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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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2.2.3 DAS KONZEPT DER ‚LEBENSSPANNE’<br />

Kapitel 2<br />

Das Konzept der Lebensspanne steht für die zeitliche Dimension <strong>des</strong> Lebens. Es umfasst das Leben <strong>des</strong> Menschen<br />

von der Zeugung bis zum Tod. Das Leben kann wenige Wochen nach der Zeugung beendet sein oder nur<br />

Minuten oder Tage nach der Geburt, es kann einige Jahre, einige Jahrzehnte oder ein Jahrhundert währen. Es<br />

kann durch Unfall, Krankheit, Selbsttötung oder durch äußere Umstände wie Naturkatastrophen oder Krieg beendet<br />

werden. Der Mensch durchläuft während seines Lebens verschiedene Entwicklungsphasen und –prozesse.<br />

Leben bedeutet das Durchlaufen eines fortgesetzten Wandels. Jede Lebensphase wird von verschiedenen Faktoren<br />

und den jeweils vorherrschenden Umständen beeinflusst (s. Roper et al. 1985: 43).<br />

Für die berufliche Pflege ist das Konzept der Lebensspanne von besonderer Bedeutung. Das Alter und der Entwicklungsstand<br />

eines Menschen sind in Hinblick auf seine Fähigkeit, die AL selbständig und unabhängig von<br />

der Hilfe anderer auszuführen, ebenso von Bedeutung wie auch für eine auf den individuellen Menschen bezogene<br />

Pflege. Roper/Logan/Tierney (1980, 1985) haben in der ersten und zweiten Auflage zunächst acht Entwicklungsphasen<br />

beschrieben, diese dann in den weiteren zwei Auflagen ohne nähere Begründung in sechs Phasen<br />

(pränatale Phase, frühe Kindheit, Kindheit, Adoleszenz, Erwachsenenalter [zuvor differenziert in 3 Phasen], Alter)<br />

zusammengefasst. In der Tabelle 2.3, die alle Phasen darstellt, fällt auf, dass der Entwicklungsprozess <strong>des</strong><br />

Menschen bis zum mittleren Alter als eine Vorwärtsbewegung im Sinne <strong>des</strong> Zuwachses an Kompetenzen im<br />

weitesten Sinn gesehen wird, wohingegen die letzten Entwicklungsphasen durch Veränderungsprozesse gekennzeichnet<br />

sind. Der Entwicklungsprozess <strong>des</strong> Menschen wird als komplex betrachtet, wobei wiederum verschiedene,<br />

sich gegenseitig bedingende Entwicklungsprozesse unterschieden werden. Roper/Logan/Tierney (1980,<br />

1985) unterscheiden biologische, intellektuelle, emotionale und soziale Entwicklungsprozesse und verweisen<br />

hierbei u. a. auf die Arbeiten von Piaget, Erikson, Freud und Bowlby. Bei der Diskussion der emotionalen Entwicklung<br />

während der Kindheit findet sich der Hinweis, dass das Kind über das Feedback von anderen Menschen<br />

befähigt wird, ein ‚self-concept’ zu entwickeln. Damit dieses Selbstkonzept vom Kind akzeptiert und anerkannt<br />

werden kann, bedarf es der Akzeptanz und Anerkennung durch Eltern und Freunde (s. Roper et al. 1985:<br />

46). Ein weiteres Mal wird der Begriff <strong>des</strong> Selbstkonzepts im Zusammenhang mit dem Bewusstsein <strong>des</strong> eigenen<br />

Geschlechts erwähnt (s. Roper et al 1985: 48). Sie machen deutlich, dass sich für den Menschen in den verschiedenen<br />

Entwicklungsphasen und den hierbei ablaufenden Entwicklungsprozessen unterschiedliche zu meisternde<br />

Aufgaben stellen. Die Bewältigung dieser Aufgaben ist für die weitere Entwicklung und für das psychosoziale<br />

Wohlbefinden <strong>des</strong> Menschen von Bedeutung. Im Zuge seiner Entwicklung und im Rahmen der Sozialisation<br />

lernt der Mensch, die einzelnen AL selbständig und in einer für ihn charakteristischen Weise auszuüben, indem<br />

er die dafür notwendigen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse erwirbt.<br />

Roper et al. (1980: 42ff) richten mit Blick auf die Lebensspanne ihr Augenmerk darauf, wie der Mensch sich in<br />

seiner Umwelt <strong>zur</strong>echtfindet und wie er sich im Laufe seines Lebens aus dem Zustand einer relativen Abhängigkeit,<br />

in welchem er auf andere angewiesen ist, zu einer relativ selbständigen, d.h. autonomen Persönlichkeit entwickelt.<br />

In der zweiten Auflage ihres Buches (Roper et al. 1985: 54ff) gehen sie auf die verschiedenen, die Lebensspanne<br />

eines Menschen prägenden Institutionen ein wie Familie, Bildungssystem, Religion, Arbeitsmarkt/Ökonomie,<br />

Gesundheitswesen und Staat. Unter dem Stichwort ‚Wohnverhältnisse‘ erwähnen sie im Zusammenhang<br />

mit ‚überbelegten’ Räumen, dass es für die Entwicklung eines ‚Selbstkonzepts’ wichtig sei, dass<br />

ein Kind einen Raum bzw. Platz hat, der ihm persönlich zugeordnet ist (s. Roper et al 1985: 55).<br />

Das Konzept der Lebensspanne positioniert den Menschen, indem es ihn bestimmten Entwicklungsphasen und<br />

charakteristischen Entwicklungsprozessen zuordnet. Diese Entwicklungsprozesse können in der Pflege nicht außer<br />

acht gelassen werden. Roper et al. heben immer wieder die Bedeutung empirischer Daten und besonders jener<br />

Daten hervor, die von den jeweiligen Regierungen in Bezug auf die die Lebensspanne betreffenden Phänomene<br />

(wie Gesundheit, Morbidität und Mortalität) oder in Bezug auf Institutionen (Bildungssystem, Arbeits-<br />

46

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