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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 9<br />

Form der Gesundheitsversorgung (s. McCormack/Manley/Garbett 2004: 5). Er ist nicht auf die Pflege 3 beschränkt,<br />

sondern bezieht andere Gesundheitsprofessionen in den Entwicklungsprozess mit ein. Beide Ansätze berücksichtigen<br />

mehr oder weniger explizit den Umstand, dass sich die Entwicklung der Pflege als Profession im Gegensatz zu den<br />

klassischen Professionen Medizin und Recht, die ihren Reifungsprozess in der Solopraxis machen konnten, innerhalb<br />

der Grenzen und Überlebensmechanismen bürokratischer Expertenorganisationen vollzieht (s. auch Kramer/Maguire/<br />

Schmalenberg 2006: 487). Weiter wird berücksichtigt, dass sich seit der zweiten Hälfte <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts<br />

nicht nur die Pflege, sondern auch andere Gesundheitsberufe auf den Weg zu einer Profession gemacht haben<br />

(s. Manley/Crisp/Moss 2011: 2). Der damit einhergehende Wandel der Krankenhäuser bzw. Gesundheitsunternehmen<br />

von Organisationen, in denen nur eine Profession dominant war, zu multiprofessionellen Organisationen ist<br />

in der Forschungsliteratur bisher zu wenig gesehen worden ebenso wie die daraus entstehenden Konsequenzen bezüglich<br />

der Arbeitsorganisation und der Koordination der Gesamtarbeit. Beide Phänomene werden eher aus der Perspektive<br />

der interprofessionellen Zusammenarbeit diskutiert, ohne die strukturelle Verfasstheit und ‚Professionsschneidung<br />

der diversen Professionen in den Blick zu nehmen. Dass sie eine nicht zu unterschätzende und nicht zu<br />

vernachlässigende Rolle spielen, zeichnet sich immer deutlicher in den Studien <strong>zur</strong> interprofessionellen Zusammenarbeit<br />

(IPC 4 ) ab (s. Baxter/Brumfitt 2008, Salhani/Coulter 2009, Reeves et al. 2010). Der zuerst genannte professionsspezifische<br />

Ansatz 5 wird mehr in Nordamerika (USA/Kanada) verfolgt, der zweite interdisziplinär ausgerichtete<br />

eher in Großbritannien und Australien/Neuseeland. Das gemeinsame Merkmal beider Ansätze ist darin zu sehen,<br />

dass auf der Ebene der Arbeitsorganisation ein professioneller, d.h. ein ‚am Einzelfall‘ orientierter und ‚personenbezogener<br />

Arbeitsansatz’ und eine damit korrespondierende Arbeitsorganisation verfolgt werden. Zudem wird die inhaltliche<br />

Orientierung am Patienten 6 gezielt gefördert. Die damit einhergehende Organisationsform der Arbeit kann<br />

in Anlehnung an Freidsons dritter Logik der Arbeitsteilung mit dem Begriff ‚Professionalismus’ beschrieben werden<br />

(s. auch Kap. 4).<br />

In den USA kristallisierten sich erste Ansätze eines PPM 7 beginnend mit der Umsetzung der pflegerischen Organisationsform<br />

der Primären Pflege Ende der 1960er/Anfang der 1970erJahre heraus (ausführlich s. Mischo-Kelling<br />

2007c). Hierbei zeigte sich schnell, dass ein PPM mehr als ein pflegerisches Organisationssystem ist. Vielmehr bedarf<br />

es innerhalb bürokratischer Strukturen eines organisatorischen Gesamtrahmens, der Führungskräfte wie MitarbeiterInnen<br />

zum professionellen Handeln befähigt. Das von Frank Weidner entwickelte Modell professioneller Fall-<br />

3<br />

Allerdings scheint die Verbreitung in anderen Professionen sowie interdisziplinär noch gering zu sein (s. McCormack et al<br />

2006). Henderson/ McKillop (2008) beschreiben, wie sie den Ansatz der ‚Praxisentwicklung’ bei der Entwicklung eines Managed<br />

Clinical Networks <strong>zur</strong> Versorgung von an Krebs erkrankten Menschen in einem multidisziplinären Kontext eingesetzt haben.<br />

4<br />

InterProfessional Collaboration wird in dieser Arbeit mit interprofessioneller Zusammenarbeit übersetzt, wobei auch die<br />

Abkürzung IPC verwendet wird.<br />

5<br />

Die Zusammenarbeit zwischen Medizin und Pflege nimmt hier einen großen Raum ein, und in den letzten Jahren spielt das<br />

Thema interprofessionelle Zusammenarbeit eine immer größere Rolle.<br />

6<br />

Im 20 Jahrhundert hat das Konzept ‚Patientenzentrierung‘ als Reaktion auf die ökonomisch motivierten<br />

Restrukturierungsmaßnahmen im Gesundheitswesen in den USA in den 1990er Jahren insbesondere seit der Veröffentlichung der<br />

einflussreichen Studien ‚To err is human‘ und ‚Crossing the Quality Chasm‘ <strong>des</strong> Institute of Medicine (IOM) neuen Aufschwung<br />

erfahren. Weiter finden sich Vorstellungen zu diesem Konzept auf internationaler Ebene in vielen Regierungserklärungen, in<br />

offiziellen Papieren internationaler Organisationen wie etwa der WHO oder in Veröffentlichungen von Berufsorganisationen.<br />

Was die Pflege betrifft, lassen sich unter dem Stichwort ‚inhaltliche Orientierung am Patienten’ unterschiedliche theoretischphilosophische<br />

Ansätze ausmachen. In den USA ist diesbezüglich eine Hinwendung zu den verschiedenen Caring-Ansätzen zu<br />

beobachten. Im UK hingegen und in den von ihm beeinflussten Ländern wie Australien/Neuseeland wird von ‚person-centeredcare‘<br />

gesprochen. Die Entwicklung dieses Konzepts wurde durch die Pflege<strong>theorie</strong>diskussion in den frühen 1980er Jahren und<br />

von Forschungserkenntnisse gefördert (s. Bsp. Dewing 2004, McCormack 2003, McCormack/ McCane 2006, Griffiths 2008).<br />

7<br />

Als ein Vorläufer in diese Richtung und als erste pflegegeleitete Institution kann das 1963 eröffnete ‚Loeb Center for Nursing<br />

and Rehabilitation‘ für chronisch kranke Menschen <strong>des</strong> Montefiore Hospital in New York City betrachtet werden, <strong>des</strong>sen<br />

Pflegedirektorin Lydia E. Hall war (s. auch Manthey 2002: 77).<br />

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