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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

arbeit 8 , ein in der deutschsprachigen Pflegewissenschaft vielfach aufgegriffener Ansatz 9 , gibt gewisse Hinweise in<br />

diese Richtung ebenso wie das von Krohwinkel et al. entwickelte Managementmodell (Krohwinkel et al. 1993: 34).<br />

Das Weidnersche Modell fällt durch den einseitigen Fokus auf professionelles Handeln hinter den inzwischen erreichten<br />

internationalen Diskussions- und Erkenntnisstand <strong>zur</strong>ück. Der Erwerb einer professionellen Handlungskompetenz<br />

ist wichtig, er reicht aber nicht aus. Erfahrungen aus Ländern, in denen die Pflegeausbildung in das Hochschulsystem<br />

verlagert worden ist, belegen, dass die Entwicklung und organisatorische Verankerung der Pflege als<br />

Profession und ihre Anerkennung als Profession in einem Gesundheitsunternehmen ein langwieriger und störanfälliger<br />

Veränderungsprozess in einem komplexen wie dynamischen Umfeld ist. So bringen das Studium oder, wie in<br />

Deutschland, eine inhaltliche Neuorientierung der Ausbildung als solcher noch keine Veränderungen auf der Arbeitsebene<br />

mit sich (s. Maben et al. 2006, 2007, Fielding et al. 2007, Furåker 2008, 2009, Fiechtmüller/ Walter 2007,<br />

Balzer/Kühme 2009, Kumbruck et al. 2010). Die Ausbildung eines professionellen Habitus im Sinne einer professionellen<br />

Pflegeexpertise und das Ermöglichen professioneller Arbeit in bürokratischen Expertenorganisationen stellt<br />

eine Herausforderung eigener Art dar, in der neben den einzelnen Pflegekräften vor allem die Pflegeführungskräfte<br />

gefordert sind. Eine umfassende Professionalisierung der Pflegepraxis in einzelnen Praxisfeldern wie dem Krankenhaus<br />

oder dem ambulanten Bereich (s. Raven 2007, Lerner 2007) steht in Deutschland ungeachtet <strong>des</strong> weitverbreiteten<br />

Begriffs der ‚professionellen Pflege‘ bei Akademikerinnen wie Nichtakademikerinnen aus (s. Dörge 2009a/b) 10 .<br />

Werden die bisher gemachten Erfahrungen mit PPMs einer kritischen Analyse unterzogen, dann bleibt der den PPM<br />

zugrunde liegende Professionsbegriff stark dem klassischen Professionsverständnis verhaftet. So werden <strong>zur</strong> Abschätzung<br />

<strong>des</strong> Entwicklungsstands der Profession nach wie vor die klassischen Professionsmerkmale herangezogen,<br />

ohne diese einer grundlegenden Kritik zu unterziehen. Wie schon erwähnt, hat Celia Davies (1995a,b, 2000a,b) in<br />

mehreren Arbeiten dargelegt, dass Konzepte wie bspw. Autonomie und Expertise, die mit dem klassischen Professionsbegriff<br />

verbunden sind, für die Pflege Strukturprobleme enthalten, die durch einen weiblich konnotierten Professionsbegriff<br />

nicht einfach aufgehoben oder gar überwunden sind. Um zu einer nachhaltigen Veränderung <strong>des</strong> in Kap.<br />

4 als Mülleimer-Fahrstuhl<strong>theorie</strong> beschriebenen Phänomens 11 zu gelangen, müssen das vergeschlechtlichte Professi-<br />

8 Ein Dilemma ist, dass der Blick in dem Modell einseitig auf die Handlungskompetenz der Pflegekräfte gerichtet ist. Aussagen<br />

<strong>zur</strong> Organisation der Pflegearbeit werden eher am Rande gemacht. Wie die beschriebene Handlungskompetenz in die Praxis<br />

eingebracht wie sie innerhalb komplexer Organisationen weiterentwickelt werden kann, darüber findet sich in dieser und in<br />

nachfolgenden Arbeiten wenig.<br />

9 Kritisch <strong>zur</strong> Rezeption <strong>des</strong> Oevermannschen Ansatzes in der Pflegewissenschaft äußert sich Raven (2007:197f). Drei wichtige<br />

Punkte geben Anlass zu Missverständnissen: 1) das Vermögen der Professionellen <strong>zur</strong> universalisierten Regelanwendung<br />

wissenschaftlichen Wissens (wissenschaftliche Kompetenz) sowie zum handlungspraktischen Einsatz dieses Wissens auf der<br />

Basis hermeneutischen Fallverstehens (hermeneutische Kompetenz), 2) der Begriff „Autonomie der Lebenspraxis“ und 3) der der<br />

„Nicht-Standardisierbarkeit“. Im Weiteren legt er einen ersten Entwurf einer noch auszuarbeitenden strukturalen Theorie<br />

pflegerischen Handelns vor.<br />

10 Sie beschränkt sich weitgehend auf Einzelaspekte wie z.B. die Qualitätssicherung (s. Schulz/Dorgerloh/Löhr 2008). Schulz et<br />

al. (2008: 123f) heben die Bedeutung hervor, die dem Pflege-management bei der Klärung <strong>des</strong> Gegenstandsbereichs der Pflege<br />

zukommt, ein Aspekt, der nicht einfach an Stabstellen delegiert werden kann. Nach Michael Schilder (2010) kann die klinische<br />

Pflegeforschung eine wichtige Rolle bei der Professionalisierung der Pflegepraxis spielen, und die Absolventen der<br />

Pflegestudiengänge können als so genannte Facilitatoren einer forschungsbasierten Praxis einen wichtigen Beitrag leisten.<br />

11 Jane Salvage (2002: 6ff) beschreibt anschaulich, wie dieses Phänomen als Ergebnis der Berufs- und Professionskonstruktion bis<br />

heute das Verhältnis zwischen Pflege und Medizin prägt (s. auch Fußnote 41, Kap. 4). Mit anderen Worten: Auch eine kritische<br />

Reflexion <strong>des</strong> Professionsbegriffs bedeutet keineswegs eine Überwindung traditioneller Strukturen bzw. Denk- und<br />

Handlungsmuster. Es ist noch nicht gelungen, die Marginalisierung der Pflege und insbesondere <strong>des</strong> pflegegenuinen<br />

Wissenssystems zu überwinden. Hier sind tiefgreifendere Veränderungen vonnöten. Davina Allen (2004, 2007), die sich vor<br />

allem mit dem mismatch zwischen professionellen Idealen und der professionellen Arbeitsrealität befasst hat, beschreibt zwei<br />

Wege <strong>des</strong> beruflichen/professionellen Fortschritts. Der eine besteht in der Übernahme ärztlicherseits übertragener Aufgaben, der<br />

andere im Verfolgen eines autonomen professionellen Status. Hier ist die Pflege getrennt von der Medizin und mit ihr<br />

gleichgestellt. Ein Merkmal der Bemühungen der Profession bei ihrer Professionskonstruktion besteht darin, eine von der Medizin<br />

unterschiedene Disziplin zu errichten. Hierbei stellt die Konstruktion einer professionellen Identität, um die herum die höchst<br />

unterschiedlichen Mitglieder einer Profession zusammenwachsen können, in der Praxis eine enorme Herausforderung dar.<br />

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