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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 8<br />

schiedlicher Bewusstseinsformen diskutiert. Im Gegensatz zum Kind verfügen die Eltern bereits über ein mehr<br />

oder weniger umfangreiches Handlungsrepertoire. Zudem verfügen sie über die Fähigkeit <strong>zur</strong> Perspektivenübernahme<br />

und zum intelligenten Mitfühlen in bestimmten Qualitäten (z.B. gering bis hoch ausgebildet). Was nun<br />

die Pflege eines Anderen betrifft, in diesem Fall ihres Kin<strong>des</strong>, verfügen sie je nach den Umständen nur über ihre<br />

eigenen Erfahrungen mit der Pflege durch die eigenen Eltern und/oder fremde Menschen (Verwandte, Professionelle)<br />

oder über eigene Erfahrungen mit der Pflege Anderer, sei es eines Familienangehörigen oder fremder Kinder/Menschen.<br />

Ihre Erfahrungen zum intelligenten Mitfühlen in dieser Pflegeform können demnach höchst unterschiedlich<br />

ausgeprägt sein. Sie haben im Gegensatz zum Kind prinzipiell die Mittel, über ihre Erfahrungen zu<br />

reflektieren, während das Kind diese erst erwerben und ihre Nutzung erlernen muss. Mit der Initiierung der Pflegeverlaufskurven<br />

und <strong>des</strong> Selbst in Bezug auf das Kind, setzt der Erwerb pflegerischer Kompetenzen in beiden<br />

Pflegeformen beim Kind parallel zu deren Weiterentwicklung bei den pflegenden Personen ein. So gesehen ist<br />

diese Beziehung keine Beziehung unter Gleichen, wobei den Erwachsenen die Aufgabe zukommt, dem Kind die<br />

erforderlichen Kompetenzen zu vermitteln. Kompliziert wird das Ganze dadurch, dass die Beziehung nicht auf<br />

eine Zweierbeziehung beschränkt ist. Vielmehr können sich eine unterschiedlich große Anzahl von Beziehungen<br />

miteinander verschränken und gegenseitig beeinflussen.<br />

Nach den Vorstellungen der hier diskutierten Pflegetheoretikerinnen kann unterstellt werden, dass die Gestalt,<br />

die die Verlaufskurven der in die Pflege involvierten Personen annehmen, im Zusammenhang mit den Erfahrungen<br />

gesehen werden muss, die diese bei der Pflege machen. Für die Handhabung und Steuerung der Pflegeverlaufskurven<br />

und <strong>des</strong> Selbst muss daher das gesamte Handlungsmodell berücksichtigt werden. Dieses liefert einen<br />

wichtigen Schlüssel zum Verständnis <strong>des</strong>sen, wie Menschen mittels Erfahrungen Kompetenzen in beiden Pflegeformen<br />

erlangen und diese dabei kontinuierlich an sich ändernde Situationen anpassen, neu ausrichten und rekonstruieren.<br />

8.3.2.1 ERFAHRUNGEN MACHEN<br />

Mit der Initiierung der Pflegeverlaufskurven beim Neugeborenen, die die vorbereitende Phase einleitet, werden<br />

neben der Herausbildung <strong>des</strong> emotionalen Bewusstsein <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> wichtige Lernprozesse in Gang gesetzt (s.<br />

Kap. 3.2.1.1). Diesen Prozessen nähert sich Peplau aus der Perspektive der schon erwähnten vier psychologischen<br />

Aufgaben - wie etwa der Aufgabe, ein Bedürfnis aufzuschieben -, und der drei von ihr unterschiedenen<br />

Lernformen an. Diese sind: Lernen durch Versuch und Irrtum, Lernen durch Imitation und Lernen durch die<br />

Analyse von Erfahrungen. Die beiden erstgenannten Formen begreift sie als Mischformen von Lernen und adaptivem<br />

Handeln, die letztere als Lernen. Diese Form entspricht Meads Idee <strong>des</strong> reflexiven Handels. Diese Idee ist<br />

bei Mead mit seiner Theorie <strong>des</strong> experimentellen Lernens bzw. hypothetischen Lernens verbunden, die er zu einer<br />

allgemeinen Theorie der Erziehung ausarbeitet (s. Oelkers o.Jahr a.: 12). Roy hingegen betrachtet die Lernprozesse<br />

aus der Perspektive der Adaptation an sich ändernde Handlungserfordernisse. Der Mensch bewerkstelligt<br />

die Adaptation an die aus seiner internen und äußeren Umwelt auf ihn einwirkenden Stimuli durch die beiden<br />

aufeinander einwirkenden Copingprozesse <strong>des</strong> Regulators und Cognators. Mittels dieser Prozesse lernt der<br />

Mensch, sich an die sich ändernde Umwelt anzupassen. Diese Lernprozesse und adaptiven Prozesse werden –<br />

auch wenn sie bei Peplau in interpersonalen Beziehungen verortet werden -, primär vom Standpunkt <strong>des</strong> zu pflegenden<br />

Menschen diskutiert. Zum Verständnis <strong>des</strong> pflegerischen Handelns und entsprechender Erfahrungen etc.<br />

ist es jedoch zwingend geboten, auch den Standpunkt der pflegenden Personen einzubeziehen, da beide sich gegenseitig<br />

bedingen. Das Kind bildet/sozialisiert die es pflegenden Menschen ebenso wie es von diesen gebildet<br />

bzw. sozialisiert wird. Die Pflege ist von Anfang an eine Ko-Produktion aller beteiligten Personen oder, in den<br />

Worten von King und Mead, kooperatives Handeln.<br />

Frühe Erfahrungen mit der Pflege sind in erster Linie emotionale Erfahrungen, die eng mit dem unmittelbaren<br />

Erleben anderer Menschen verbunden sind. Hierbei sichert das pflegerische Handeln der Eltern/pflegenden Be-<br />

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