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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

onsbezogenen Professionalisierung 23 , verpflichtet fühlen, wie sie in heutigen Managementansätzen in Form von Controlling,<br />

Outcome-Messung, Qualitätsaudits etc. zum Ausdruck kommt, oder dem Professionalismus als einem berufsbezogenen<br />

Wert, wird ihre Einflussnahme auf den Handlungsspielraum der einzelnen Pflegekraft auf der Ebene<br />

der Pflegekraft-Patient-Beziehung anders ausfallen (s. hierzu Maben et al. 2006, 2007) 24 . Dies kann dazu führen,<br />

dass das erwähnte Strukturproblem (s. Kap 4, Mülleimer-Fahrtstuhl<strong>theorie</strong>) der Pflege perpetuiert statt überwunden<br />

wird. Eine solche Gefahr besteht vor allem dann, wenn die Pflege als Folge <strong>des</strong> international zu beobachtenden<br />

Trends der totalen Ökonomisierung im Gesundheits- und Sozialbereich einseitig nach ökonomischbetriebswirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten organisiert wird und dabei die besonderen Merkmale personenbezogener<br />

Dienstleistungen vernachlässigt werden (s. auch Noordegraaf 2007, Slotala/Bauer 2009 25 , Bartholomeyczik 2011a,<br />

c). In diesem Fall wird die Pflege statt nur von der Medizin nun auch von der Ökonomie dominiert (s. auch Raven<br />

2009a). Ein anderer zu berücksichtigender Aspekt ist, dass seit der zweiten Hälfte <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts auch das Management<br />

und damit das kaufmännische Krankenhausmanagement eine ‚Professionalisierung‘ 26 durchlaufen hat. Eine<br />

Folge ist, dass unterschiedliche Professionsverständnisse miteinander konkurrieren.<br />

Wie die Erfahrungen mit PPM und mit PD zeigen, erfordert die Realisierung eines PPM und einer professionellen<br />

Praxisexpertise vor allem die Bereitschaft der Führungskräfte, den Professionsgedanken umfassend auf die Arbeit<br />

der Pflegekräfte zu übertragen. Sie zeigen aber auch, dass es notwendig ist, die Grenzen <strong>des</strong>selben mit zu bedenken.<br />

Es gilt, traditionelle Vorstellungen zu überwinden und die organisatorischen Voraussetzungen für innovative, zukunftsfähige<br />

Modelle zu schaffen 27 . Dies bedeutet auch, die Wandlungen <strong>des</strong> Verständnisses von Profession, d.h. den<br />

berufsbezogenen und organisationalen Professionalismus mit zu reflektieren und sich kritisch mit Ideen eines ‚kommerzialisierten<br />

Professionalismus’ 28 (s. Evetts 2003, 2011) auseinanderzusetzen. Ungeachtet <strong>des</strong> Entwicklungsstands<br />

der Professionalisierung in der Pflege sind innovative und zukunftsfähige Professionelle Praxismodelle erforderlich,<br />

die die spezifischen Merkmale personenbezogener Dienstleistungen wie Ungewissheit, Mehrdeutigkeit, Komplexität<br />

und Ko-Produktion berücksichtigen und die insofern auch die herausragenden Kennzeichen professioneller Arbeit<br />

23 Diese Form <strong>des</strong> Professionalismus entspricht der von Fourcher/Howard (1981) beschriebenen Strategie der Pflege, wonach das<br />

Pflegemanagement die Kontrolle über den organisationalen Rationalisierungsprozesses selbst in die Hand nimmt.<br />

24 Maben et al (2006, 2007) beschreiben auf der Basis der Daten einer Langzeitstudie mit Jungakademikerinnen in der Pflege<br />

(new graduates) den negativen Einfluss neuer Managementstrategien auf die Pflege, sofern diese zentrale Aspekte pflegerischen<br />

Handelns nicht gebührend berücksichtigen. Sie sprechen von organisatorischer und professioneller Sabotage. Ein solcher Prozess<br />

kann aber auch anders ausfallen, wenn die Pflegeführungskräfte eine doppelte Strategie fahren, d.h. wenn sie die organisationale<br />

Rationalisierung mit der personalen Rationalisierung verbinden und beide Strategien pflegeinhaltlich und pflegewissenschaftlich<br />

abstützen und dies mittels entsprechender Outcome-Indikatoren belegen.<br />

25 Slotala/Bauer (2009: 58) haben sich mit den Folgen der marktwirtschaftlichen Transformation <strong>des</strong> Gesundheitswesens für die<br />

Pflege im Krankenhausbereich und im ambulanten Bereich auseinander gesetzt. Sie stellen fest, dass wenig Klarheit besteht,<br />

„welcher Systematik der Transformationsprozess im Zuge der als Ökonomisierung bezeichneten Entwicklung im Gesundheitswesen<br />

folgt, bei dem die beiden Rationalitäten ‚therapeutischer Erfolg‘ und ‚ökonomischer Erfolg‘ neu miteinander verknüpft werden<br />

müssen. Weiter bemerken sie, dass „differenzierte Befunde speziell auf der Ebene <strong>des</strong> pflegerischen Handelns und Entscheidens<br />

in den verschiedenen Versorgungssettings in<strong>des</strong> immer noch (fehlen)“.<br />

26 Der Einfluss dieser Entwicklung spiegelt sich in entsprechenden Studiengängen für Pflege- und Gesundheitsmanagement sowie<br />

in der entsprechenden (Pflege-)Managementliteratur wieder. Es bedarf einer empirischen Überprüfung, ob der in Deutschland zu<br />

beobachtende Trend, Führungspositionen in der Pflege mit akademisch qualifizierten Personen zu besetzen, dazu führt, die Pflege<br />

pflegeinhaltlich voranzubringen und am Ort der Leistungserbringung zu professionalisieren.<br />

27 Wie der Literatur zu Magnet Hospitals entnommen werden kann, muss der Status als Magnet Hospital immer wieder neu<br />

erarbeitet werden. Dies bedeutet, dass das Praxismodell einschließlich der hierfür gewählten Organisationsform der Pflege, immer<br />

neu den sich verändernden Rahmenbedingungen angepasst werden muss. Ein Krankenhaus, welches den Status eines Magnet<br />

Hospitals errungen hat, kann sich alle vier Jahre einer freiwilligen externen professionellen Peer Review unterziehen. Die<br />

Kriterien dieser Überprüfung finden sich im Magnet Recognition Program Application Manual<br />

(www.nursecredentialing.org/magnet/index.html)<br />

28 Kritisch zum Verlauf der Professionalisierung in Deutschland seit den 1990er Jahren äußern sich. Krampe (2008), Raven (2007,<br />

2009a+b). Hutwelker (2005: 148) bemängelt an diesem Prozess den Trend <strong>zur</strong> Technokratisierung anstelle der Fokussierung auf<br />

eine pflegerische Handlungspraxis.<br />

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