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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

gestaltet werden sollte, die Fähigkeit, ein entsprechen<strong>des</strong> Image zu bilden, erschweren. Dies war bei einer Studentin<br />

der Fall, die ihre Images von Pflege primär aus den Medien bezogen hatte.<br />

Der Einfluss von Images auf die Entscheidung der Studierenden, die Pflege als Profession zu ergreifen, wurde ebenso<br />

deutlich wie die Bedeutung, die ihre Images für eine ‚gute Praxis’ hatten, d.h. dafür, wie sie arbeiten wollten und<br />

wie sich ihre Haltungen in ihren Beziehungen zu den Patienten widerspiegelten. Die Images der Studierenden wurden<br />

durch ihre klinischen Erfahrungen je nach Qualität und Art der erhaltenen Unterstützung und aufgrund anderer<br />

die professionelle Entwicklung beeinflussender Faktoren modifiziert oder bestärkt. Studierende sollten ermutigt werden,<br />

über ihr Idealimage einer Pflegepraxis zu sprechen und darüber nachzudenken, wie dieses für die professionelle<br />

Arbeit genutzt werden könnte. Auch wenn die TeilnehmerInnen das Glück hatten, in einem Studiengang zu sein, der<br />

ihre Images von professioneller Pflege, sowohl was die theoretische 120 als auch was die praktische Seite betraf, unterstützte,<br />

zeigt der ausführliche Bericht der Studie wie leicht eine solche positive Ausgangslage durch Einflüsse der<br />

Praxis beeinträchtigt werden kann, wie wichtig die Praxiserfahrungen und eine adäquate Unterstützung sind (Spouse<br />

2003).<br />

In eine ähnliche Richtung weist die Studie von Rene Day et al. (2005). Sie untersuchte den Wandel eines Laienimages<br />

von Pflege hin zu einem professionellen Image von Pflege bei Studierenden einer kanadischen <strong>Universität</strong><br />

im Verlauf eines vierjährigen Bacherlorstudiengangs 121 . Sie knüpfte an die von Fred Davis in den 1960er Jahren in<br />

seiner Theorie der ‚lehrmäßigen Konversion’ (doctrinal conversion) beschriebenen sechs Phasen der beruflichen Sozialisation<br />

an 122 . Auch Day beobachtete das Durchlaufen dieser Phasen. Allerdings heben sich ihre Ergebnisse in einem<br />

positiven Sinn von Davis Studie ab. Bis auf drei Studierende hatten sich alle anderen aus der Motivation, anderen<br />

Menschen helfen zu wollen, bewusst für die Pflege entschieden. Die erlebte Dissonanz zwischen den im Studium<br />

und den in der Praxis gemachten Erfahrungen basierte mehr auf dem Konflikt zwischen dem Laienimage von Pflege<br />

auf Seiten der Studierenden und der Realität der Pflegepraxis als auf dem Verhalten der Lehrpersonen. Da die Studierenden<br />

in den ersten zwei Jahren noch kein klares Gefühl für eine professionelle Identität hatten, waren sie bei<br />

Kritik an der Pflege und an ihrer Berufswahl verletzbar. Dies änderte sich erst im dritten Jahr, wo sie in ausreichenden<br />

Maß eigene Werte internalisiert hatten (s. Day et al 2005: 640). Zu Beginn <strong>des</strong> 2. Jahres fingen sie an, ein Verständnis<br />

vom Patienten als Klienten zu entwickeln und Begriffe wie ‚caring’ und ‚compassionate’ auf Situationen zu<br />

beziehen, in denen diese wichtig waren. Handelten sie anfänglich eher für die Patienten, begannen sie im Verlauf<br />

dieses Jahres erweiterte Rollenvorstellungen zu entwickeln, darunter die Idee, dass die professionelle Pflege ein lebenslanges<br />

Lernen erfordert. Sie entdeckten Unstimmigkeiten zwischen dem ‚Lehrbuch’ und ‚klinischen Situationen’<br />

in der Praxis. Durch Beobachtung von Lehrkräften und Pflegekräften versuchten sie in Erfahrung zu bringen,<br />

was von ihnen erwartet wurde. Im dritten Jahr hatten die Studenten ihre Ideen vorläufig internalisiert. Sie waren in<br />

120 Es finden sich mehrere Hinweise, dass den Studierenden in diesem Studiengang verschiedene pflegetheoretische Ansätze bzw.<br />

theoretische Modelle der Praxis vermittelt wurden, die für einen holistischen Ansatz der Patientenversorgung eintreten (s. Spouse<br />

2003: 179).<br />

121 Es wurden primär 50 Studierende aus vierjährigen Bachelorstudiengängen interviewt. Darüber hinaus beantworteten 81<br />

Studierende <strong>des</strong> Studienjahrs 1989/90 einen Fragebogen bestehend aus offenen Fragen (N= 131, von insgesamt 353 Studierenden<br />

<strong>des</strong> Jg. 1989/90). Die Studierenden aus dem ersten, zweiten und dritten Jahr wurden im darauf folgenden Jahr erneut befragt. Die<br />

Mehrheit der 50 Befragten war alleinstehend (80%), weiblich (90%) und unter 25 Jahre (74%) alt (s. Day et al 2005: 638)<br />

122 Diese sind: anfängliche Unschuld (1), benannte Anerkennung von Inkongruenz (2), psychische Vorbereitung (3), Rollensimulation<br />

(4), vorläufige Internalisierung (5) und stabile Internalisierung (6).In der Phase psychische Vorbereitung (psyching out)<br />

werden die Erwartungen der Dozenten von den Studierenden erahnt, und sie versuchen entsprechend zu handeln. In den Worten<br />

Meads, wird das ‚Pflegekraft-Me’ erahnt und es setzt die Perspektivenübernahme ein. In der Phase der Rollensimulation greift die<br />

für die Herausbildung <strong>des</strong> Selbst wichtige Handlungsform <strong>des</strong> Spiels, weil hierbei ein Probehandeln und Durchspielen von Situationen<br />

stattfindet. In der Phase der vorläufigen Internalisierung erfolgt eine Besetzung mit positiven und negativen Rollenmodellen<br />

(s. Day et al 2005: 637f).<br />

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