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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

Innerhalb der religiös geprägten Heilspflege wurden neue Impulse Ende der 1970er Jahre von Hilde-Dore Abermeth<br />

102 (1978: 9) mit ihrem Arbeitsbuch <strong>zur</strong> ‚Patientenzentrierten Krankenpflege’ gegeben. Sie begründet das von<br />

ihr entwickelte Unterrichtsfach ‚Patientenzentrierte Pflege’ folgendermaßen:<br />

1. ”Der Patient im Krankenhaus soll als individuelle Persönlichkeit wieder mehr in den Mittelpunkt der Krankenpflege<br />

gerückt werden.<br />

2. Die Pflegenden sollen bewusster lernen, in ihm den kranken Menschen und nicht nur erkrankte Organe zu<br />

sehen.<br />

3. Eine wesentliche Möglichkeit, dieses bewusster zu lernen, liegt in der Vermittlung anthropologischer Unterrichtsinhalte.<br />

Diese wird erfahrungsgemäß nicht optimal genutzt. Zwar erwerben die Krankenpflegeschüler<br />

/-innen gute allgemeine Kenntnisse in medizinischer Psychologie, Soziologie, Glaubenskunde u.ä., es<br />

fällt ihnen jedoch schwer, diese für den Umgang mit Kranken und Mitarbeitern nutzbar zu machen” (Abermeth<br />

1978: 13).<br />

Der von Abermeth postulierte Begriff einer ‚patientenzentrierten Pflege’ teilt sich nicht unmittelbar mit, da er weder<br />

näher erläutert noch begründet wird (s. auch Wittneben 1991: 176ff). Offenbar handelt es sich um eine Einstellung<br />

und um Verhaltensweisen (Hervorhebung MMK), die, um wirksam zu werden, einen umfassenden Lernprozess voraussetzen.<br />

Abermeth (1978) gibt Anregungen und Hinweise <strong>zur</strong> Gestaltung von fünf Unterrichtseinheiten, von denen<br />

besonders die dritte Unterrichtseinheit, in der das Verhältnis der Krankenschwester zu ihrem Beruf, zum Patienten,<br />

zu sich selbst und zu ihren MitarbeiterInnen im Mittelpunkt steht, hervorzuheben ist. Sie fordert zu einer aktiven<br />

Auseinandersetzung mit dem eigenen Beruf und den Vorstellungen dazu auf und verbindet die aktive Aneignung der<br />

‚Berufsrolle’ mit einem Lernprozess. Karin Wittneben (1991: 180ff) charakterisiert Abermeths Pflegebegriff als im<br />

Wesentlichen in der Dimension einer erlebnisbezogenen Patientenorientierung liegend, die, vor dem religiösen Hintergrund<br />

Abermeths, insbesondere Sterbende und Trauernde berücksichtigt. In weitaus schwächerer Ausprägung<br />

kommt eine verhaltens- und bedürfnisbezogene Patientenorientierung zum Vorschein. Allen drei Orientierungen ist<br />

eine Betrachtung <strong>des</strong> Kranken als zu schützen<strong>des</strong>, zu behüten<strong>des</strong>, zu lieben<strong>des</strong> Objekt im Sinne eines imaginären<br />

Objekts gemeinsam (s. Wittneben 1991: 189). Sie bewertet den bei Abermeth gefundenen Pflegebegriff im Lichte<br />

einer antizipierten multidimensionalen Patientenorientierung als ein eher eindimensionales Konzept der Patientenorientierung<br />

(s. Wittneben 1991: 190).<br />

Die Idee der Patientenorientierung wird 1980 erneut in einem Modellprojekt aufgegriffen 103 . Das vom Bun<strong>des</strong>ministerium<br />

für Arbeit und Sozialordnung (BMA) geförderte Projekt „Von der krankheitsorientierten <strong>zur</strong> patientenorientierten<br />

Krankenpflege“ wurde im Gegensatz zum Ulmer-Modell von Pflegenden selbst initiiert und geleitet 104 (s.<br />

Taubert 1992: 15). Der Forschungsbericht (abgekürzt FB) versteht unter einer patientenorientierten Pflege eine,<br />

„bei der nicht die Krankheit im Vordergrund steht, sondern die Person <strong>des</strong> Kranken ganzheitlich gesehen (wird),<br />

d.h. Körper, Geist, Seele und soziales Umfeld werden in die Sichtweise mit einbezogen. Eine Vorbedingung <strong>zur</strong><br />

patientenorientierten Pflege ist eine personalorientierte Einstellung <strong>des</strong> Krankenhausträgers und eine Vorbereitung<br />

<strong>des</strong> Krankenpflegepersonals durch Aus- und Fortbildung“ (FB 1985: 4).<br />

Die Bedingungen für die Umsetzung einer solchen Pflege werden im FB thesenhaft zusammengefasst. Der Lehrgang<br />

wurde in der Zeit von 1.10.1980 bis 39.9.1983 durchgeführt und im Rahmen einer wissenschaftlichen Begleitfor-<br />

102 Ein im Bereich der Heils- wie Heilpflege anzusiedeln<strong>des</strong> und in der Pflegeausbildung weit verbreitetes Buch ist das von Liliane<br />

Juchli herausgegebene Buch „Allgemeine und Spezielle Krankenpflege, dass in mehreren Auflagen erschienen ist und <strong>des</strong>sen<br />

Rezeptions- und Wirkungsgeschichte noch untersucht werden muss.<br />

103 So wurde Kontakt zu dem Mitarbeiterteam <strong>des</strong> Ulmer Projekts aufgenommen. Die Zentraloberin <strong>des</strong> Ulmer Klinikums<br />

gründete während <strong>des</strong> Modellversuchs in Kaiserwerth einen Arbeitskreis, der dem Austausch über die ‚professionelle<br />

Krankenpflege’ und der Beschreibung <strong>des</strong> Begriffs ‚patientenorientierte Pflege’ dienen sollte. Die Mitglieder <strong>des</strong> Arbeitskreises<br />

setzten sich aus Vertreterinnen unterschiedlicher Institutionen, meist Weiterbildungsstätten zusammen.<br />

104 Initiiert wurde das Projekt von der Verbandsschwesternschaft <strong>des</strong> Diakoniewerks Kaiserswerth. Auch wenn das Projekt im<br />

konfessionellen Raum entwickelt und durchgeführt wurde, ging es den Durchführenden nach Taubert (1992:16) nicht um eine<br />

‚christliche Fortbildung’. Vielmehr ging es darum, Verbesserungen für die Pflege insgesamt zu entwickeln und zu erproben.<br />

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