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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

in den Bann der zweiten Rationalisierungsform zu geraten 14 . Angesichts der steigenden administrativen Kontrolle,<br />

habe die Pflege die nachstehenden zwei Strategien <strong>zur</strong> Behauptung ihres professionellen Status im Krankenhaus<br />

entwickelt:<br />

„die Kontrolle <strong>des</strong> Rationalisierungsprozesses durch das Pflegemanagement“ und „eine Neueinschätzung der<br />

personenbezogenen Rationalität der Patientenversorgung in Form der Primären Pflege 15 “ [und als Form professioneller<br />

Arbeit, MMK] (s. Fourcher/Howard 1981: 301, 302).<br />

Wie die jüngsten Entwicklungen in Zusammenhang mit Magnet Hospitals 16 zeigen, werden beide Strategien bis heute<br />

in den USA bei der Etablierung von PPM mit unterschiedlichem Erfolg eingesetzt.<br />

Wie Celia Davies (1983, 1995a) in ihren historischen und empirischen Arbeiten für die Pflege aufgezeigt hat, ist das<br />

Verständnis der zentralen Funktionsweisen bürokratischer Organisationen sowie ein Verständnis der mit dem klassischen<br />

Professionskonzept assoziierten Konzepte für pflegerische Entwicklungsprozesse wichtig 17 . Sie untersuchte<br />

das Professionsprojekt der britischen Pflege nicht unter dem Aspekt professioneller Schließung (s. bspw. Witz 1992),<br />

sondern machte auf die Folgen aufmerksam, die sich für die Pflege aus der Inklusion in den medizinischen Autoritäts-<br />

und Zuständigkeitsbereich in Form <strong>des</strong> subordinate-superdominate Musters und der daraus abgeleiteten<br />

Funktion als Vor, Zu- und Nacharbeiterin ergeben (Mülleimer-Fahrstuhl-Theorie, s. Kap. 4). Bei<strong>des</strong>, dieses Muster<br />

und die entsprechende Funktion der Pflege werden durch die bürokratische Funktionsweise der Krankenhäuser verstärkt<br />

und haben pflegerische Entwicklungsprozesse bisher eher behindert oder nur in Grenzen gefördert. In den letzten<br />

Jahren ist im Zuge <strong>des</strong> Aufkommens der so genannten Wissensberufe das Interesse am Vergleich bürokratischer<br />

Arbeitsweisen mit jenen von Professionen gewachsen. Letztere werden in jüngster Zeit unter dem Stichwort Professionalismus<br />

und ‚New Professionalism’ diskutiert und auf verschiedenste Berufe/Professionen bezogen (s. Klatetzki/Tacke<br />

2005, Evetts 2003, 2005, 2009, 2011, Svensson 2006). Auch diese Diskussion liefert für die Entwicklung<br />

einer professionellen und pflegetheoretisch geleiteten Pflegepraxis wichtige Erkenntnisse. Laut Julia Evetts (2005: 4)<br />

kann Professionalismus unterschiedlich interpretiert werden und zwar als<br />

1. berufsbezogener Wert (occupational value)<br />

2. Ideologie, d.h. Professionalisierung als Strategie der Marktschließung (market closure)<br />

3. Diskurs beruflicher Veränderungen und der betriebswirtschaftlichen Kontrolle (managerial control).<br />

Seit den 1990er Jahren hat das erste Verständnis von Professionalismus wieder an Bedeutung gewonnen, insofern<br />

der positive wie negative Beitrag der Professionen mit Blick auf die Klienten bzw. Konsumenten erneut in den Fokus<br />

geraten ist. In diesem Zusammenhang wird Professionalismus auch als eine besondere Form der berufsbezogenen<br />

Kontrolle über die Arbeit diskutiert, die gegenüber marktförmigen, organisatorischen und bürokratischen Kontrollformen<br />

der Arbeit deutliche Vorteile haben soll (s. Evetts 2003: 404). In diesem Verständnis von Professionalismus<br />

14 Fourcher/Howard (1981) zeigen dies exemplarisch am Beispiel der Beziehung ‚Pflege und Administration‘ und an dem nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg zu beobachtenden Um-sich-Greifen <strong>des</strong> Einsatzes von Instrumenten der Systemanalyse sowie <strong>des</strong><br />

Operation Research (Betriebsforschung) und einer damit einhergehenden Reorganisation der Pflegearbeit in Gestalt der<br />

Funktionspflege, der Zersplitterung der Pflege in einfache, von Hilfskräften auszuführenden Tätigkeiten und in komplexe, von<br />

besser qualifizierten Pflegekräften zu übernehmende Aufgaben.<br />

15 Der springende Punkt bei der Primären Pflege besteht laut Fourcher/Howard (1981) darin, dass in dieser Organisationsform die<br />

Autonomie in der Pflegepraxis wiederhergestellt und dadurch die organisationale Rationalisierung umgekehrt wird.<br />

16 Das 2008 vom ANCC veröffentlichte Modell für das Magnet Recognition Program <strong>zur</strong> Anerkennung als Magnet Hospital<br />

beschreibt fünf Bereiche: 1. transformational leadership 2. structural empowerment, 3. exemplary professional practice, 4. new<br />

knowledge, innovations, and improvements und 5. empirical quality outcomes. Pflegetheoretische Ansätze fallen unter den 4.<br />

Punkt, wobei der Begriff ‚model of care‘ vieldeutig ist.<br />

17 Sie hat die für Bürokratien charakteristischen Konzepte mit denen von Professionen verglichen und deren Gemeinsamkeiten<br />

herausgearbeitet Sie zeigt, dass der Ursprung beider Begriffe im 19. Jahrhundert liegt, dass beide von Männern eingeführt,<br />

weiterentwickelt und als Maßstab auf alle Bereiche <strong>des</strong> öffentlichen Lebens und die Erwerbssphäre übertragen worden sind, was<br />

weitreichende Folgen für die berufliche Pflege hat (s. ausführlich Mischo-Kelling 2007b).<br />

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