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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

Aufgabe im Kontext der Gesundheitsversorgung, oder anders formuliert von der organisationalen kollektiven Pflegeverlaufskurve.<br />

Im Klinikalltag werden pflegerische Aufgaben in und zwischen den verschiedenen sozialen Welten<br />

verhandelt und ausgehandelt, in der sozialen Welt <strong>des</strong> (Pflege-)Managements, in der sozialen Welt der Pflege als<br />

Profession 47 und in derjenigen der Medizin. Die Bedeutung dieser Aufgabe ist je nach zugrunde liegendem Wissenssystem<br />

weder innerhalb der einzelnen Welten noch zwischen ihnen gleich. Die jeweils verfolgten Ziele werden statt<strong>des</strong>sen<br />

in unterschiedlichen Arenen verhandelt. Problematisch ist hier, dass in der Führungsliteratur so gut wie keine<br />

Hinweise zum pflegerischen Wissenssystem zu finden sind und auch keine Beziehung zwischen diesem und dem<br />

klinischen Leadership hergestellt wird. Aus diesem Grund wird im Folgenden erneut der Faden zum Abbottschen<br />

Handlungsmodell aufgenommen.<br />

9.2 EINE ARBEITSORGANISATION NACH DER LOGIK DES PROFESSIONALISMUS: VORAUSSETZUNG<br />

ZUM AUSSCHÖPFEN DES POTENZIALS DER PRAGMATISTISCH-INTERAKTIONISTISCHEN THEORIE<br />

DES PFLEGEHANDELNS<br />

Damit die im Abbottschen Handlungsmodell beschriebenen Handlungsweisen – Diagnose, Schlussfolgerung und<br />

Behandlung -, realisiert werden können, bedarf es als Bindeglied zwischen dem Wissenssystem einer Profession und<br />

ihrer konkreten Arbeit eines professionsspezifischen Zuständigkeitsbereichs (jurisdiction). Das in Kap. 4 beschriebene<br />

allgemeine professionelle Handlungsmodell wird nun auf der Arbeitsebene über das Konzept der dezentralen Entscheidungsfindung<br />

mit der Organisation der Pflegearbeit verknüpft. Hierbei orientiere ich mich an Mantheys Verständnis<br />

<strong>des</strong> Konzepts der dezentralen Entscheidungsfindung 48 und den subsumierten Teilkonzepten Übergabe von<br />

Verantwortung, Autorität und Rechenschaft (accountability). Das Teilkonzept ‚Autorität‘ korrespondiert mit Abbotts<br />

Idee <strong>des</strong> Zuständigkeitsbereichs, der im Weiteren als ‚Autoritäts- und Zuständigkeitsbereich der Pflege‘ bezeichnet<br />

wird (s. Kap. 4). Als Bindeglied zwischen dem Wissenssystem der professionellen Pflege und der konkret<br />

zu leistenden Pflegearbeit in Bezug auf einen Patienten bildet dieser Bereich den organisatorisch-symbolischen Bezugsrahmen<br />

49 für das selbstgesteuerte Handeln der Professionellen. Das in der Pflege viel diskutierte Konzept der<br />

Autonomie kommt hier zum Tragen. Es ist auf den Autoritäts- und Zuständigkeitsbereich der Pflege bezogen. Es<br />

wird im und durch das Handeln der Pflegenden verkörpert. Durch ihr Handeln zeigt die Pflegekraft, ob sie sich mit<br />

der pflegerischen Aufgabe und dem Wissenssystem der Pflege identifiziert, ob sie auf Wissen gegründete Entscheidungen<br />

treffen kann und ob diese verbindlich sind, d.h., dass sie die Autorität hat, diese zu treffen (s. Mundinger<br />

1980: 1). Bei der dabei zu leistenden Arbeit, die Abbott als ‚cultural work’ bezeichnet, kommen die Handlungsweisen<br />

seines Modells und die in ihnen verkörperten Wissensformen (s. Kap. 4) zum Tragen. Nach der pragmatistischinteraktionistischen<br />

Theorie <strong>des</strong> Pflegehandelns geht es um die Einschätzung der Kompetenzen <strong>des</strong> zu pflegenden<br />

Menschen <strong>zur</strong> selbstbezogenen und auf andere Menschen bezogenen Pflege und darum, inwieweit diese durch das<br />

aktuelle Krankheitsgeschehen tangiert sind. Es geht um die Definition der Situation, in die idealerweise alle für den<br />

eine gemeinsame Vision entwickeln, Herausforderungen suchen, Anderen Handlungsspielraum geben, ermuntern und ermutigen)<br />

feststellten, wurde von beiden Gruppen die Verhaltensweise „eine gemeinsame Vision entwickeln“ am geringsten eingeschätzt.<br />

Dieses Ergebnis war vergleichbar mit anderen Studien, was die Autorinnen dahingehend interpretieren, dass diese Führungskompetenz<br />

schwieriger umsetzbar zu sein scheint.<br />

47 In Bezug auf die Klinik müssen Führungskräfte wie Professionelle lernen, sich in einem multiprofessionellen Kontext, d.h. in<br />

verschiedenen sozialen Welten zu bewegen und die Sprache der verschiedenen Professionen zu erlernen. Wie ich selber in meiner<br />

Funktion als Verantwortliche für mehrere Gesundheitsprofessionen erfahren habe, ist es wichtig ‚mehrsprachig‘ zu werden.<br />

48 Dieses Konzept kann unter organisatorischen und klinischen Gesichtspunkten betrachtet werden.<br />

49 Er steckt den Handlungsradius ab, innerhalb <strong>des</strong>sen die Professionellen eigenverantwortlich handeln können. Erst die<br />

Bezugnahme auf einen solchen umschriebenen Bereich versetzt die jeweiligen Professionellen in die Lage, innerhalb dieses<br />

Rahmens ihre kulturelle Arbeit zu leisten sowie autonome Entscheidungen zu treffen. Der Begriff ‚Autonomie‘ verweist auf den<br />

Handlungsspielraum der Professionellen, wobei die zu treffenden Entscheidungen im Ermessen <strong>des</strong> Einzelnen in Bezug auf das zu<br />

bearbeitende Problem liegen. Darüber hinaus werden der Handlungsspielraum und damit die klinische Autonomie durch die<br />

Organisation der Arbeit der Professionellen bestimmt.<br />

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