09.12.2012 Aufrufe

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kapitel 9<br />

setzten die Neuen die Entwicklungen der letzten Phase fort. Sie erlebten Veränderungen in den Beziehungen im privaten<br />

wie im professionellen Kontext. Insbesondere gegen Ende dieser Phasen fingen sie an, die professionelle<br />

‚Landkarte’ zu entdecken und zu hinterfragen. Die Arbeiten von Duchscher belegen die Bedeutung, die der professionellen<br />

Sozialisation im betrieblichen Alltag für die Arbeit an der professionellen Verlaufskurve und am Selbst und<br />

für das Nutzen <strong>des</strong> in der Ausbildung/im Studium erworbenen Wissens und entsprechender Kompetenzen zukommt.<br />

Duchscher (2008: 448f) plädiert für einen ‚geschützten Raum’ und gezielte Lernsituationen, für Mentoren und eine<br />

nicht zu hohe Arbeitslast. Vielmehr sollten die Absolventen auf ihrer ersten Station, der Station <strong>des</strong> Übergangs 130 ,<br />

die Chance erhalten, sich unter Begleitung eines Mentors in eine Vielzahl pflegerischer Fertigkeiten einzuüben. Sie<br />

benötigen besonders in der ersten Zeit, für die ersten ca. vier Monate, vorhersehbare, stabile und vertraute Situationen,<br />

um das erforderliche Selbstvertrauen zu gewinnen. In ihrer Metastudie über diese frühe Phase der professionellen<br />

und organisationalen Sozialisation erkennt Sheri Price (2009: 15ff) einen sich durch alle Forschungsarbeiten ziehenden<br />

roten Faden, <strong>des</strong>sen Oberthema „Realizing and Redefining Role expectation“ ist, das in drei Unterthemen<br />

zum Ausdruck kommt: der Einfluss von Idealen, die Widersprüchlichkeit (Paradox) von Caring/Pflege und die Rolle<br />

Anderer. Dies sind Themen, die alle mehr oder weniger den Verlauf der professionellen Pflegeverlaufskurve beeinflussen.<br />

Einen anderen Blick auf diese wichtige Phase werfen die Arbeiten von Eraut et al. (2004), und Catherine Caballero<br />

(2005), die sich mit dem arbeitsplatzbezogenen Lernen von Professionellen in ihrer frühen Karriere befassen. Vieles<br />

was sie mittels Interviews und über Beobachtungen erfuhren, stützt die Erkenntnisse Duchschers. Sie betonen die<br />

zentrale Rolle, die den Stationsleitungen bei der direkten oder indirekten Unterstützung der ‚Neuen‘ zukommt. Eine<br />

Schlüsselrolle für das arbeitsplatzbezogene Lernen kommt einer angemessenen und herausfordernden Arbeit zu, aber<br />

auch einem Stationsklima der gegenseitigen Unterstützung und <strong>des</strong> Lernens (s. Eraut et al 2004: 33, Pkt. 9.4). Diese<br />

Arbeiten unterstreichen die Bedeutung der zweiten Form der Sozialisation, d.h. der organisationalen Sozialisation.<br />

Diese wird von der Organisationskultur eines Unternehmens bzw. Krankenhauses bestimmt, als deren wichtigste<br />

Einheit die Station oder Funktionseinheit dient (s. Anthony 2006: 73, s. auch Tewes 2002). In diesem Zusammenhang<br />

soll erneut auf die Bedeutung der Images hingewiesen werden, die nicht nur in den ersten Monaten der Berufstätigkeit,<br />

sondern während der gesamten Erwerbstätigkeit wirksam sind.<br />

9.3.2.3 ZUR NOTWENDIGKEIT DER KONTINUIERLICHEN ARBEIT AN DER PROFESSIONNELLEN<br />

PFLEGEVERLAUFSKURVE: ERWERB VON PROFESSIONELLER REPUTATION<br />

Mary-Therese Dombeck (2003) untersuchte den Einfluss von Gender und Rasse auf die professionelle Persönlichkeit<br />

anhand von Interviews, Gruppendiskussionen (7 pro Gruppe) und Kurzgeschichten zu Themen wie Motivation, Pflegeausbildung,<br />

Reaktion auf Images von Pflege wie bspw. in den Medien dargestellt, und von Träumen. Insgesamt<br />

haben 36 Pflegende, 23 Frauen (12 afrikanisch-amerikanischer Herkunft, 11 Weiße), und 13 Männer (12 weiße<br />

nordamerikanische Männer, ein Mann von den Karibischen Inseln) an der Studie teilgenommen. Ein Ergebnis ist,<br />

dass die Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen sich mit dem immer gegenwärtigen Einfluss von Gender und Rasse<br />

jeweils aus dem Blickwinkel der sozialen Position innerhalb der Profession und <strong>des</strong> größeren sozialen Umfelds auseinandersetzten.<br />

So kämpften die weißen Frauen vor allem mit ihrer Wahrnehmung der ihnen als Pflegekräfte zugeschriebenen<br />

Merkmale wie ‚caring’, ‚arbeitsam’ oder ‚übertrieben bescheiden’. Über die Gruppendiskussionen wurde<br />

den Frauen bewusst, wie (arbeits-) aufwändig für sie die zwischen ihrer Rolle als Frau und ihrer Arbeit als Pflegekräfte<br />

bestehende ‚Nahtlosigkeit’ (seamlessness) war. Um aus ihrer Arbeit Zufriedenheit zu schöpfen oder zu er-<br />

130 Nach meinen Erfahrungen mit NeuanfängerInnen in Hamburg wie in Bozen stürzen diese sich gerne auf Arbeitsbereiche wie<br />

die Intensivpflege. Sie sind wenig einsichtig, erst einmal Erfahrungen auf einer allgemeinen chirurgischen, medizinischen oder<br />

geriatrischen Station zu sammeln. Die beiden letztgenannten Bereiche stehen allgemein nicht hoch im Kurs.<br />

436

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!