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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

Veränderungen herbeizuführen. In diesem Sinn würden die Stationsleitungen die Mitarbeiterinnen befähigen bzw.<br />

ermächtigen, den Wandel selbst in die Hand zu nehmen (s. Williams (2010: 630). Auch im Rahmen der Diskussion<br />

über PD und PPM wird die Bedeutung, die den Führungskräfte bei der Entwicklung einer professionellen Expertise<br />

zukommt, immer wieder betont. Als wichtige Faktoren werden genannt:<br />

1. Rollenklarheit und professionelle Identität<br />

2. Entwicklung von Kompetenzen auf individueller Ebene und/oder auf der Ebene <strong>des</strong> Teams<br />

3. interdisziplinäre Zusammenarbeit und die Frage, wie diese Zusammenarbeit effektiv und leistungsfähig gestaltet<br />

werden kann.<br />

Die von einer Pflegekraft zu leistende Arbeit an den multiplen Verlaufskurven (an den Pflege-, Krankheitsverlaufskurven<br />

und am Selbst) <strong>des</strong> zu pflegenden Menschen, erfolgt in einem Netzwerk von Beziehungen (s. Kap. 8)<br />

und in einem Umfeld aus verschiedenen sozialen Welten/Arenen mit unterschiedlichen Interessen und Wissensperspektiven.<br />

In diesem Kontext müssen die Pflegekräfte lernen, den pflegerischen Standpunkt in den von ihnen einzugehenden<br />

Arbeitsbeziehungen offensiv zu behaupten.<br />

9.4.3 DIE PFLEGEKRAFT-PATIENT-BEZIEHUNG AM BEISPIEL DER KLINISCHEN ENTSCHEIDUNGSFINDUNG<br />

UND DER GESTALTUNG VON BEZIEHUNGEN<br />

Ausgangspunkt der pragmatistisch-interaktionistischen Theorie <strong>des</strong> Pflegehandelns ist der zu pflegende Mensch und<br />

seine Kompetenzen in den beiden Formen <strong>des</strong> Pflegehandelns und/oder diejenigen seiner Bezugspersonen. Da die<br />

Pflege ein kollaboratives Handeln ist, muss die klinische Entscheidungsfindung nach der pragmatistischinteraktionistischen<br />

Theorie <strong>des</strong> Pflegehandelns ebenfalls als kollaborative Entscheidungsfindung (CDM 159 ) verstanden<br />

werden. Hierbei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Pflege immer in einem Netzwerk von Beziehungen<br />

erfolgt, was in Kapitel 8 mit dem Begriff <strong>des</strong> ‚erweiterten Einzelfalls‘ umschrieben wurde. Danach muss die<br />

Pflegekraft bei der Pflege eines Menschen zum einen das engere/weitere pflegerische Beziehungsnetz <strong>des</strong> zu pflegenden<br />

Menschen in ihr Handeln mit einbeziehen, zum anderen muss sie all die Arbeitsbeziehungen im Blick haben,<br />

die sie im Rahmen der Pflege <strong>des</strong> Patienten mit anderen Pflegekräften und Berufsgruppen eingeht. In diesem engeren<br />

oder weiteren Beziehungsnetz kann sie ihre Fähigkeiten <strong>zur</strong> Pflege anderer Menschen voll und ganz unter Beweis<br />

stellen, hier zeigt sie, inwieweit sie in der Lage ist, an die Fähigkeit <strong>des</strong> Patienten <strong>zur</strong> eigenen Pflege und ggf. der anderer<br />

Menschen anzuknüpfen. Eine wichtige Voraussetzung hierzu sind hinreichende Kenntnisse darüber, wie der<br />

Patient die Arbeit an seiner selbstbezogenen Pflegeverlaufskurve gestaltet, über welche Kompetenzen und welches<br />

Wissen er in den beiden Pflegeformen verfügt, in welchen Bereichen und in welchem Umfang er bzw. sie hierbei<br />

Unterstützung benötigt. Die Pflegekraft muss eine Vorstellung davon gewinnen, welche Werte das Handeln <strong>des</strong> zu<br />

pflegende Menschen leiten. In der Beziehung zum Patienten zeigt die Pflegekraft, ob sie ihr Wissen über den zu<br />

pflegenden Menschen mit ihrem professionellen Wissen in Form von Theorien, Konzepten, Grundsätzen, mit ihren<br />

Eindrücken und ihrer Erfahrung in Beziehung setzen kann (s. auch Skår 2008). Die herausragende Rolle, die der klinischen<br />

Entscheidungsfindung im professionellen Handlungsmodell zukommt, ergibt sich daraus, dass diese Fähigkeit<br />

zwischen dem Wissen der Professionellen und ihrer Praxis vermittelt. Für Higgs et al. (2004: 181) ist Clinical<br />

reasoning 160 (clinical decision-making) die Brücke zwischen Wissen und Praxis, insofern hier in praktischen, konkreten<br />

Situationen auf Wissen <strong>zur</strong>ückgegriffen wird und dieses genutzt wird. Wie oben dargelegt, muss das in einer<br />

aktuellen Situation genutzte Wissen der Pflegekraft nicht bewusst sein, sie kann bei einer leicht zu bewältigenden<br />

Problemsituation im Modus <strong>des</strong> gewohnheitsmäßigen Handelns verbleiben und dabei intelligente, d.h. probleman-<br />

159 CDM = Collaborative Decision Making<br />

160 Nach Higgs et al (2004: 183) werden verschiedene Modelle oder Erklärungen für Clinical Reasoning = CR (klinisches<br />

Schlussfolgern) vorgeschlagen: intuitives CR, narratives CR , interaktives CR und konditionales CR, praktisches CR, pragmatisches<br />

CR und ethisches CR. In einer Konzeptanalyse von Barbara Simmons (2010: 1154) über CR finden sich nur vereinzelte<br />

Hinweise, dass theoretisches Wissen und Konzepte hierbei eine Rolle spielen.<br />

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