09.12.2012 Aufrufe

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kapitel 8<br />

gen, die über eine 12-Monats-Prävalenzschätzung ermittelt wurden, werden Atemwegserkrankungen an erster<br />

Stelle genannt. Vorkommen und Häufigkeit der verschiedenen infektiösen Erkrankungen variieren nach Alter<br />

und Geschlecht. Bei den chronischen Erkrankungen wurden im Rahmen eines standardisierten ärztlichen Interviews<br />

bei 13,3 % aller einbezogenen Kinder und Jugendlichen eine obstruktive Bronchitis, bei 13,2 % eine Neurodermitis<br />

und bei 10,7 % Heuschnupfen ärztlicherseits diagnostiziert. Ein erhebliches Gesundheitsrisiko stellen<br />

Übergewicht und Adipositas dar. Dies ist ein weltweit zu beobachten<strong>des</strong> Phänomen von zunehmender Relevanz,<br />

da damit das Risiko der Entstehung von Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen steigt (s. RKI 2008: 46). Die<br />

häufigste To<strong>des</strong>ursache bei Kindern und Jugendliche sind Unfälle. Bei der Einschätzung der psychischen Gesundheit<br />

werden in dem Bericht psychische und Verhaltensauffälligkeiten, Aufmerksamkeitsdefizit-<br />

Hyperaktivitätssyndrom (ADHS), Gewalterfahrungen, Essstörungen sowie Risiken und Ressourcen für die gesundheitliche<br />

Entwicklung hervorgehoben (s. RKI 2008: 48ff).<br />

Die Notwendigkeit, die Pflegekompetenzen in den beiden Pflegeformen <strong>des</strong> zu pflegenden Menschen in den<br />

Mittelpunkt zu stellen, soll anhand einiger Fakten aufgezeigt werden. Laut Familienreport 2010 (BMFSfJ 2010:<br />

14) besteht<br />

„die Bevölkerung in Deutschland derzeit zu 19 Prozent aus Kindern und jungen Menschen unter 20 Jahren,<br />

zu 61 Prozent aus 20 bis unter 65jährigen und zu 20 Prozent aus 65Jährigen und Älteren“.<br />

Weiter wird festgestellt, dass die Altersgruppen der 40-59jährigen zu 80% Kinder und noch min<strong>des</strong>ten einen Elternteil136<br />

haben. Diese Altersgruppe ist sowohl mit der Aufgabe der Kindererziehung als auch mit Pflegeaufgaben<br />

befasst. Im Dezember 2007 wurden laut den Statistischen Ämtern <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> und der Länder (2010) 68 %<br />

der Pflegebedürftigen137 zu Hause gepflegt. Dies entspricht 1,54 Millionen Menschen. Hiervon wurden zwei<br />

Drittel durch die Angehörigen alleine gepflegt und beim letzten Drittel wurde die Pflege teilweise oder vollständig<br />

durch ambulante Pflegedienste übernommen. Von den pflegenden Angehörigen138 sind die Mehrzahl Frauen.<br />

Laut dem 7. Familienbericht <strong>des</strong> BMFSJF nimmt die Pflege von Familienangehörigen im Lebenslauf von<br />

Frauen zumin<strong>des</strong>t seit den 1960er Jahren bis heute einen nicht unbeträchtlichen Raum ein. Sie kann in allen Altersphasen<br />

auftreten: bei einigen gleich nach dem Ende der Ausbildung, bei anderen in der intensivsten Familienphase<br />

mit kleinen Kindern, bei wiederum anderen später im Lebenslauf und bei vielen als sich wiederholende<br />

Zusatzarbeit (vgl. Expertise Müller/Bird/Bohns 2004, zitiert im 7. Familienbericht: 98). Dieser Befund wird<br />

durch die Ergebnisse der europäischen Untersuchung MERI139 (s. Stiehr/Spindler 2006: 9) bestätigt. In den<br />

zwölf untersuchten europäischen Ländern ist die Erwerbsphase von Frauen häufig nicht nur am Anfang durch<br />

Erziehungsarbeit, sondern auch am Ende durch unbezahlte Familienarbeit beschnitten. Insbesondere Frauen über<br />

50 leisten den Großteil der unbezahlten, kaum gesellschaftlich anerkannten und oft äußerst belastenden Pflegearbeit<br />

für pflegebedürftige ältere Verwandte. Eine andere Gruppe pflegender Angehöriger sind die erst seit kurzem<br />

in den Blick geratenen Kinder und Jugendliche als caregiver (s. Metzing-Blau/Schnepp 2008a + b). In den<br />

letzten Jahren ist der Anteil der Männer, die sich an der häuslichen Pflege beteiligen, nach Schneekloth (2006)<br />

136 In der Gruppe der 40-49jährigen haben 82% noch min<strong>des</strong>tens 1 Elternteil, in der Gruppe der 50-59jährigen jede/r Zweite/r.<br />

137 Der im Zusammenhang mit der Pflegeversicherung verwendete Begriff ‚Pflegebedürftigkeit’ wird in den deutschen<br />

Studien vor allem im Zusammenhang mit den Leistungen der Pflegeversicherung diskutiert. Der alte und der neue Begriff<br />

beziehen sich auf Krankheiten und Beeinträchtigungen und abstrahieren von der Notwendigkeit, dass der Mensch die<br />

Kompetenz <strong>zur</strong> Pflege erwerben und erhalten muss.<br />

138 Dieser ‚geschlechtsneutrale’ Begriff der „pflegenden Angehörigen“ hat seit Einführung der Pflegeversicherung 1995<br />

Eingang in die Amtssprache gefunden. Er kennzeichnet die externe Sichtweise auf familiale Arbeit. Die damit verbundene<br />

zusätzliche Arbeit gehörte in Krankheitsfällen zu den selbstverständlichen Pflichten von Frauen den Kindern und dem Ehemann<br />

gegenüber, und sie ging bei Pflegebedarf der eigenen Eltern/Schwiegereltern ebenso selbstverständlich auf die heranwachsende<br />

„Gute Tochter“ über (Expertisen Mantl 2004).Wenig ist über den Wandel in der Personenbeteiligung, im Umfang<br />

der familial geleisteten Pflegetätigkeiten oder ihrer Lage und Bedeutung für das Familienleben oder den Lebenslauf der Pflegenden<br />

vor dieser Zeit bekannt (s. 7. Familienbericht 2006: 96).<br />

139 MERI = Mapping Existing Research and Identifying knowledge gaps concerning the situation of older women in Europe.<br />

371

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!