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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

der Rolle <strong>des</strong> Patienten eröffnet hingegen die Möglichkeit eines Wechsels von einer Anbieterorientierung hin zu einer<br />

Patientenorientierung (Suter et al 2009, Hall 2005). Die Notwendigkeit, klare Grenzen zu setzen und sich abzugrenzen,<br />

und die Fähigkeit, eine Balance zwischen wechselseitiger Abhängigkeit und professioneller Autonomie<br />

herzustellen, wurden als wichtige Aspekte <strong>des</strong> Rollenverständnisses betont (Suter et al 2009: 48).<br />

Für den zweiten Kompetenzbereich, den der Kommunikation, nannten die Interviewten verschiedene Fähigkeiten<br />

wie etwa die Fähigkeit zum Aus- bzw. Verhandeln oder die Konsensfähigkeit. Diese Fähigkeiten verweisen wiederum<br />

auf den ersten Kompetenzbereich. Die herausragende Bedeutung <strong>des</strong> Rollenverständnisses und der Rollen anderer<br />

ist auch ein Ergebnis der Studie von Susan Baxter und Sheilagh M. Brumfitt (2008), die sich am Beispiel der<br />

Versorgung von Stroke-Patienten mit den professionellen Unterschieden bei der interprofessionellen Arbeit befasst<br />

haben. Die Antworten der an der Studie beteiligten Professionen kreisten immer wieder um drei für IPC als wichtig<br />

erachtete Themen: das professionelle Wissen und die Fähigkeiten/Fertigkeiten, die professionelle Rolle und Identität<br />

sowie das Thema Macht und Status. Was das Thema der professionellen Rolle und Identität betrifft, ging es um die<br />

professionellen Grenzen, um Rollenklarheit und um Rollenverzerrung bzw. -verwischung.<br />

Eine wichtige Voraussetzung für IPC ist die Fähigkeit der einzelnen Pflegekräfte auf der Arbeitsebene, ihren Autoritäts-<br />

und Zuständigkeitsbereich (jurisdiction) und ihre professionelle Autonomie zu behaupten. Diese zeigt sich vor<br />

allem in ihrer Fähigkeit <strong>zur</strong> klinischen Entscheidungsfindung und <strong>zur</strong> Etablierung einer therapeutischen Beziehung<br />

und leistungsfähigen Arbeitsbeziehung zum zu pflegenden Menschen. Weiter beinhaltet sie die Fähigkeit, die eigene<br />

professionelle Rolle, das professionsspezifische Wissen und die daraus abgeleiteten Kompetenzen anderen Professionen<br />

und den Patienten/Klienten gegenüber klar zu artikulieren und zu kommunizieren (s. auch CIHC, 2010: Suter<br />

2009). Dass dies nicht immer als gegeben vorausgesetzt werden kann, ist in verschiedenen Studien belegt (s. z.B.<br />

Reeves et al 2009, Conn et al 2009). Untersuchungen <strong>zur</strong> interprofessionellen Zusammenarbeit zeigen in<strong>des</strong>, dass<br />

eine erfolgreiche interprofessionelle Arbeit primär von verschiedenen organisatorischen Faktoren abhängt sowie von<br />

der Entwicklung von Kompetenzen <strong>zur</strong> interprofessionellen Zusammenarbeit (s. Hall 2005, Axelsson/Axelsson<br />

2009, Suter 2009). Insgesamt weisen die verschiedenen Erkenntnisse <strong>zur</strong> IPC darauf hin, dass IPC sich in einem<br />

schwierigen professionellen Kontext etablieren und weiterentwickeln muss. Dieser Kontext ist durch die historische<br />

Entwicklungsgeschichte der diversen Gesundheitsprofessionen geprägt, was eine authentische und erfolgreiche IPC<br />

offensichtlich weltweit zu einer Herausforderung der besonderen Art macht (s. Reeves et al. 2010). Carole Orchard<br />

(2010: 249) macht darauf aufmerksam, dass der in der Ausbildung/im Studium verfolgte uni-professionelle Bildungsansatz<br />

dazu geführt hat, dass Pflegekräfte auf eine auf Partnerschaft gründende Zusammenarbeit der verschiedenen<br />

Berufsgruppen nicht vorbereitet sind. Ihre Forschungsergebnisse unterstreichen die Bedeutung, die der Rollenklärung<br />

für eine leistungsfähige, auf Kollaboration beruhende Praxis zukommt. Die Pflege scheint mehr als andere<br />

Berufsgruppen Probleme zu haben, ihre Rollen/Funktionen anderen gegenüber zu artikulieren. Hierbei scheinen<br />

Pflegekräfte sich eher auf physische Tätigkeiten und weniger auf die von ihnen genutzten Theorien oder das Wissen<br />

zu beziehen, das sie bei der Formulierung von Interventionen in die Praxis einbringen. Um in einem interprofessionellen<br />

Team gut arbeiten zu können, müssen Pflegkräfte nach Orchard (2010: 251):<br />

(1) sich selbst als Mitglieder <strong>des</strong> interprofessionellen Teams re-sozialisieren<br />

(2) ihre eigene Rolle, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten verstehen, um diese gegenüber anderen artikulieren können<br />

(3) ein Verständnis von den Rollen, dem Wissen und den Fähigkeiten anderer gewinnen<br />

(4) ein Verständnis von geteilten Rollen, Wissen und Fähigkeiten erlangen, die über ihre eigene und die anderer<br />

Berufsgruppen hinausgehen und<br />

(5) lernen, im Team zu arbeiten.<br />

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