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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

Schutzreaktionsmuster, um sich vor Kritik zu schützen und Zeit <strong>zur</strong> Reflexion zu gewinnen; (2) die Suche nach einem<br />

Mentor; und (3) die Arbeit an der eigenen Glaubwürdigkeit. Am Ende dieser Phase bemerken die Pflegekräfte,<br />

dass sie als Teammitglieder akzeptiert werden, dass sie Hilfe bei ihrer Arbeit erhalten, dass sie eine bessere Selbstwertschätzung<br />

haben, ein gestiegenes Selbstvertrauen und mehr Kompetenz und dass sie sich stärker respektiert fühlen.<br />

Die beschriebenen drei Strategien führen zu einer Auflösung der erlebten Dissonanz. In dieser Phase beginnen<br />

die Pflegekräfte darüber nachzudenken, welche Bedeutung eine professionelle Identität für sie persönlich hat. Hierbei<br />

vergleichen sie, bis zu welchem Ausmaß professionelle Kriterien in ihrer Arbeit und in der ihrer Kolleginnen<br />

verkörpert sind. Weniger erfahrene Pflegekräfte tasten sich hier an die Idee heran, was es genau bedeutet, ein Professioneller<br />

zu sein (s. MacIntosh 2003: 734).<br />

In der dritten Phase, in der es um den Erwerb einer Reputation geht, wird die Arbeit an der professionellen Identität<br />

fortgesetzt. Hier kommt es <strong>zur</strong> Entwicklung eines Bezugsrahmen für die professionelle Identität, der auf erfahrungsbasierten<br />

und tragfähigen Konzepten beruht, sowie auf eine bewusste Auswahl aufgrund unmittelbarer Erfahrungen<br />

und individualisierter Standards der Pflegearbeit. Die Reputation der Professionalität einer Pflegekraft variiert entsprechend<br />

dem Ausmaß ihrer Fähigkeit, ein anerkanntes Niveau von Fachlichkeit (Expertise) zu entwickeln, das sich<br />

in ihrer Kompetenz und ihrem Können zeigt. Sich eine Reputation erwerben, setzt nach MacIntosh (2003: 735) drei<br />

Prozesse voraus:<br />

1. Das Etablieren von Praxismustern, die charakteristische konsistente Handlungsweisen und das Herangehen<br />

an Lernmöglichkeiten widerspiegeln 132<br />

2. Die Auswahl von Standards. Hier wählen Pflegekräften bewusst Kriterien aus, die ihr Handeln in Bezug auf<br />

ihre eigene Arbeit/Praxis leiten. Dabei können sie sowohl institutionelle als auch professionelle Standards<br />

übertreffen.<br />

3. Die Pflege weiterentwickeln. Dies kann auf unterschiedliche Weise erfolgen, durch Mentoring anderer<br />

Pflegekräfte, durch die Übernahme einer Rolle in der Fachöffentlichkeit und durch das Engagement bei Aktivitäten,<br />

die die Pflege voranbringen 133 .<br />

Die am Ende dieser Phase entwickelte professionelle Identität, spiegelt sich in der Reputation und der Expertise der<br />

jeweiligen Pflegekraft wieder, in ihrem Interesse am Lernen, in ihren aktiven Beiträgen für die Profession und in ihrer<br />

Unterstützung neuer Pflegekräfte. Der von MacIntosh beschriebene dreiphasige Prozess ist ein sich wiederholender<br />

Prozess. Er wird von kontextuellen Faktoren wie Erwartungen, dem wahrgenommenen Status und der Unterstützung<br />

beeinflusst. Bei den Erwartungen hebt MacIntosh (2003: 738) die Geschlechtersozialisation, die professionelle<br />

Sozialisation und schließlich persönliche Faktoren hervor. Bei letzteren geht es darum, ob die Pflege als Karriere<br />

oder als Job betrachtet wird und wie die Pflegekräfte auf den eigenen Arbeitsplatz reagieren. Unter dem wahrgenommenen<br />

Status fasst sie die Auffassung einer Pflegekraft von ihrer relativen Position, d.h. von der Position, die<br />

der Pflege von anderen gewährt wird, und dem Verständnis der Pflegekraft von dem, was der Pflege formell zugestanden<br />

wird, etwa der Umfang der gewährten professionellen Autonomie, oder ob sie fürsorgliche Verhaltensweisen<br />

zeigen soll. Das Arbeitsumfeld kann in dieser Frage erheblich variieren. Der dritte kontextuelle Faktor betrifft die<br />

Unterstützung, die als das Ausmaß definiert wird, wie weit eine Pflegekraft am Arbeitsplatz persönliche Akzeptanz<br />

und Unterstützung findet und von anderen verteidigt wird. Weiter zeigt sich Unterstützung in den Arbeitsbeziehungen<br />

mit anderen, d.h. in der Art der Interaktionen mit Mentoren, Kollegen und anderen Professionellen sowie in der<br />

132<br />

Hierzu gehört, dass über Kompetenzen gesprochen wird, dass Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten aktiv gesucht werden,<br />

dass Lernen und Wachstum angestrebt wird.<br />

133<br />

Dies ist u.a. abhängig von der Karrierephase, von Gelegenheiten, von der persönlichen Energie und Zeit, von familiären Verpflichtungen,<br />

dem Dienstplan etc.<br />

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