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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 8<br />

Krankheit als zwei verschiedene Phänomene überhaupt wahrgenommen werden, und dafür, dass das Verhältnis<br />

der beiden Berufsgruppen auf eine neue Basis gestellt werden kann.<br />

8.6 SCHLUSSBETRACHTUNG<br />

Ausgangspunkt und Kernkonzept der in diesem Kapitel entwickelten pragmatistisch-interaktionistischen Theorie<br />

<strong>des</strong> Pflegehandelns ist das auf sich selbst oder auf Andere bezogene Pflegehandeln. Beide Formen <strong>des</strong> Handelns<br />

sind für das Überleben der Menschheit und der Einzelnen von zentraler Bedeutung. Die Fähigkeiten/Kompetenzen<br />

in beiden Formen <strong>des</strong> Pflegehandelns entstehen aus dem elterlichen Impuls und der Haltung<br />

<strong>des</strong> Mitfühlens. Sie werden in sozialen Beziehungen erworben und geformt. Sie werden im Prozess der Sozialisation<br />

immer weiter ausdifferenziert, indem der Mensch beide Formen <strong>des</strong> Pflegehandelns in Beziehung setzt zu<br />

den verschiedenen Aktivitäten <strong>des</strong> Lebens (AL) sowie zu den sozialen Rollen/Funktionen, die er in seinem Leben<br />

in unterschiedlichen sozialen Welten/Arenen übernimmt, und den zugewiesenen sozialen Identitäten. Zentral<br />

für den Erwerb dieser Fähigkeiten/Kompetenzen und für die Weiterentwicklung <strong>des</strong> Mitfühlens zum intelligenten<br />

Mitfühlen ist die Entwicklung der Fähigkeit <strong>zur</strong> Perspektivenübernahme, die ihrerseits an die menschliche<br />

Sprache gebunden ist. Beide Formen pflegerischen Handelns sind eng mit der Entwicklung <strong>des</strong> Selbst verbunden.<br />

In diesem Kapitel ist versucht worden, das pflegerische Handeln zunächst als menschliche Fähigkeit und losgelöst<br />

von Krankheit zu denken. Hierbei wurden die pflegetheoretischen Erkenntnisse mit Hilfe pragmatistischer<br />

Vorstellungen und der pragmatistisch-interaktionistischen Theorie <strong>des</strong> Handelns von Strauss weiter entwickelt.<br />

Wesentliche Konzepte einer allgemeinen Theorie <strong>des</strong> Pflegehandelns sind das auf sich selbst und das auf Andere<br />

bezogene Pflegehandeln, deren Entwicklung an die Fähigkeit <strong>zur</strong> Perspektivenübernahme und zum Mitfühlen<br />

gebunden ist. Die Perspektivenübernahme und das intelligente Mitfühlen wurden als zwei aufeinander bezogene<br />

Fähigkeiten identifiziert. Beide sind dafür entscheidend, dass sich entsprechende Kompetenzen in beiden Pflegeformen<br />

entfalten können. Pflegehandeln ist nicht nur verkörpertes Handeln, sondern Körper und Selbst sind zugleich<br />

wichtige Objekte <strong>des</strong> pflegerischen Handelns. Die Perspektivenübernahme und das intelligente Mitfühlen<br />

werden benötigt, um zu Vorstellungen vom eigenen Selbst und vom eigenen Körper zu kommen und um sich<br />

selbst und den eigenen Körper zum Gegenstand <strong>des</strong> eigenen Pflegehandelns machen zu können. In Kap. 3 wie in<br />

diesem Kapitel ist die Rolle <strong>des</strong> Körpers aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet worden. Hervorzuheben ist<br />

hierbei, dass der Körper und das entsprechende Körperbild je nachdem, ob es sich um gewohnheitsmäßiges oder<br />

um reflexives Handeln handelt, unterschiedliche Funktionen im Handlungsprozess wahrnehmen kann. Reicht in<br />

einem Fall das Körperbild als ‚working image‘ aus, um das Handeln forstsetzen zu können, muss der Körper<br />

bzw. müssen Aspekte oder Funktionen <strong>des</strong>selben beim reflexiven Handeln zunächst als ästhetisches Objekt konstruiert<br />

werden, um mittels Analyse herausfinden zu können, wie dieses Objekt im weitesten Sinn gehandhabt<br />

werden kann. In diesem Prozess können bestimmte Aspekte hervorgehoben, andere <strong>zur</strong>ückgedrängt werden. Um<br />

den Gedanken der Pflege als lebenslängliches Unterfangen fassen zu können, wurde das Konzept der Verlaufskurve<br />

auf beide Formen <strong>des</strong> Pflegehandelns und auf das Selbst übertragen. Dieses Konzept baut auf dem pragmatistischen<br />

Verständnis <strong>des</strong> menschlichen Handelns auf. Es erlaubt, die Pflege als lebenslang währen<strong>des</strong> ‚going<br />

concern‘ empirisch zu untersuchen und unterschiedliche Verläufe und Bedingungen zu identifizieren. Anhand<br />

<strong>des</strong> vierphasigen Handlungsmodells von Mead wird deutlich, dass der Verlauf der beiden Formen pflegerischen<br />

Handelns und der sich entwickelnden Kompetenzen und den dabei gemachten Erfahrungen entsprechend der<br />

Möglichkeit, Objekte zu bilden, zu erkunden, zu analysieren und zu rekonstruieren in einer gewissen Abhängigkeit<br />

<strong>zur</strong> Teilnahme an unterschiedlichen sozialen Welten/Arenen steht und damit zu den in diesen Welten/Arenen<br />

entwickelten sprachlichen Symbolen <strong>zur</strong> Bezeichnung pflegerischer Objekte einschließlich der benötigten<br />

Werkzeuge. Im vorigen Abschnitt wurde die Bedeutung der Gewohnheiten-Bildung für die menschliche<br />

Handlungsfähigkeit aufgezeigt. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass der Mensch eine Vielzahl von Haltungen/Perspektiven<br />

gegenüber den ihn umgebenden Objekten und sozialen Rollen/Funktionen der Menschen um<br />

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