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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 8<br />

zugspersonen für das Kind die Fortsetzung seiner in vielerlei Hinsicht noch unkoordinierten Handlungsweisen.<br />

In dieser Hinsicht gibt es eine große Übereinstimmung zwischen den Vorstellungen von Peplau/Sullivan und<br />

Mead. Ging es Mead bei der Rekonstruktion der Anfänge <strong>des</strong> Selbst darum, die Stellung und Funktion von Emotionen<br />

im Handlungsprozess herauszuarbeiten, konzentrierte sich Peplau in Anlehnung an Sullivan darauf, wie<br />

die in interpersonalen Situationen durch Spannungen freigesetzten Energien für die miteinander interagierenden<br />

Menschen in Erfahrung transformiert werden können. Die Erkenntnisse von Mead und Peplau lassen sich nicht<br />

nur im Begriff ‚Erfahrung’ zusammenführen, vielmehr können an ihm auch die bestehenden Unterschiede aufgezeigt<br />

werden. Für Mead wie für Peplau bilden die Erfahrungen <strong>des</strong> Menschen nicht nur die grundlegenden Daten,<br />

über die der jeweilige Mensch verfügt, sondern sie sind auch der Ausgangspunkt der Reflexion (welche Erfahrungen<br />

haben zu einer bestimmten Form selbstbezogenen Pflegehandelns geführt, in welcher Beziehung steht<br />

dieses zum Selbst?) Peplau folgt hier der Einsicht Sullivans, wonach die Erfahrungen <strong>des</strong> Menschen die Schnittstelle<br />

zwischen äußerer und innerer Umwelt sind. Das Kind lernt über seine Auseinandersetzung mit anderen<br />

Menschen und Dingen, seine Erfahrungen untereinander in Beziehung zu setzen, indem es vorangegangene<br />

mit gegenwärtigen verknüpft. Dies geschieht zunächst auf einer gefühlsmäßigen Basis (s. Kap 5.3.1).<br />

Peplau und Mead konzentrieren sich auf unterschiedliche Aspekte menschlicher Erfahrungen beim Handeln und<br />

in ihrer Beziehung zum eigenen Selbst. Beide Betrachtungsweisen sind für den Erwerb pflegerischer Kompetenzen,<br />

für die Gestaltung pflegerischer Situationen und für die Arbeit an den Pflegeverlaufskurven und am Selbst<br />

von außerordentlicher Bedeutung. Peplau fokussiert zwei für die Persönlichkeitsentwicklung bedeutsame Erfahrungsarten,<br />

die Erfahrung von Spannung und die Erfahrung von Energietransformation. Sie betont insbesondere<br />

das Thema Angst und Sicherheit, welches im RLT-Modell als die AL ‚Für seine Sicherheit sorgen‘ ausgewiesen<br />

wird. Hiernach muss der Mensch sich aktiv engagieren, um sich ‚sicher zu fühlen‘. Roy greift dieses<br />

Thema bei der Beschreibung <strong>des</strong> Selbstkonzept-Modus auf. Dieser Modus wird aufgrund der ihm zugeschriebenen<br />

Funktion, die psychische und spirituelle Integrität <strong>des</strong> Menschen anzustreben und aufrechtzuerhalten, von<br />

Roy als die Kraft verstanden, mittels derer die vier Adaptationsmodi zusammen- und am Laufen gehalten werden.<br />

Diese Energie äußert sich im menschlichen Streben nach Angemessenheit, bei dem gewisse Prozesse <strong>des</strong><br />

Cognators aktiviert werden, insbesondere Prozesse der Verarbeitung von Informationen und Emotionen.<br />

In der Eltern-Kind-Beziehung erlernt und eignet sich das Kind die oben erwähnten Sicherheits- bzw. Abwehrstrategien<br />

an, soweit sie für die Behauptung seines Selbst erforderlich sind. Diese Strategien ermöglichen<br />

den erfolgreichen Umgang mit angstauslösenden Situationen durch die Kanalisierung der dabei entstehenden<br />

Angstenergien. Beide Erfahrungsformen und das damit verbundene Theorem werden von Peplau über das Konzept<br />

der Wechselseitigkeit für die Pflege fruchtbar gemacht (s. Kap. 5. 4.1.1). Diesem letztgenannten Konzept<br />

kommt bei der Erfahrungsbildung eine zentrale Rolle zu. Hierbei richtet Peplau ihr Augenmerk auf die Funktion<br />

<strong>des</strong> Selbst-Systems als eines Dynamismus der Verhaltenstransformation. Dieser sich entwickelnde Dynamismus<br />

ermöglicht dem Menschen, die im Laufe <strong>des</strong> Lebens ausgebildeten Verhaltensmuster als Ergebnis einer Anpassung<br />

an sich ständig ändernde biologische und soziale Anforderungen und Möglichkeiten in immer neue<br />

Muster zu überführen (Peplau, Kap 5.3.2). Mit Blick auf die AL und die in diesem Zusammenhang auszubildenden<br />

Kompetenzen in beiden Formen <strong>des</strong> Pflegehandelns ist von Bedeutung, wie diese Spannungen vom Kind<br />

erlebt und erfahren werden und zu welchen Ergebnissen dies führt, ob sie integriert, <strong>des</strong>integriert oder aufgelöst<br />

werden. Peplau sieht hier einen Zusammenhang zu den Mustern <strong>des</strong> In-Beziehung-Tretens zwischen der pflegenden<br />

Person und dem zu pflegendem Menschen, d.h. wie ersterer auf den geäußerten Bedarf an Hilfe bzw.<br />

Pflege eingeht. Wie erwähnt, geht sie davon aus, dass der zu pflegende Mensch hier jene Muster reproduziert,<br />

die er bei der Aneignung der für sein Überleben wichtigen ‚Lebenstechniken’ in interpersonalen Beziehungen<br />

gemacht hat. Peplau und Mead betonen übereinstimmend die Bedeutung der Sprache, doch ist es insbesondere<br />

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