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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 2<br />

ihr zitierten AutorInnen immer wieder die Wichtigkeit <strong>des</strong> Urteilsvermögens einer Pflegekraft, ihrer Beobachtungsfähigkeit,<br />

ihrer Fähigkeit zum Schlussfolgern sowie ihrer Fähigkeit zum Handeln betonten.<br />

Mit Blick auf die vorliegende Arbeit sind vor allem die Aussagen von Roper zum Image der Pflege in Bezug auf<br />

charakteristische Patientenmerkmale interessant. Sie ging diesem Thema nach, weil Soziologen und Psychologen<br />

zum einen auf die Bedeutung <strong>des</strong> ‚Images’ eines Berufes für die Berufswahl und zum anderen auf die Folgen<br />

hingewiesen haben, die ein nicht mit der beruflichen Realität übereinstimmen<strong>des</strong> Image hat. Roper (1976a: 42)<br />

hebt hervor, dass Images Erwartungen erzeugen, die ihrerseits als Bestimmungsgrößen <strong>des</strong> Handelns aufgefasst<br />

werden können. Aus dieser Perspektive konfrontierte sie ihre Daten mit zwei damals konkurrierenden Images,<br />

dem <strong>des</strong> ‚bedside nursing’ und dem <strong>des</strong> ‚basic nursing’. Sie stellte fest, dass beide Begriffe unabhängig davon,<br />

ob der Patient bettlägerig war oder nicht, häufig synonym benutzt wurden. Ihr zufolge schien die Funktion <strong>des</strong><br />

Wortes ‚basic’ darin zu bestehen, dem Wort Pflege eine funktionale anstelle der örtlichen Orientierung zu geben.<br />

In der Folge fasste sie unter ‚basic nursing’ eine Pflege, durch die der Patient bzw. Klient von einer Pflegekraft<br />

in irgendeiner Aktivität <strong>des</strong> täglichen Lebens 8 (ADL) unterstützt wird. In diesem Zusammenhang legte sie den<br />

Schwerpunkt auf die Rehabilitation, die mit dem Beginn der Krankheit oder einer Einschränkung einsetzen und<br />

zu einem stetigen Fortschritt <strong>des</strong> Patienten von einem Zustand relativer Abhängigkeit zu einem Zustand größtmöglicher<br />

Unabhängigkeit führen sollte. Aufgrund ihrer Daten kam sie zu dem Ergebnis, dass es erforderlich sei,<br />

das Image <strong>des</strong> ‚bedside nursing’ in Richtung <strong>des</strong> ‚basic nursing’ im rehabilitativen Sinn zu ändern (s. Roper<br />

1976a).<br />

Das von ihr auf der Basis ihrer Erkenntnisse entwickelte Lebens- und Pflegemodell bietet die Möglichkeit, ein<br />

Image der Pflege im Sinne <strong>des</strong> ‚basic nursing’ zu zeichnen, das sich entschieden von dem traditionellen Verständnis<br />

<strong>des</strong> ‚bedside nursing’ abhebt. Mit Blick auf die Funktionsweise eines Images könnte ihr Modell dazu<br />

beitragen, die wahrgenommenen Diskrepanzen zwischen Image-basierten Erwartungen und den späteren Erfahrungen<br />

zu überwinden. Sollte es ferner zutreffen, dass die aus einem Image resultierenden Erwartungen wichtige<br />

Bestimmungsfaktoren <strong>des</strong> Handelns sind, dann sei es möglich, angemessene Handlungsweisen aus einem Image<br />

von Pflege abzuleiten, nach dem die berufliche Pflege den Patienten bei der Erreichung einer maximalen Unabhängigkeit<br />

unterstützt.<br />

Mit der praktischen Anwendung ihres Modells verband Roper (1976a: 81) die Hoffnung, dass die von den Pflegekräften<br />

initiierten pflegerischen Handlungsweisen Wertschätzung erfahren und Prestige erhalten würden. Ihr<br />

zufolge beziehen sich viele Menschen auf diese Handlungen, wenn sie von ‚basic nursing’ sprechen. Einige der<br />

von ihr zitierten AutorInnen sahen in dieser Klassifizierung der Pflege als ‚basic nursing’ auch die Grenzlinie<br />

zwischen Pflege und Medizin. Roper problematisierte, dass Forschungsergebnisse zu Tage gefördert haben, dass<br />

genau diese Form der Pflege inzwischen an Personal delegiert worden war, das hierfür die geringste Ausbildung<br />

hatte und am schlechtesten bezahlt war 9 .<br />

Sie betont in<strong>des</strong>sen die Notwendigkeit der gesellschaftlichen Wertschätzung bzw. Anerkennung pflegerischer<br />

Handlungsweisen aufgrund veränderter Formen der Patientenversorgung 10 . Hiernach bestehe eine notwendige<br />

und somit obligatorische Fähigkeit einer jeden Pflegekraft bei der Unterstützung <strong>des</strong> Patienten in der Fähigkeit<br />

8<br />

In späteren Veröffentlichungen wird der Begriff ‚activity of daily living’ (ADL) umgeändert in ‚activity of living’ (AL), s.<br />

Begründung Roper et al. (2000: 82).<br />

9<br />

Überspitzt könnte man sagen, dass der beruflichen Pflege ihr Kern abhanden gekommen war, bevor sie ihn überhaupt entwickeln<br />

konnte.<br />

10<br />

Im Zuge dieser Veränderungen kommt es auch zu einer Verlagerung von Tätigkeiten zwischen medizinischem und pflegerischerem<br />

Bereich (s. Roper 1976a, für die USA bspw. Sandelowski 2000) sowie innerhalb <strong>des</strong> pflegerischen Bereichs. Nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg werden in den westlichen Ländern neue Kategorien von Pflegepersonal, d.h. von Hilfskräften eingeführt.<br />

In Deutschland wird diese allgemein zu beobachtende Entwicklung mit der Einführung der Ausbildung <strong>zur</strong> KrankenpflegehelferIn<br />

in den 1960er Jahren nachvollzogen (s. auch Harsdorf/Raps 1986: 5).<br />

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