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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

und in dem vom Professionalismus als Wert an sich ist auch die Diskussion der Caring-Theorien 18 in der Pflegewissenschaft<br />

anzusiedeln. Diese Diskussion hat dazu geführt, dass in einigen Beispielen von PPM diese Theorien dem<br />

jeweiligen PPM 19 als ‚philosophischer‘ bzw. ‚pflegeinhaltlicher Bezugsrahmen‘ zugrunde gelegt worden sind (s.<br />

hierzu Koloroutis 2004, Birk 2007, Jasovsky et al 2010, Winsett/Hauck 2011). Ein anderer Trend besteht in der Bezugnahme<br />

auf eine patientenzentrierte Versorgung 20 (s. bspw. Miles/Vallish 2010:175ff).<br />

Mit Blick auf die Verankerung der professionellen Rolle der Pflegekräfte in Organisationen und die damit verbundenen<br />

Veränderungen ist eine weitere Unterscheidung Evetts‘ hilfreich. Vor dem Hintergrund der sich vollziehenden<br />

Veränderungen in der Arbeitswelt schlägt sie eine Differenzierung zwischen zwei idealtypischen Formen <strong>des</strong> Professionalismus<br />

vor: eine berufsbezogene und eine organisationsbezogene. Weiter unterscheidet sie zwischen einer Professionalisierung<br />

‚from within’ und einer ‚from above’ (Evetts 2005: 4, 7). In der ersten Variante wird der Markt<br />

von der professionellen Gruppe erfolgreich beeinflusst, während er in der zweiten Variante von fremden Kräften<br />

dominiert wird. Für die Pflege sind insbesondere die Konsequenzen der Verbreitung <strong>des</strong> organisationsbezogenen<br />

Professionalismus und einer davon ausgehenden Professionalisierung 21 ‚from above’ bezüglich der von ihr angestrebten<br />

Durchsetzung professioneller Arbeitsweisen bedeutsam. Dieser Professionalismus und die ‚from above‘ gesteuerte<br />

Professionalisierung wirken sich auf die Art und Weise aus, wie die Pflege die im allgemeinen professionellen<br />

Handlungsmodell verkörperten Arbeitsweisen umsetzen und darüber ihr professionsspezifisches Wissen <strong>zur</strong> Geltung<br />

bringen kann. An dieser Stelle sollen aus einer Auflistung von Aspekten, die nach Evetts (2011: 36) das<br />

Image/Bild und die Ideologie <strong>des</strong> Professionalismus als berufsbezogener Wert prägen und diesen gerade für aufstrebende<br />

Professionen so anziehend machen, nur jene herausgegriffen werden, die für die Umsetzung von PPM relevant<br />

sind:<br />

• „Kontrolle der Arbeitssysteme, Prozesse, Prozeduren, Prioritäten, die primär von den Praktikern bestimmt<br />

werden 22 […]<br />

• kollegiale Autorität, Rechtmäßigkeit (legitimacy), gegenseitige Unterstützung und Kooperation […]<br />

• Ermessenspielraum bei der Urteilsfindung, Einschätzung-Evaluation und Entscheidungsfindung in häufig<br />

hochkomplexen Fällen und bei der vertraulichen Beratung der Mittel, Dinge voranzubringen<br />

• ein starkes Gefühl/Gespür für die Zielsetzung (purpose) und für deren Bedeutung, für die Aufgabe, den<br />

Beitrag und den Stellenwert der Arbeit (significance)<br />

• die Entwicklung starker Arbeitsidentitäten und Arbeitskulturen<br />

• Vertrauen und Zuversicht, die die Beziehungen zwischen PraktikerInnen/Klienten, Praktikerinnen/Arbeitgebern<br />

und zwischen den Kolleginnen charakterisieren“ (Evetts 2011: 36).<br />

Ermöglichen die ersten drei Aspekte die Umsetzung der professionellen Arbeitsweisen, so sind die letztgenannten<br />

Aspekte für die Entwicklung einer professionellen Expertise auf hohem Niveau und von Arbeitsbeziehungen wichtig,<br />

die die Patienten und ihr Bezugssystem sowie die Professionellen gleichermaßen ermächtigen (empower). Je<br />

nachdem, ob die Führungskräfte sich mehr einem organisationsbezogenen Professionalismus und einer organisati-<br />

18<br />

Scott (2008: 241ff) gibt zu bedenken, dass im Zuge <strong>des</strong> New Professionalism qualifiziertes Pflegepersonal immer mehr von der<br />

direkten Pflege abgezogen worden ist und immer mehr ärztliche Aufgaben übernommen hat. Aufgaben, die hingegen mit ‚caring‘<br />

assoziiert werden, wurden in diesem Prozess von den Pflegenden selbst eher entwertet statt aufgewertet. Die Pflege wird an<br />

andere delegiert, ein Trend der als ‚Pflege durch Stellvertreter‘ (Clifford, zitiert in Scott 2008: 241) beschrieben wird.<br />

19<br />

Ein anderes Beispiel ist das Synergie-Modell (s. Curley 2007). Insgesamt bleibt der pflegetheoretische Input in den PPM eher<br />

vage.<br />

20<br />

Miles/Vallish (2010: 175ff) nehmen explizit Bezug auf die Dimensionen einer patientenzentrierten Versorgung, wie sie die<br />

Forscher <strong>des</strong> Pickert Instituts aus den Ergebnissen von Patienteninterviews herausgearbeitet haben: Zugang <strong>zur</strong> Versorgung,<br />

Respekt vor den Werten, Präferenzen und den geäußerten Erfordernissen <strong>des</strong> Patienten (s. www.nrcpickert.com). Sie begründen<br />

ihre Wahl mit der begrenzten Reichweite traditioneller Pflegemodelle ohne zu sagen, welche sie damit meinen.<br />

21<br />

Sie entspricht einem Professionsverständnis, das nach Donald Schön (1983: 21ff) einem Modell der ‚technischen Rationalität’<br />

entspricht, bei dem der Modus der instrumentellen Problemlösung vorherrscht.<br />

22<br />

Dieser Aspekt verweist auf eine wichtige Dimension <strong>des</strong> in der Pflege diskutierten Konzepts der Autonomie und zwar auf die<br />

Dimension „Kontrolle über die Arbeit“ (s. Kramer/Maguire/Schmalenberg/Maguire et al.2008).<br />

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