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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

tem Umfang existiert und auch praktiziert werden kann, stellt sich die Frage, warum einige Pflegekräfte die hierfür<br />

erforderlichen Kompetenzen besitzen, andere aber nicht 113 . Ein Hemmnis in diesem Zusammenhang ist offenbar die<br />

fehlende formell zugestandene Autonomie <strong>des</strong> Handelns (s. Dörge 2009b: 331).<br />

In den nächsten beiden Abschnitten werden einige in Kapitel 3 erwähnte Studien <strong>zur</strong> professionellen Identität bzw.<br />

zum professionellen Selbstkonzept von Pflegekräften auf die Rolle hin befragt, die den pflegetheoretischen Ansätze<br />

als einem gewichtigen Teil <strong>des</strong> pflegerischen Wissens zukommt. Die Kenntnis dieser Zusammenhänge liefert wichtige<br />

Hinweise auf die zu leistende Arbeit der Pflegeführungskräfte bei der inhaltlichen Ausgestaltung <strong>des</strong> pflegerischen<br />

Autoritäts- und Zuständigkeitsbereichs und an den professionellen Pflegeverlaufskurven ihrer Mitarbeiterinnen.<br />

9.3.2 PROFESSIONELLE UND ORGANISATIONALE SOZIALISATION: ZUR ARBEIT AN DER PROFESSIONELLEN<br />

PFLEGEVERLAUFSKURVE<br />

Die bisherigen Ausführungen zeigen, dass die Sicht auf die Pflegearbeit für die inhaltliche Ausgestaltung <strong>des</strong> pflegerischen<br />

Autoritäts- und Zuständigkeitsbereichs und für die professionelle Sozialisation eine entscheidende Rolle<br />

spielt. Die in Kap. 8 formulierte pragmatistische Theorie <strong>des</strong> Pflegehandelns erfordert eine radikale Hinwendung<br />

zum Patienten und <strong>des</strong>sen Kompetenzen <strong>zur</strong> auf sich selbst wie auf andere Menschen bezogenen Pflege. In diesem<br />

Abschnitt wird die in Kap. 8 ausgearbeitete Idee der Pflegeverlaufskurve auf die professionelle Pflegekraft bezogen.<br />

Die Arbeit an der professionellen Pflegeverlaufskurve beginnt mit der Ausbildung/dem Studium und endet mit dem<br />

Ausscheiden aus dem Beruf, idealerweise mit der Pensionierung. In den letzten Jahren ist in Deutschland über die<br />

Modellversuche in Bezug auf die Initiierung der professionellen Pflegeverlaufskurve eine Situation geschaffen worden,<br />

in der Berufsausbildung und Hochschulausbildung nebeneinander existieren. Nach wie vor ist aber die Berufsausbildung<br />

die überwiegende Ausbildungsform 114 . Der Unterschied zwischen einer Berufsausbildung und einer<br />

Hochschulbildung wird klassischerweise darin gesehen, dass eine Berufsausbildung direkt auf die Berufspraxis vorbereitet<br />

115 , wohingegen eine Hochschulbildung <strong>zur</strong> Ausübung der jeweiligen Profession 116 befähigt (s. Bollinger<br />

2005: 18f, s. Kap. 4). Diese Unterscheidung muss im Kontext europäischer Bildungsinitiativen, die Einfluss auf die<br />

nationale Bildungspolitik (s. für die Pflege Ingwersen 2009) nehmen, als veraltet betrachtet werden. Unabhängig davon,<br />

auf welchem Niveau die Erstausbildung stattfindet, ist davon auszugehen, dass zukünftig der Bereitschaft einer<br />

Pflegekraft zum ‚lebenslangen Lernen’ eine zentrale Rolle zukommt. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die aktiv<br />

‚selbstgesteuerte‘ Gestaltung der professionellen Pflegeverlaufskurve. Der Umstand, dass sich die professionelle und<br />

organisationale Sozialisation (s. Anthony 2006) wechselseitig bedingen, erfordert ein Arbeitsumfeld, das Strukturen<br />

für die professionelle Arbeit vorhält und das Professionalismus als Wert im Sinne <strong>des</strong> lebenslangen Lernens auf breiter<br />

Ebene ausdrücklich fördert und stützt (s. Manley et al 2009, Williams 2010). Es geht mithin um die zielgerichtete<br />

Förderung einer beruflichen Karriere. Mary Anthony (2006: 69) setzt den Karrierebegriff in Beziehung zum Begriff<br />

einer professionellen Pflegeverlaufskurve. Ausgehend von der Prämisse, dass die Pflege als Profession zu verstehen<br />

113 Nach den Daten scheint das System der Bezugspflege (Dörge 2009b: 331) das professionelle Handeln möglicherweise zu<br />

erleichtern. Sie zeigen aber auch, dass eine pflegewissenschaftliche Weiterqualifizierung noch keine hinreichende Garantie für die<br />

Professionalität der Pflegenden bedeutet.<br />

114 Der Deutsche Pflegerat e.V. (www.dpr-de, archiv) hat in seiner Stellungnahme im Mai 2009 die Parteien <strong>des</strong> Deutschen<br />

Bun<strong>des</strong>tages und die Landtage zu einer grundlegenden Reform <strong>des</strong> Alten- und Krankenpflegegesetzes und zu umfassenden<br />

Investitionen in die Pflegebildung aufgrund <strong>des</strong> wachsenden Bedarfs an pflegerischer Unterstützung bei gleichzeitig sinkenden<br />

Zahlen von Schulabgängern aufgefordert.<br />

115 Mit Abschluss der Berufsausbildung verfügt die ausgebildete Person über die Fähigkeit einer Fachkraft (s. Rauner 2006: 6),<br />

wohingegen ein Arzt über diese erst nach Abschluss der Assistentenzeit verfügt.<br />

116 Letzteres bedeutet, „dass die Sozialisation in die besonderen Bedingungen dieser beruflichen Praxis dann beim Übertritt in das<br />

Beschäftigungssystem erfolgen muss“ (Bollinger 2005: 19). Die Bedeutung dieses Aspekts kann – wie gezeigt wird -, in seiner<br />

praktischen Konsequenz leicht unterschätzt werden.<br />

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