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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 1<br />

dar (s. Spitzer/Perrenoud 2006a, b). Der Mehrheit der in der Pflege Tätigen bleibt eine wissenschaftliche<br />

Erstausbildung versperrt. Sie erhalten ihre berufliche Primärsozialisation weiterhin in veralteten Strukturen 53 .<br />

Dies erschwert die Vermittlung von grundlegenden Fertigkeiten für eine wissensgestützte Praxis und damit auch<br />

den Transfer wissenschaftlicher theoretischer Erkenntnisse in die Praxis (s. Moers/Schaeffer 2006:1051). Das am<br />

01.01.2004 in Kraft getretene novellierte KrPflG eröffnete mit seiner Erprobungsklausel neue Wege der Ausbildung.<br />

Hiervon wurde in dem Modellvorhaben ‚Pflegeausbildung in Bewegung’ Gebrauch gemacht. Die Ergebnisse<br />

der acht Modellprojekte wurden im Dezember 2008 der Öffentlichkeit vorgestellt. Der wissenschaftliche<br />

Beirat empfiehlt der Bun<strong>des</strong>regierung die Reform der Pflegeausbildung zügig in Angriff zu nehmen. Er plädiert<br />

aufgrund der positiven Ergebnisse <strong>des</strong> gesamten Modellvorhabens für eine Integration der Kinder-, Krankenund<br />

Altenpflege. Auffällig ist, dass der Beirat keine Empfehlungen bzgl. der Ansiedlung der zu reformierenden<br />

Pflegeausbildung in der deutschen Bildungslandschaft gibt (s. WIAD/dip. 2008).<br />

Ungeachtet <strong>des</strong>sen erfordert die Verankerung der Pflege als wissenschaftlicher Disziplin im Hochschulbereich<br />

die wissenschaftliche Fundierung. Hierbei ist die Pflege sehr unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt, da sie<br />

nicht nur für WissenschaftlerInnen, die eine berufliche Sozialisation in der Pflege erfahren haben und über praktische<br />

Erfahrungen im Berufsfeld verfügen, zu einem interessanten Forschungsfeld geworden ist, sondern auch<br />

für WissenschaftlerInnen verschiedenster anderer Wissenschaftsdisziplinen (s. Schroeter/Rosenthal 2005). Welche<br />

Folgen diese Fremdeinflüsse für die Entwicklung der Pflegewissenschaft und für die berufliche Pflege haben,<br />

ist gegenwärtig schwer einzuschätzen54 . Die Ansiedlung der Erstausbildung der Pflege in Deutschland an<br />

Krankenhäusern bewirkt, dass das Verständnis der beruflichen Pflege weiterhin durch eine Institution geprägt<br />

wird, die sich gegenüber pflegewissenschaftlichen und anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen eher abweisend<br />

verhält, insbesondere wenn diese jenseits <strong>des</strong> medizinischen Mainstreams und zunehmend auch jenseits <strong>des</strong><br />

ökonomisch-betriebswirtschaftlichen Mainstreams liegen. Zu Beginn <strong>des</strong> 21. Jahrhunderts stehen das Krankenhaus<br />

und damit auch die berufliche Pflege im Fokus von grundlegenden Veränderungsprozessen und Rationalisierungsmaßnahmen<br />

mit dem vordringlichen Ziel, die Kosten im Gesundheitswesen zu begrenzen. Wie die Erfahrungen<br />

der letzten Jahre belegen, läuft der Pflegedienst als größte Personalgruppe innerhalb der Beschäftigten<br />

im Krankenhaus Gefahr, gar nicht mehr oder lediglich als Kostenfaktor wahrgenommen zu werden55 . Die Bedeutung,<br />

die der beruflichen Pflege bei der Versorgung gesunder wie kranker oder hilfsbedürftiger Menschen<br />

zukommt, ist unserer Gesellschaft nach wie vor nicht bewusst56 oder wird verdrängt, so dass es den Pflegekräften<br />

umso schwerer fällt, anderen Menschen diese Bedeutung zu erklären und dafür einzustehen. (s. Forsyth/McKenzie<br />

2006, McKenzie 2007 et al.). An dieser Situation haben die bisher vorliegenden Erkenntnisse der<br />

Pflegewissenschaft allenfalls punktuell oder graduell etwas ändern können57 . Die Untersuchung der Auswirkun-<br />

Akademisierung heranzuführen. Auch wenn beide Lösungen mit Problemen behaftet sind (Krüger 1997a, 2001b, 2003,<br />

Spitzer/Perrenoud 2006a, b), hätten sie das Ende <strong>des</strong> Sonderwegs der deutschen Pflegeausbildung bewirkt (s. Görres et al.<br />

2005).<br />

53 Wie die Auszubildenden die neue Ausbildung erleben, haben Sabine Balzer und Benjamin Kühme (2009) in ihrer<br />

empirischen Studie untersucht.<br />

54 Elke Müller (2001a) hat sich in ihrer Dissertation mit diesem Thema am Beispiel von Leitbildern auseinandergesetzt.<br />

Cornelia Kling-Kirchner (1994: 2) zieht eine Parallele <strong>zur</strong> Sozialarbeit und weist darauf hin, wie problematisch sich die<br />

fachfremde Beeinflussung für die Herausbildung einer beruflichen Identität erwiesen hat.<br />

55 Im Krankenhaus-Report 2001 stellen Gerste et al. fest, dass in den Krankenhäusern im Pflegebereich seit 1997<br />

abnehmende Kapazitäten zu beobachten sind. Dies geht auch aus den entsprechenden Statistiken <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amts für Statistik<br />

hervor. Die Arbeitsbedingungen im Krankenhaus haben sich in den letztem Jahren derartig verschärft, dass der Druck die<br />

Pflegekräfte zum politischen Handeln zwingt, wie die gemeinsame, im November 2007 gestartete Aktion von DBfK und<br />

Verdi (s. www.pflege-uns-reichts.de) und die neue Aktion <strong>des</strong> DBfK ‚Gelbe Karte an die Kanzlerin‘ vom November 2010<br />

zeigen. Einen Überblick über die Entwicklung <strong>des</strong> Personalabbaus im Pflegebereich der letzten Jahre gibt die Arbeit von<br />

Michael Simon (2008).<br />

56 Hier scheint die Thematisierung der demographischen Entwicklung und einer möglichen Pflegebedürftigkeit im Alter<br />

allmählich etwas zu ändern.<br />

57 Peter Stratmeyer (2007/2008) stellt in einer zweiteiligen Artikelserie fest, dass trotz beobachtbarem Veränderungswillen,<br />

trotz Reformbereitschaft und Reorganisationen all diese Bemühungen offenbar nicht zu dem erwarteten Erfolg geführt haben.<br />

Er verweist u.a. auf die Einführung von Pflegeprozess, Pflegestandards, Pflege<strong>theorie</strong>n, Pflegesystemen,<br />

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