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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

aushandlung der ‚Reichweite der Pflegepraxis‘ (scope of practice) 178 . Eine solche Klärung muss insbesondere für<br />

den überlappenden Bereiche auf der betrieblichen Ebene erfolgen (Kramer/Schmalenberg(2008: 68f). Dies ist eine<br />

wichtige Führungsaufgabe, aber auch eine von den Pflegekräften zu leistende Arbeit. Gefordert sind ein interprofessioneller<br />

Dialog und die Fähigkeit <strong>zur</strong> aktiven Aushandlung, während die eigenständige Sphäre auf den intraprofessionellen<br />

Dialog angewiesen ist. Das Wissen in dieser Sphäre ist größtenteils implizit und wird als etwas Selbstverständliches<br />

179 genommen. Deshalb ist es wichtig, dieses Wissen explizit zu machen.<br />

Den Führungskräften kommt bei der Entwicklung kollegialer Arbeitsbeziehungen zwischen Pflegekräften und Ärzten<br />

eine zentrale Verantwortung zu. Kramer/Schmalenberg (2003: 18) sehen diese vor allem auf der Ebene der Stationsleitungen.<br />

Durch die Art, wie letztere mit den Ärzten umgehen, geben sie den Rahmen vor, wie interdisziplinäre<br />

Interaktionen zu gestalten sind. Allerdings laufen die Bemühungen der Stationsleitungen ins Leere, wenn kollegiale<br />

Arbeitsbeziehungen von der Krankenhaus- bzw. Unternehmensleitung nicht aktiv gefördert werden bzw. deren Notwendigkeit<br />

nicht erkannt wird. Vieles weist darauf hin, dass eine veränderte Form der Zusammenarbeit zwischen<br />

beiden Berufsgruppen eine enorme Herausforderung für alle Beteiligten darstellt und nur erreicht werden kann, wenn<br />

eine kollegiale bzw. kollaborative Form der Zusammenarbeit krankenhaus- bzw. unternehmensweit von den Führungskräften<br />

auf allen Ebenen unterstützt wird (s. auch Evans 1994, Dahlgaard 2010).<br />

Wie eine solche aussehen könnte, soll anhand zweier möglicher Modelle unter Bezugnahme auf die in Kap. 4 und in<br />

diesem Kapitel beschriebenen verschiedenen Formen der Zuständigkeit, d.h. einer vollen, einer untergeordneten, einer<br />

intellektuellen, einer geteilten und einer beratenden Zuständigkeit, dargestellt werden. Die nachfolgenden zwei<br />

Optionen lassen das traditionelle Modell hinter sich, das an dem einen Ende <strong>des</strong> Entwicklungskontinuums liegt. Im<br />

Mittelpunkt stehen der eigenständige und der überlappende Bereich.<br />

Option 1 ‚Entwicklungsmodell’: In diesem Modell wird der Pflege ein eigenverantwortlich zu steuernder und zu<br />

gestaltender Autoritäts- und Zuständigkeitsbereich zugestanden. Umfang und Reichweite <strong>des</strong> Autoritäts- und Zuständigkeitsbereichs<br />

werden als sich verändernde Größen eines sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden<br />

Entwicklungsprozesses verstanden. Dieser Entwicklungsprozess erfolgt team-, mitarbeiter- und kontextbezogen. In<br />

regelmäßigen Abständen werden die stations- bzw. funktionsdienstbezogenen Entwicklungsprozesse evaluiert, um<br />

daraus allgemeine Merkmale <strong>des</strong> professionsbezogenen Autoritäts- und Zuständigkeitsbereichs in Bezug auf die Patientenversorgung<br />

ableiten zu können. Diese können ebenso <strong>zur</strong> Definition von Min<strong>des</strong>tstandards dienen sowie als<br />

Ausgangspunkt für die weitere Entwicklungsarbeit.<br />

Der sogenannte arztabhängige oder überlappende Bereich unterliegt ebenfalls Veränderungen, die grundsätzlich in<br />

zwei Richtungen verlaufen können. Eine Richtung besteht darin, dass zuvor von der Medizin an die Pflege delegierte<br />

Aufgaben zugunsten der Pflege wieder an erstere <strong>zur</strong>ück verwiesen werden. Die andere besteht darin, dass die Pflege<br />

178<br />

In Deutschland geschieht dieses gegenwärtig auf der politischen Ebene im Zusammenhang mit der Neuordnung der<br />

Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen.<br />

179<br />

Auffällig ist, dass Pflegende in den Magnet Hospital-Studien den Fokus auf die überlappende/n Sphäre/n und weniger auf die<br />

Pflegesphäre legen (s. Kramer/ Maguire/Schmalenberg 2006: 485). In ihrer qualitativen Studie zum Verständnis von Autonomie<br />

seitens klinisch tätiger Pflegekräfte machen Stewart/Stansfield/Tapp (2004: 455, 447) die paradoxe Beobachtung, dass die Pflegekräfte<br />

auffallend wenig Hinweise über eindeutige Beispiele aus der genuinen Pflegepraxis in ihren Beispielen <strong>zur</strong> unabhängigen<br />

Entscheidungsfindung und Handeln brachten. Gleichwohl führten sie immer wieder Beispiele an, die ihre Überzeugung widerspiegelten,<br />

dass das Pflegeassessment, die Beobachtung und das Wissen über den Patienten zum Erreichen gewünschter Patientenergebnisse<br />

beitragen. Sie betonten mehr den wechselseitig abhängigen und relationalen Charakter der Autonomie. Eine andere<br />

wiederholt geäußerte Aussage bestand darin, dass der Beitrag der Pflegekräfte zum Versorgungsplan <strong>des</strong> Patienten wertgeschätzt,<br />

anerkannt und bestätigt wird.<br />

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