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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 2<br />

„how normally people function in expressing their interests, needs, <strong>des</strong>ires, and affection, how normally<br />

they function in working, playing, learning, breathing, eating, excreting, regulating body temperature, moving,<br />

maintaining muscle tone and normal posture, resting and sleeping. Nurses also try to recognize indications<br />

that are, but may not seem, part of the abnormality of the functions just listed. [...]”.<br />

Der Begriff ‚nursing need’ wird von ihr zu den allgemeinen bzw. universalen menschlichen Bedürfnissen in Beziehung<br />

gesetzt. Sie spricht (1978, 1995) im Zusammenhang mit den 14 ‚basic needs’ (1978) von ‚daily patterns<br />

of living’ oder ‚activities of daily living‘. Der Begriff ‚needs’ (Bedürfnis/Bedarf) wird teils durch den Begriff<br />

‚requirements‘ (Erfordernis) teils durch den Begriff ‚<strong>des</strong>ire‘ (Wunsch) ersetzt 34 . Er ist immer auf das Handeln<br />

<strong>des</strong> Menschen, auf seine Aktivitäten <strong>des</strong> Lebens und insofern auf die Fähigkeit <strong>des</strong> Menschen <strong>zur</strong> eigenen Pflege<br />

bezogen bzw. auf seine Fähigkeit, für seine Gesundheit und sein Wohlergehen selbst aufzukommen. Diese Fähigkeit<br />

kommt in der Ausübung der Aktivitäten <strong>des</strong> Lebens zum Tragen. In diesem Licht muss auch das Konzept<br />

der Pflegekraft als Ersatz für das Fehlen dieser menschlichen Fähigkeit gesehen werden.<br />

Die Übersetzung <strong>des</strong> Begriffs ‚needs‘ mit Bedürfnissen greift zu kurz. Auf die missverständliche Interpretation<br />

<strong>des</strong> Begriffs ‚needs’ weist auch Adam 1991: 13, 67ff) hin. Danach bedarf der Begriff ‚needs’ einer Erklärung.<br />

Im Kontext der Schriften Henderson ist er eher als ‚requirement’, d.h. als Bedarf bzw. Erfordernis im Zusammenhang<br />

mit der eigenen Pflege (self-care) <strong>des</strong> Betreffenden zu verstehen. Weiter wird der Begriff ‘Bedürfnis’<br />

nicht als Mangel oder Defizit verstanden, sondern die vierzehn grundlegenden Bedürfnisse/Erfordernisse sollen<br />

den Menschen in seiner Ganzheit beschreiben. Der Begriff ‚Pflegebedürfnis‘ oder besser ‚Bedarf an Pflege‘ bezeichnet<br />

ein Verhältnis 35 , welches zwischen der Ausübung täglicher Aktivitäten seitens <strong>des</strong> betroffenen Menschen<br />

einerseits und der hierzu erforderlichen Stärke/Kraft <strong>des</strong> Willens und Wissens <strong>des</strong> Menschen andererseits<br />

besteht. Wenn dem betroffenen Menschen die für die Ausübung der täglichen Aktivitäten erforderliche Kraft,<br />

der Wille oder das Wissen fehlen, muss die Pflegekraft bildlich gesprochen ‚in die Haut <strong>des</strong> Patienten bzw. Klienten<br />

schlüpfen‘, um nachvollziehen zu können, wie sie ihn darin unterstützen kann, dieses Verhältnis soweit<br />

wiederherzustellen, dass er wieder unabhängig handeln kann (s. auch Henderson 1995/1985: 23). Hierzu ist es<br />

zwingend erforderlich, dass die Pflegekraft den Patienten zuerst einmal als Menschen kennen lernt und seinen<br />

Bedarf aus seiner Sicht verstehen lernt (‚in seine Haupt schlüpft‘), um herauszufinden, welche Art Hilfe oder<br />

welche Art von Unterstützung der jeweilige Patient benötigt und nutzen kann, wie ein Gesundheitsprogramm für<br />

ihn entworfen und wie der Pflegeplan mit ihm und seiner Familie gestaltet werden kann, und zwar so, dass seine<br />

Unabhängigkeit und sein bestmögliches Bewältigungsverhalten oder ein würdevoller Tod gefördert, bzw. ermöglicht<br />

werden. Die berufliche Pflege muss sich damit befassen, wie sie die essentielle Funktion, als ‚Ersatz‘ für<br />

die Fähigkeit <strong>des</strong> Patienten <strong>zur</strong> eigenen Pflege zu wirken, angesichts der steigenden Anforderungen an ihre technischen<br />

Fähigkeiten und Fertigkeiten aufrecht erhalten kann. Es geht darum, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen<br />

dem auf den Menschen bezogenen Aspekt und dem technischen Aspekt der Pflege 36 herzustellen. Es handelt<br />

sich hierbei um ein von den Pflegekräften zu gestalten<strong>des</strong> Verhältnis, das maßgeblich von ihren Vorstellungen<br />

und Werten geprägt wird (s. Henderson 1995/1980: 98f). Mit Blick auf das Selbst und Selbstkonzept von<br />

Pflegekräften ist die Feststellung Hendersons (1978/2006: 22f) 37 aufschlussreich, wonach das ‚self-image’ der<br />

Pflegekräfte häufig in Konflikt steht mit dem Image, das die Öffentlichkeit oder auch der Arzt von Pflege hat.<br />

Ein anderer, für das öffentliche Image von Pflege bedeutsamer Umstand ist, dass die Pflege überwiegend von<br />

34 Klaus Wingenfeld (2003: 346f, 2011: 272f) macht ebenfalls auf die problematische Übersetzung <strong>des</strong> Begriffs ‚needs’ bei<br />

der Rezeption der Pflege<strong>theorie</strong>n im deutsprachigen Raum aufmerksam. Er unterscheidet im Folgenden zwischen Bedürfnis<br />

und Bedarf.<br />

35 Wingenfeld et al. (2007) unterscheiden zwischen Pflegebedürftigkeit, die an die zu pflegende Person gebunden ist, und<br />

Pflegebedarf. Letzterer Begriff verweist auf Beurteilungs- und Entscheidungsprozesse, in die professionelle Normen, soziale<br />

und kulturelle Wertvorstellungen einfließen und die Möglichkeiten und Grenzen <strong>des</strong> jeweiligen Versorgungssystems (s. auch<br />

Wingenfeld 2003, 2011).<br />

36 Mit dem Begriff ‚technischer Aspekt‘ ist nicht Technik gemeint, sondern er verweist auf sämtliche, in der Pflege gebräuchlichen<br />

Verfahrensweisen wie z.B. die Beherrschung eines Beatmungsgeräts, die Gesprächsführung oder die Körperpflege<br />

eines bettlägerigen Patienten.<br />

37 Sie geht soweit zu behaupten, dass das Konzept von Pflege, sei es das der Berufsgruppe, das von anderen Gesundheitsberufen<br />

oder das der Öffentlichkeit, ein verzerrtes ist (Henderson 1978/2006: 23).<br />

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