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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 2<br />

forderlichen Fertigkeiten und Fähigkeiten und Haltungen darüber zu identifizieren. Beschreibt der praxisfeldübergreifende<br />

Kern das ‚Gemeinsame‘ der Pflege, so benennt das für die jeweiligen Praxisfelder erforderliche<br />

Spezialwissen die ‚Vielfalt‘ der Pflege (Roper et al. 2000: 9). Den Kern der beruflichen Pflege arbeitete Roper<br />

anhand von 774 Patientenprofilen aus verschiedenen Praxisfeldern 2 aus. Er umfasst Schlüsseleigenschaften, die<br />

allen Menschen gemeinsam sind und auf die sie in ihren täglichen Aktivitäten verwiesen sind 3 . Roper lenkte ihr<br />

Augenmerk vor allem auf beobachtbare Eigenschaften, was sie zu der Idee führte, ein Pflegemodell basierend<br />

auf einem Modell <strong>des</strong> Lebens zu entwickeln (s. Roper 1976a, Roper et al. 1985:19; 1996a:19, Roper et al. 2000:<br />

9). Diese Idee verfolgte sie mit ihren Kolleginnen 4 Logan und Tierney seit Mitte der 1970er Jahre weiter. Sie<br />

veröffentlichten ihre gemeinsam erarbeiteten Vorstellungen <strong>zur</strong> Pflege basierend auf einem Lebensmodell 1980<br />

unter dem Titel ‚The Elements of Nursing’.<br />

Des Weiteren setzte sich Roper (1976a) in der oben erwähnten Untersuchung mit den zwischen 1940 und 1970<br />

vorherrschenden ‚Images‘ 5 der beruflichen Pflege auseinander. Sie führte ihre Untersuchung vor dem Hintergrund<br />

der in diesem Zeitraum vollzogenen Veränderungen in den Krankenhäusern und deren Auswirkung auf<br />

die Pflegeausbildung durch. Diese Veränderungen im Bereich der Krankenversorgung hätten ihr zufolge eigentlich<br />

zu einer Änderung <strong>des</strong> damals vorherrschenden Bil<strong>des</strong> von Pflege, <strong>des</strong> ‚bedside nursing’, führen müssen.<br />

Dieses in den 1940er Jahren dominierende Pflege-Image beschreibt Roper (1976a: 43) als eine Pflege, bei der<br />

ein Patient bei der Durchführung der normalerweise von ihm unabhängig durchzuführenden Aktivitäten <strong>des</strong> Lebens<br />

Unterstützung durch eine Pflegekraft erfährt. Diese Unterstützung erfolgt, worauf das Wort ‚bedside’ hinweist,<br />

am Bett <strong>des</strong> Patienten. Das Wort beinhaltet zunächst eine Ortsbestimmung. Mit Blick auf die Pflegeausbildung<br />

war dieses Image von Pflege aufgrund der Veränderungen im Bereich der Krankenbehandlung, in der<br />

Organisation der Krankenhausversorgung, in der Epidemiologie, in den Lebensbedingungen der Menschen und<br />

im Bereich der für die Pflege wichtigen Bezugswissenschaften jedoch wenig zutreffend (s. Roper 1976a:11ff).<br />

Bei ihrer Literaturrecherche traf Roper auf höchst unterschiedliche Definitionen von Pflege. In diesem Zusammenhang<br />

fand sie wiederholt Hinweise darauf, dass zentrale patientenbezogene Aufgaben fast vollständig an<br />

pflegerisches Hilfspersonal delegiert worden waren. Unabhängig davon wiesen die verschiedenen Definitionen<br />

von Pflege und die Ergebnisse diverser Arbeitsstudien 6 auf das Vorhandensein eines allgemeinen Kerns von<br />

Pflege hin. Dieser Kern ist mit höchst unterschiedlichen Begriffen wie ‚basic nursing’ 7 , ‚fundamental nursing’,<br />

‚comprehensive nursing’, oder ‚total patient care’ beschrieben worden. Ein anderes Ergebnis war, dass die von<br />

2 Die Untersuchung erfolgte auf 31 Stationen in drei Krankenhäusern, in einem Allgemeinen Krankenhaus, einer Frauenklinik,<br />

einem Psychiatrischen Krankenhaus sowie in 12 Gemeindedistrikten, alles Einrichtungen, in die eine schottische School<br />

of Nursing die Studierenden zum praktischen Einsatz schickte (s. Roper 1976a: VI, Roper et al. 1996a: 19).<br />

3 Nach Newton (1997: 237) wollte Roper in der erwähnten Untersuchung Pflegebedürfnisse ausfindig machen, die allen Patienten<br />

unabhängig von der klinischen Diagnose gemeinsam sind. Newton spricht an anderer Stelle nicht von ‚needs‘, sondern<br />

von ‚requirements‘, was mit ‚Erfordernis‘ übersetzt werden kann und sich auf einen Zustand oder eine Notwendigkeit bezieht.<br />

4 Roper et al. (2000: 4ff) weisen auf die unterschiedlichen Voraussetzungen der Pflege in den USA und in Großbritannien<br />

hin. Danach war die Pflege in den USA bezüglich der theoretischen Entwicklung um min<strong>des</strong>tens zwei Jahrzehnte voraus.<br />

Auch wenn die Vorstellungen der amerikanischen Theoretikerinnen von ihren britischen Kolleginnen eher mit Spott bedacht<br />

und mit dem Argument abgetan wurden, dass diese Vorstellungen im britischen Kontext nicht funktionieren könnten, machten<br />

es die gesellschaftlichen Verhältnisse (demographische Entwicklung, steigende Kosten für Gesundheitsdienstleistungen)<br />

erforderlich, neue Wege in der Gesundheitsversorgung zu beschreiten (s. Roper et al. 2000: 3ff). Dies war aber nur ein Teil<br />

<strong>des</strong> Gesamtbil<strong>des</strong>, vor dem die Entwicklung <strong>des</strong> RLT-Modells zu sehen ist. Andere Faktoren waren die verbesserten Bildungsmöglichkeiten,<br />

die bessere Informiertheit der potenziellen Patienten in Bezug auf Fragen von Gesundheit und Krankheit<br />

und die damit einhergehende Verantwortung <strong>des</strong> Einzelnen für seine eigene Gesundheit. In diesem Zusammenhang waren<br />

auch die Aktivitäten der WHO (1987) ‚Health for all by the Year 2000‘ von Bedeutung.<br />

5 Unter Bezugnahme auf die Definition <strong>des</strong> ‚Concise Dictionary‘ <strong>des</strong> Begriffs Image, die Roper (1976: 42) im Gegensatz <strong>zur</strong><br />

Definition von ‚idea‘ im selben Wörterbuch als eine statische betrachtet, setzt sie den Begriff Image unter Anführungszeichen.<br />

Sie will damit aufmerksam machen, dass ein ‚image‘ von nursing genauso wie die Definition ‚idea‘ eine aktive geistige<br />

Leistung der Interpretation beinhaltet.<br />

6 Hierzu zählt u.a. die im Nuffield Provincial Hospital Trust durchgeführte Arbeitsanalyse (s. Roper 1976: 26), auf deren für<br />

die Pflege problematische Rezeption Elke Müller (2001a) in ihrer Dissertation eingegangen ist.<br />

7 Der Begriff ‚basic nursing’ ist im deutschsprachigen Raum fälschlicherweise mit ‚Grundpflege’ übersetzt worden (<strong>zur</strong> Herkunft<br />

und Problematik <strong>des</strong> Begriffs s. bspw. Bartholomeyczik 1997, Müller 2001a, b).<br />

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