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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

Handlungsverständnis bedingt diese das professionelle Pflegehandeln. Im Gegensatz <strong>zur</strong> medizinischen Dienstleistung<br />

ist die Pflege lebenslänglich erforderlich, um Gesundheit zu erhalten, wieder zu erlangen oder um Krankheit<br />

bewältigen zu können. Die Kompetenz hierzu wird im familialen Zusammenhang erworben. Um diese Kompetenz<br />

trotz Krankheit zu erhalten bzw. die damit verbundenen Fähigkeiten zu modifizieren, zu rekonstruieren, zu dehabitualisieren<br />

und zu rehabilitieren oder temporär zu kompensieren und zu ersetzen, ist die professionelle Pflege<br />

gezwungen, diese Kompetenz <strong>zur</strong> selbstbezogenen und auf andere Menschen bezogenen Pflege zum Ausgangspunkt<br />

ihres Handelns zu machen.<br />

Der ‚Zugang zum Anderen‘ (Hülsken-Giesler 2008) erfolgt über die Person, eingebunden in ein Beziehungsnetz.<br />

Grundsätzlich ist der ‚Zugang zum Anderen‘ und die gemeinsame ‚Definition der Situation‘ von entscheidender Bedeutung.<br />

Das Ergebnis kann unterschiedlich sein, je nachdem ob der zu pflegende Mensch hierbei als Fall, als Patient<br />

oder als Person konstruiert wird. Joan Liaschenko und Anastasia Fisher (1999) fassen unter diesen drei Labels<br />

verschiedene Wissenstypen 141 zusammen, die bei der Definition der Situation und <strong>des</strong> einzuschlagenden Weges bei<br />

den Pflegekräften bewusst oder unbewusst zum Tragen kommen. Die von Liaschenko/Fisher vorgeschlagene Sicht<br />

der Wissensnutzung lenkt die Aufmerksamkeit auf die Person <strong>des</strong> zu Pflegenden, auf seine Kompetenzen in beiden<br />

Pflegeformen, auf bestehende Pflegearrangements und auf seine Arbeit an den multiplen Verlaufskurven (personenbezogenes<br />

Wissen). Das Wissen über ihn als Patient ist situations- und personenbezogenes Wissen, d.h. es enthält<br />

u.a. Reaktionen auf die aktuelle Krankheit, Therapien und Maßnahmen der verschiedenen Berufsgruppen. Es ist ein<br />

wichtiger Bezugspunkt für das Fallwissen, d.h. das allgemeine und spezifische Wissen über die Krankheit, über Wirkungsweisen<br />

von Medikamenten u.a.m. Alle Wissensformen sind für die Gestaltung der Arbeit an multiplen Verlaufskurven,<br />

in die verschiedene Gesundheitsberufe einschließlich <strong>des</strong> Patienten/seiner Bezugspersonen involviert<br />

sind, relevant. Der untere Bereich, der in Abbildung 9.9 den größten Raum einnimmt, verweist auf den professionellen<br />

Kontext und auf den pflegerischen Autoritäts- und Zuständigkeitsbereich, der sich mit dem medizinischen sowie<br />

mit dem anderer Gesundheitsberufe überlappt.<br />

Im nächsten Schritt geht es zunächst darum, wie das pflegerische Wissen, die pflegerischen Kompetenzen und Potentiale<br />

der einzelnen Pflegekräfte gezielt im Sinne einer aktiven Arbeit an der Pflegeverlaufskurve weiterentwickelt<br />

werden können. Dies liegt nicht allein im Verantwortungsbereich einer einzelnen Pflegekraft, sondern auch in dem<br />

der Führungskräfte. Zukunftsfähige PPM oder nachhaltige Interventionen der PD müssen dem Umstand Beachtung<br />

schenken, dass sowohl das Wissen und die Kompetenzen der Pflegekräfte als auch die Kompetenzen der zu pflegenden<br />

Menschen <strong>zur</strong> eigenen und <strong>zur</strong> Pflege anderer Menschen die bei der Pflege zu aktivierenden Ressourcen sind (s.<br />

auch Reed/Lawrence 2008). Da dem Wissenssystem einer Profession die zentrale Rolle bei der Kompetenzentwicklung<br />

zukommt, sollen die handlungsleitende Funktion von Theorien für die von den Führungskräften wie von den<br />

Mitarbeitern zu leistende Arbeit an der professionellen Pflegeverlaufskurve, ihre Rolle bei der Kompetenzentwicklung<br />

und bei der Behauptung <strong>des</strong> Autoritäts- und Zuständigkeitsbereich herausgearbeitet werden.<br />

9.4.1 HANDLUNGSLEITENDE FUNKTION VON THEORIEN IN DER PFLEGEPRAXIS<br />

Theorien und pflegetheoretische Ansätze, wie die in Kapitel 8 entfaltete pragmatistisch-interaktionistische Theorie<br />

<strong>des</strong> Pflegehandelns, geben den Pflegekräften eine (Fach-) Sprache bzw. symbolische Objekte, Perspektiven oder<br />

auch Handlungsverläufe an die Hand, mittels derer die Pflegepraxis und die pflegerischen Phänomene benannt, interpretiert<br />

und die einzuschlagenden Handlungsweisen in Bezug auf ein anvisiertes Ziel ausgewählt werden können<br />

141 Ihre Vorstellungen zu diesen drei Wissenstypen (s. Liaschenko/Fisher 1999: 34) sind in die Abbildung 9.9 eingeflossen und<br />

modifiziert worden. Sie beginnen mit dem Fall, danach kommt der Patient, gefolgt von der Person. Das soziale Wissen verbindet<br />

Fallwissen mit dem Wissen über den Patienten.<br />

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