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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

• Selbst-Wissen, Einstellungen, Werte und Emotionen (Eraut M. 2010, http.//www.<br />

lifewidelearningandeducation.pbworks.com).<br />

Von Bedeutung ist, dass der Transfer von kodifiziertem in persönliches Arbeits- bzw. Handlungswissen 75 mit Lernprozessen<br />

verbunden ist (s. 9.4). Professionen nutzen normalerweise Theorien verschiedener Disziplinen, indem sie<br />

sich diese zueigen machen und in ihren jeweiligen professionellen Kontext adaptieren. Darüber hinaus beeinflussen<br />

Theorien unabhängig von ihrer Herkunft und davon, ob sie als solche anerkannt sind oder nicht oder ob sie einem<br />

bewusst sind oder nicht das professionelle Handeln (Eraut 2003: 62f, 2007a: 2ff). Mit dem Aufkommen der Pflegewissenschaft<br />

ist die Pflege als Profession <strong>zur</strong> Begründung ihres Handelns und <strong>zur</strong> Behauptung ihres Autoritäts- und<br />

Zuständigkeitsbereichs nicht mehr ausschließlich von importierten Theorien abhängig, sondern schafft sich, wie<br />

Eraut ganz allgemein für Professionen feststellt, ihre eigenen Theorien. Allerdings ist der Status letzterer und deren<br />

‚praktische Nützlichkeit‘ in der Pflege umstritten (s. Kap. 1). Grundsätzlich können unterschiedliche Arten von Theorien<br />

unterschieden werden. Zudem spielt das in einer Gruppe geteilte kulturelle Wissen eine Rolle (s. Eraut/Hirsh<br />

2007a: 4). Dies lenkt den Blick auf den sozialen Charakter der Lernkontexte, auf den sozialen Ursprung <strong>des</strong> Wissens,<br />

das in einer Gruppe bzw. einem Team geteilt, entwickelt und weitergegeben wird, sowie auf die weite Spannbreite<br />

kultureller Praktiken und Erzeugnisse als Wissensressourcen für das Lernen. In Anlehnung an Mead (s. Kap. 3, 4,8)<br />

können Ideen, Konzepte und Theorien als intellektuelle Werkzeuge betrachtet werden. Sie sind in den Worten von<br />

Star (2004: 58) als ‚Handlungsverläufe‘ zu verstehen, die zum Zwecke der Problemlösung mit anderen Handlungen<br />

verknüpft werden. Sie stellen Mittel der Situationsdefinition 76 dar, mittels derer die Pflegekräfte pflegerische Phänomene<br />

wahrnehmen, benennen und problematisch gewordene pflegerische Situationen deuten. Weiter sind sie intellektuelle<br />

Mittel, um ein auf die Zukunft ausgerichtetes pflegerisches Handeln, sei es ein auf sich selbst oder auf einen<br />

Anderen bezogenes Handeln, gedanklich antizipieren und planen zu können. Es sind Werkzeuge in Form von Hypothesen,<br />

deren Brauchbarkeit sich im Handeln bewährt und die anhand der aus dem Handeln resultierenden praktischen<br />

Konsequenzen (Ergebnis) bewertet werden 77 . Im nächsten Schritt soll in groben Zügen nachgezeichnet werden,<br />

welche Vorstellungen in Gestalt von Überzeugungen, Werten, Ideen, Konzepten oder Theorien den symbolischkognitiven<br />

Bezugsrahmen der Pflege 78 geprägt haben.<br />

9.3.1 ENTWICKLUNGSLINIEN DES PFLEGERISCHEN AUTORITÄTS- UND ZUSTÄNDIGKEITSBEREICHS UND<br />

WISSENSSYSTEMS IM HISTORISCHEN VERLAUF<br />

Historisch gesehen, wird die inhaltliche Gestaltung <strong>des</strong> pflegerischen Autoritäts- und Zuständigkeitsbereichs als Teil<br />

<strong>des</strong> in Kap. 4 beschriebenen pflegerischen Funktionskreises trotz der in den letzten Jahren zu beobachtenden Professionalisierungsbestrebungen<br />

nach wie vor von Konzeptionen geprägt, die auf die historische Etablierung der beruflichen<br />

Pflege in Deutschland zunächst als religiös geprägte und später als säkularisierte Heilspflege sowie Heilpflege<br />

verweisen. Dies wird in Abbildung 9.6 anhand <strong>des</strong> Abbottschen Handlungsmodells veranschaulicht.<br />

75 In der Berufsbildungsdiskussion wird von Arbeitsprozesswissen gesprochen. Es ist das Wissen, „das im Arbeitsprozess<br />

unmittelbar benötigt wird […]; im Arbeitsprozess selbst erworben wird, z.B. durch Erfahrungslernen, es schließt aber die<br />

Verwendung fachtheoretischer Kenntnisse nicht aus; das einen vollständigen Arbeitsprozess umfasst, im Sinne der Zielsetzung,<br />

Planung, Durchführung und Bewertung der eigenen Arbeit im Kontext betrieblicher Abläufe“ (Fischer, 2000 zitiert in Rauner<br />

2007: 61f)<br />

76 Verweis auf Meads Definition der Situation und der Organisation von Perspektiven (s. Star 2004:58ff)<br />

77 Karen Jensen und Leif Lahn (2005) haben die Rolle und Funktion der Pflege<strong>theorie</strong>n als Wissensressource und verbinden<strong>des</strong><br />

Element in ihrer Studie herausgearbeitet, worin sie PflegestudentInnen über drei Jahre verfolgt haben.<br />

78 Inwieweit pflegetheoretische Ansätze als etwas Frem<strong>des</strong> oder als Bereicherung der eigenen Praxis erlebt werden, zeigt sich u.a.<br />

darin, welchen Stellenwert die eigene Profession diesen Ansätzen für die Begründung und Entwicklung der eigenen Profession<br />

und <strong>des</strong> sozialen Mandats (s. Eraut 2003: 62) beimisst.<br />

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