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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

Mit der in den 1990er Jahren einsetzenden Akademisierung von Teilbereichen der Pflege erfolgt eine inhaltliche<br />

Auseinandersetzung mit der Pflege durch wissenschaftlich qualifizierte Pflegekräfte. Auf der konzeptionellen Ebene<br />

kommt es nun zu ersten deutlichen Absetzbewegungen von bis dahin vorherrschenden Vorstellungen von Pflege im<br />

Kontext der Heils- und Heilpflege. Mit vierzigjähriger Verspätung erfolgt nun eine verstärkte Auseinandersetzung<br />

mit den von der Pflegewissenschaft entwickelten Vorstellungen von Pflege. In ihrer Dissertation entwickelt Karin<br />

Wittneben (1991) ein heuristisches Modell der multidimensionalen Patientenorientierung, das sie zwischen den Polen<br />

‚Patientenignorierung’ und ‚Patientenorientierung’ aufspannt und mit dem sie das in unterrichtsbezogenen Texten<br />

<strong>zur</strong> Pflege enthaltende Pflegeverständnis von drei verschiedenen Weiterbildungsstätten für PflegelehrerInnen untersuchte<br />

(s. Wittneben 2009: 105ff). Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das in diesen Texten aufgefundene Pflegeverständnis<br />

noch stark in medizinisch-naturwissenschaftlichen Denk- und Handlungsmustern verhaftet ist, sich andererseits<br />

in ihnen aber auch ein breites Spektrum alltagstheoretischer Vorstellungen von Pflege findet (Wittneben<br />

1991: 253ff). Sie zeigt auf, wie das inhaltlich begründete Modell der multidimensionalen Patientenorientierung als<br />

Ausbildungsinhalt den im KrPfG von 1985 formulierten Ausbildungszielen zugeordnet werden kann. Weiter demonstriert<br />

sie exemplarisch an den Begriffen einer erlebnisbezogenen, existenzbezogenen und begegnungs- und berührungsbezogenen<br />

Patientenorientierung, wie diese zum Inhalt und Ausbildungsgegenstand gemacht werden können.<br />

Sie verknüpft diese Gedanken in einem weiteren Schritt mit Vorstellungen von Krankenpflege als Bildungsfach.<br />

Mit ihrem Modell hat Wittneben wichtige Impulse und Anregungen für die Pflegeausbildung und die Entwicklung<br />

von Pflegedidaktiken geliefert.<br />

Mit dem Aufkommen von Pflegestudiengängen kommt es zu einer erneuten Auseinandersetzung mit pflegetheoretischen<br />

Ansätzen. Mit dem Inkrafttreten <strong>des</strong> KrPflG von 2003 am 01.01.2004 wird auf der Bildungsebene eine wichtige<br />

Voraussetzung für eine pflegewissenschaftlich und pflegetheoretisch fundierte Ausbildung geschaffen (s. auch<br />

Kap. 4). Ein Schwerpunkt der seitdem initiierten Modellprojekte liegt auf der inhaltlichen und pflegewissenschaftlich<br />

begründeten Neugestaltung der drei Teilbereiche <strong>des</strong> pflegerischen Autoritäts- und Zuständigkeitsbereichs (s. WI-<br />

AD/dip 2008, Görres/Stöver et al. 2009). Die Aktivitäten im Bereich der Curriculumentwicklung und der Pflegedidaktik<br />

sind ein weiterer Beleg, dass auf der konzeptionellen Ebene erhebliche Veränderungen stattgefunden haben.<br />

Neben der von Karin Wittneben vorgelegten kritisch-konstruktiven Lernfelddidaktik haben in den letzten Jahren<br />

Pflegewissenschaftlerinnen diverse Pflegedidaktiken vorgelegt. Zu nennen sind hier die interaktionistische Pflegedidaktik<br />

von Ingrid Darmann-Finck, die subjektorientierte Pflegedidaktik von Roswitha Ertl-Schmuck, der Strukturgitteransatz<br />

von Ulrike Greb oder das kompetenztheoretische Modell der Didaktik von Christa Olbrich (s. Olbrich<br />

2009, Ertl-Schmuck/Fichtmüller 2010). Im Rahmen dieser Entwicklungen spielt der Kompetenzbegriff 109 eine wichtige<br />

Rolle. Dieser Begriff kann wie das Konzept der Verlaufskurve als ein Grenzobjekt betrachtet werden, das in<br />

verschiedenen sozialen Welten beheimatet ist.<br />

Das in der Berufsausbildung bzw. im Studium angeeignete Wissen und die entsprechenden Kompetenzen bilden die<br />

Grundlage für die von den Pflegeführungskräften zu gestaltenden Entwicklungsprozesse bei der Arbeit an den professionellen<br />

Pflegeverlaufskurven der Pflegekräfte und der Herausbildung einer professionellen Expertise. Deshalb<br />

wird an den Kompetenzbegriff angeknüpft, der in der heutigen Bildungsdiskussion auf nationaler, europäischer und<br />

internationaler Ebene verwendet wird. Auf die Details dieser Diskussionen, auf die vielfältigen Bedeutungen und<br />

109 Nach Rauner (2006) hat der pädagogische Kompetenzbegriff eine Verwandtschaft zum Begriff der Bildung. Er nennt drei<br />

Bezugspunkte für die Begründung der beruflichen Kompetenz: den Bildungsauftrag, wie er von der Enquête-Kommission <strong>des</strong><br />

Deutschen Bun<strong>des</strong>tags 1990 in ihren Bericht „Bildung 2000“ formuliert worden ist, das im Berufsbildungsgesetz verankerte<br />

Konzept der Berufsfähigkeiten (Kompetenzen) sowie als dritten Bezugspunkt Entwicklungs<strong>theorie</strong>n, die das Lernen Erwachsener<br />

erklären.<br />

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