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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 2<br />

bezogen auf die Erklärung dieser Phänomene selbst als auch bezogen auf die Erklärung pflegerischer Phänomene<br />

zu kurz. Sie begründen dies folgendermaßen:<br />

„Pflegekräfte und andere an der Gesundheitsversorgung Beteiligte werden sich zunehmend <strong>des</strong> Zusammenhangs<br />

bewusst, dass die Gesundheit der Menschen und die Krankheiten, an denen sie leiden, untrennbar mit<br />

ihrer Lebensweise und den Aktivitäten <strong>des</strong> Lebens [Hervorhebung, MMK]) verknüpft sind. [...]<br />

Die Entwicklung in Richtung auf eine „individualisierte Pflege“ erfordert die gebührende Berücksichtigung<br />

der jeweiligen Individualität, und nachdem die meisten Menschen eine professionelle Pflege im Verlauf ihres<br />

Lebens allenfalls episodisch in Anspruch nehmen, sollte das Ziel der Pflege darin bestehen, die etablierte<br />

Lebensweise (Hervorhebung, MMK) eines Menschen so wenig wie möglich zu unterbrechen“ (Roper et<br />

al. 1985: 63).<br />

Sie stellen die Beziehung zwischen Leben und Pflege her, indem sie ihr Pflegemodell auf dem Lebensmodell<br />

aufbauen, was nicht immer erkannt wird (s. Roper et al. 1986: 27, 1996b, 2000) 13 . Dass die berufliche Pflege ihr<br />

Handeln am Leben <strong>des</strong> jeweiligen Menschen zu orientieren habe, begründen sie damit, dass die Menschen ihr<br />

Leben im Anschluss an eine professionelle Versorgung und Pflege weiterleben müssten (‘they have to go on<br />

living’, Roper et al. 1996a: 33). Aus diesem Umstand leitet sich das von ihnen postulierte Ziel der geringstmöglichen<br />

Unterbrechung bisheriger Gewohnheiten in den Aktivitäten <strong>des</strong> Lebens (AL) ab. Dieses Ziel ändert<br />

sich, wenn die Situation <strong>des</strong> Patienten es erfordert und es darum geht, mit einer Situation fertig zu werden bzw.<br />

mit einem spezifischen Gesundheitszustand, etwa bei der Aneignung neuer Verhaltensmuster in Bezug auf eine<br />

oder mehrere AL oder bei der Bewältigung von Veränderungen in den AL (s. Roper et al. 1996a: 37).<br />

Um die Bedeutung, die der Pflege im Leben eines Menschen zukommt, zu verstehen, ist es sinnvoll, sich zu vergegenwärtigen,<br />

dass die Familie diejenige Institution ist, in welcher zuerst auf Zustände von Gesundheit und<br />

Krankheit reagiert wird und in welcher pflegerische Fähigkeiten im weitesten Sinn erworben, ausgeübt und vermittelt<br />

werden. 14 (s. z.B. Orem 1995/ 1997, 2001). Nach Roper et al. (1980: 4) 15 werde seitens der beruflichen<br />

Pflege zunehmend die Notwendigkeit gesehen,<br />

• Gesundheit zu erhalten<br />

• Krankheit zu verhüten<br />

• Selbsthilfe zu fördern<br />

• auf eine entsprechend seinen Fähigkeiten maximale Unabhängigkeit <strong>des</strong> Patienten hinzuwirken (Roper<br />

et al. 1980: 4).<br />

Roper/Logan/Tierney (1980, 1985, 1990 und 1996a) betrachten ihr Lebensmodell und das davon abgeleitete<br />

Pflegemodell vor allem als einen Bezugsrahmen für die Aufgaben einer Pflegekraft, die im Zusammenhang mit<br />

den AL <strong>des</strong> jeweiligen Patienten stehen und in den sogenannten unabhängigen Bereich der Pflege fallen und somit<br />

von der Pflegekraft eigenständig initiiert werden können. Die Aufgabe der beruflichen Pflege bestehe darin,<br />

„helping people to prevent, alleviate or solve or cope with those problems related to Activities of Living<br />

which are amenable to nursing“. („den Menschen dabei zu helfen, jene mit den Aktivitäten <strong>des</strong> Lebens zusammenhängenden<br />

Probleme, die der Pflege zugänglich sind, abzuwenden, zu lindern, zu lösen oder zu bewältigen.“<br />

(Roper et al. 1996b: 294).<br />

Ihrem Pflegemodell liegen die nachstehenden Annahmen zugrunde:<br />

1. „Das Leben kann als Amalgam der Aktivitäten <strong>des</strong> Lebens beschrieben werden.<br />

2. Wie die AL vom Einzelnen ausgeführt werden, kennzeichnet seine Individualität.<br />

3. Der Einzelne erfährt in allen Phasen der Lebensspanne Wertschätzung.<br />

13<br />

M.E. unterschätzen sie, dass die von ihnen geforderte veränderte Sichtweise auf die Pflege nicht nur von den Berufsangehörigen<br />

zu vollziehen ist, sondern auch vom jeweiligen Betrieb sowie auf gesellschaftlicher Ebene. Die Entwicklungen seit<br />

den 1970er Jahren zeigen allerdings, dass wir hiervon noch meilenweit entfernt sind.<br />

14<br />

Auf die anthropologische Bedeutung der Pflege für das menschliche Überleben und für die Existenz menschlicher Gesellschaften<br />

hat Rohde (1974) schon vor mehr als vierzig Jahren implizit hingewiesen, ohne dies im Detail auszuarbeiten (s. auch<br />

Kap. 4).<br />

15<br />

Roper et al. (1996a: 6) verweisen in diesem Zusammenhang auf das Programm der WHO ‘Health for All by the Year<br />

2000’.<br />

33

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