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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 8<br />

vollen Gebrauch machen kann, indem es die Gewohnheit zu lernen erwirbt (s. Dewey 1993: 69). Sie können das<br />

Kind aber auch an ihre eigenen Gewohnheiten anpassen und es von sich abhängig machen. Die Arbeit an den<br />

Pflegeverlaufskurven und am Selbst wird mit anderen Worten durch die Beziehungen bedingt, in denen Gewohnheiten-Bildung,<br />

Erfahrungen-Machen und Objekte-Bilden erfolgen. Mit diesem Sachverhalt hat sich Peplau<br />

befasst. Für sie ist die Kenntnis der Beziehungsmuster wichtig, die beim Eingehen auf die vom Menschen<br />

geäußerten Bedürfnisse vorherrschen, weil dieses Wissen für das Verständnis <strong>des</strong>sen wichtig ist, wie Menschen<br />

Andere um Hilfe bitten und wie sie Hilfe in Anspruch nehmen. Im Gegensatz zu Mead legt sie die Betonung<br />

auf die bei der Pflege gemachten interpersonellen Erfahrungen, da dieser Erfahrungstyp Einfluss auf das zuvor<br />

erwähnte Hilfeverhalten hat. Werden diese interpersonalen Verhaltensmuster aber vor dem Zeitverständnis<br />

Meads– trügerische Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft -, betrachtet, dann bilden sich in diesen Verhaltensmustern<br />

über die in den verschiedenen Beziehungen vorherrschende Form der Musterintegration ganz unterschiedliche<br />

Gewohnheiten <strong>des</strong> interpersonalen Handelns heraus. Da die Pflege in einem Netz von Beziehungen<br />

erfolgt, können diese Beziehungsmuster126 (s. Kap. 5.4.2) die weitere Arbeit an den Pflegeverlaufskurven und<br />

am Selbst auf vielfältige Art und Weise berühren und prägen. Dies nicht zuletzt <strong>des</strong>halb, weil diese interpersonalen<br />

Verhaltensmuster intrapsychische, interpersonale und systemische Dimensionen haben, die je nach Pflegesituation<br />

unterschiedliche Merkmale aufzeigen, von temporärer Dauer oder situationsbedingt sein, wieder aufflackern,<br />

stabil u.a.m. sein können. Dieser für die Pflege wichtige Erfahrungstyp bleibt, obwohl Mead und Dewey<br />

betonen, dass Gewohnheiten sich im Kontext von Beziehungen ausbilden, auf den ersten Blick im pragmatistischen<br />

Handlungsverständnis ebenso wie in der pragmatistisch-interaktionistischen Theorie <strong>des</strong> Handelns von<br />

Strauss eher implizit. Er wird aber sichtbar in der Fähigkeit <strong>zur</strong> Perspektivenübernahme und zum intelligenten<br />

Mitfühlen, deren Entwicklungsprozesse in diesem Kapitel aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet worden<br />

sind. Welche Fähigkeiten die Menschen in diesen beiden für die Pflege zentralen Fähigkeiten ausgebildet haben,<br />

zeigt sich in den von ihnen eingesetzten Strategien und Taktiken in den diversen Beziehungen und sozialen Welten/Arenen,<br />

wenn es um die Pflege <strong>des</strong> eigenen Körpers und Selbst geht. Werden Peplaus Vorstellungen mit den<br />

oben beschriebenen Prozessen der Distanzierung und Identifikation in Beziehung gesetzt, dann kann die Art der<br />

Integration der verschiedenen Perspektiven Hilfesuchender und Hilfegewährender nicht nur zu höchst unterschiedliche<br />

Qualitäten dieser Beziehungsmuster führen, sondern auch deren Dynamik erheblich beeinflussen.<br />

Zum Verständnis der zentralen Objekte pflegerischen Handelns bietet King eher allgemeine Definitionen an,<br />

während Peplau und Roy diese Objekte begrifflich genauer zu fassen versuchen. Werden die in diesem Kapitel<br />

zusammengetragenen Erkenntnisse zusammengefasst, dann bezieht sich pflegerisches Handeln – siehe Abb. 8.7 -<br />

in Bezug auf das Selbst und den Körper <strong>des</strong> jeweiligen Menschen vor allem auf Aspekte <strong>des</strong> Me.<br />

Unter Punkt 8.2 wurde die AL ‚Arbeiten und Spielen‘ in Hinblick auf die Vermittlung, Aneignung und Weiterentwicklung<br />

von Kompetenzen in den beiden Formen <strong>des</strong> Pflegehandelns zu einer Schlüsselkategorie erklärt<br />

ebenso wie in Bezug auf die Arbeit an den jeweiligen Verlaufskurven. Aus dem bisher Gesagten und daraus,<br />

dass Pflege als ein relationales Handeln in komplexen Beziehungen erfolgt, ergibt sich, dass der AL Kommunikation<br />

eine ebenso wichtige Funktion zukommt. Nach dem bisherigen Gang der Argumentation, eignet sich das<br />

Kind in einer Selbst-Anderen-Beziehung (s. auch Pkt. 8.1.) mit Hilfe seiner Eltern/Bezugspersonen pflegerische<br />

Kompetenzen an. Diese sind zuallererst darauf ausgerichtet, das heranwachsende Kind <strong>zur</strong> eigenen Pflege zu befähigen,<br />

so dass es nach und nach die damit verbundenen Handlungen selbst übernehmen kann und zu beherrschen<br />

lernt. Dabei wird sich das Kind bzw. der heranwachsende Mensch der für die Pflege zentralen Objekte<br />

über die Haltung der Anderen bewusst und erlernt über diese den Umgang mit ihnen. Bis das Kind/der heranwachsende<br />

Mensch die Gewohnheiten beherrscht, die der Pflege <strong>des</strong> eigenen Körpers und <strong>des</strong> Selbst dienen, be-<br />

126 So kann sich bspw. das Handeln von zu pflegendem Kind/Erwachsenem und der pflegenden Person<br />

(Eltern/Bezugspersonen) im Sinne einer Wechselseitigkeit ergänzen, es kann sich im Sinne einer Gegenreaktion abwechseln<br />

oder die Form einer ‚Passung’ im Sinne eines ‚Gegenstücks’ oder in Form einer ‚Fehlanpassung’ annehmen.<br />

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