer patientenbezogenen Organisationsform der Pflegekraft die Möglichkeit<br />

gibt, die Pflege individuell, d.h. auf den einzelnen Menschen bezogen zu gestalten. In diesem Zusammenhang<br />

konzentrieren sie sich schwerpunktmäßig auf die einzelnen AL und darauf, wie diese mit den anderen<br />

Konzepten <strong>des</strong> Lebens- und Pflegemodells zusammenhängen. Ihnen zufolge handelt es sich bei einem konzeptuellen<br />

Bezugsrahmen nicht nur um eine intellektuelle Hilfe, sondern um einen ganz praktisch zu verstehenden<br />

Bezugsrahmen für das, was eine Pflegekraft tut und wie sie es tut. Im folgenden Abschnitt stehen Arbeiten im<br />

Mittelpunkt, die sich ganz allgemein mit dem RLT-Modell befassen sowie Arbeiten, die auf die Anwendung und<br />

Umsetzung <strong>des</strong> Modells in unterschiedlichen Praxisfeldern eingehen. Diese werden unter dem Gesichtspunkt untersucht,<br />

inwieweit sie Hinweise auf die für diese Arbeit wichtigen Konzepte <strong>des</strong> Selbst, Selbstkonzepts und <strong>des</strong><br />

Körperbilds liefern.<br />

2.3 AUFNAHME/REZEPTION DES RLT-MODELLS, KRITIK UND ERFAHRUNGEN<br />

Mit Blick auf die Aufnahme <strong>des</strong> RLT-Modells in der Fachöffentlichkeit (Berufsgruppe), die Kritik am RLT-<br />

Modell und die mit der Anwendung <strong>des</strong> Modells gemachten Erfahrungen ist es notwendig, zwischen der wissenschaftlichen<br />

Diskussion (vor allem der Meta-Theoriediskussion), sowie der Vermittlung und den Erfahrungen im<br />

Bereich der Ausbildung, im Studium, im Rahmen von Kongressen oder im Rahmen der innerbetrieblichen Fortbildung<br />

und der Anwendung <strong>des</strong> Modells und den entsprechenden Erfahrungen in den diversen Praxisfeldern zu<br />

unterscheiden. Bezogen auf die Herausbildung eines beruflichen Selbst und Selbstkonzepts oder eines Images<br />

von Pflege ist von Bedeutung, welcher Stellenwert pflegetheoretischen Ansätzen in der Bildung und in der Praxis<br />

beigemessen wird (s. bspw. Rogers 1989, Wimpenny 2002, Timmins/O’Shea 2004, Timmins 2006, Chinn<br />

2007). Roper et al (2000), aber auch Tierney (1998) vertreten die Auffassung, dass die Nutzung <strong>des</strong> RLT-<br />

Modells in der beruflichen Praxis die Pflegekräfte dabei unterstützen kann, die Arbeitsbeziehung zwischen Medizin<br />

und Pflege auf eine neue Basis zu stellen. Indem das Konzept der ‚Aktivitäten <strong>des</strong> Lebens’ im Mittelpunkt<br />

<strong>des</strong> Modells stehe, ergebe sich für die Pflege die Möglichkeit, sich von der einseitigen Krankheitsorientierung zu<br />

lösen, die im ‚medizinischen Modell’ vorherrschend sei und die Gesundheitsversorgung <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts<br />

dominiert habe. Dadurch eröffne sich die Chance, den eigenständigen Bereich der Pflege zu entwickeln.<br />

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